Madonna – in höherer Mission unterwegs

Madonna
Kabbalah-Symbol

Madonna muss es wissen; sie hat immer wieder Trends gesetzt. Pardon, sie heisst jetzt Esther. Denn sie gibt sich der Kabbalah hin. Neues Leben, neuer Name. Eine Pop-Version der uralten jüdischen Geheimlehre ist derzeit der grellste Schrei unter Promis im US-Showbiz.

Madonna, die sich immer wieder verwandelte, ist zur Jüngerin des Kabbalah-Lehrers Phillip Berg mutiert. Nun gehört sie zur erwählten Schar, die durch die „älteste, einflussreichste Weisheit“ Einblick hat in die wahren Zusammenhänge des Universums. Und über besonderes ‚Kabbalah-Wasser’ verfügt. Wasser, das mit positiver Energie geladen sein und Heilkraft enthalten soll…

Welche Gruppe, die etwas auf sich hält, hätte nicht gern einen Weltstar on board? Nun, das von Berg aufgebaute ‚Kabbalah-Centre’ ist weit über dieses Ziel hinausgeschossen. Vor Madonna alias Esther sollen schon Elizabeth Taylor, Gwyneth Paltrow, Courtney Love und Barbra Streisand die Schulungen besucht haben.

Offenbar fragt sich aber auch Madonnas Ehemann Guy Ritchie, ob es die Organisation auf Madonnas Money abgesehen hat. Sie sei für die Kabbalisten interessant, weil sie reich sei, sagte er einer Zeitung. Dabei schwimmt er selbst auch mit.

Die Kabbalah entstand als esoterische Reaktion auf verkopfte, traditionsgebundene jüdische Theologie. Im 13. Jahrhundert erlebte diese religiöse Spekulation, die das Weltgeschehen geheimnisvoll in Zahlen- und Buchstabenkombinationen gespiegelt sieht, eine erste Blüte. Aus jener Zeit stammt das Hauptwerk, das Buch „Sohar“.

Phillip Berg verheisst auf der Homepage seiner Organisation, dass im hebräischen Text des Alten Testaments „zahllose Geheimnisse und Perlen der Weisheit verborgen sind, die unsere Bestimmung dramatisch formen und den Gang der Geschichte verändern können“.

Aus der alten Geheimlehre macht die Organisation mit Sitz in Los Angeles ein tolles Geschäft, sehr zum Ärger der gelehrten Zunft. Der kanadische Rabbiner Emanuel Schochet, ein ausgewiesener Kenner der jüdischen Mystik, wirft Berg vor, den „Sohar“ zu völlig überhöhten Preisen verkauft und Leute mit der Androhung von Flüchen zu Geldspenden ans ‚Kabbalah-Centre’ veranlasst zu haben.

Madonna hat was von der hochgepriesenen Sache. Sie betonte, Kabbalah habe sie bei der Arbeit an ihrem Album ‚Ray of Light’ kreativ geleitet. Auch der Tag für den Kaiserschnitt, mit dem ihre Tochter entbunden wurde, war mit Kabbalah-Weisheit bestimmt worden.

Mehrere rabbinische Räte haben vor Bergs Lehre gewarnt oder sie gar als Perversion der echten Kabbalah verdammt. Der New Yorker Rabbi Yitchak Sladowsky kritisiert, dass Minderjährige gegen den Willen ihrer Eltern durch Berg vereinnahmt wurden.

Die Sektenexpertin Rachel Bernstein berichtete von einer Zahnärztin, deren Kind vermisst wurde. Sie gab ihre Praxis auf, weil Rabbi Berg ihr versprach, sie werde es finden, wenn sie ein Jahr dem Kabbalah Centre diene. Am Ende des Jahres sagte er, er könne ihr nicht helfen.

Aber das scheint Madonna nicht zu kümmern. Sie hat schon immer einen Riecher gehabt für Grenzüberschreitungen. Und sich um Bedenken oder Empörung keinen Deut geschert. Interessant ist bloss, dass sie ihr früheres Leben jetzt als ego-getrieben abtut.

Erfolge als Kabbalah-Missionarin will ‚Esther’ nicht auf ihr Konto abgebucht haben, sondern als Manifestation Gottes verstanden wissen. Sie wolle nicht mehr die Mode beeinflussen, sagt sie. „Nun will ich, dass Sie denken wie ich. Kleiden Sie sich wie Britney Spears – und denken Sie wie ich, dann kommts gut heraus…“

Datum: 02.07.2004
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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