Nur Gymnastik oder Erleuchtung?

Yoga zwischen Wellness und Weltanschauung

Millionen praktizieren Yoga. So hat sich in den letzten Jahren rund um Yoga ein wachsender Markt entwickelt. Während die einen mit Yoga Gymnastik und Entspannung verbinden, ist Yoga für andere ein Weg zur Erleuchtung.
Jürgen Kuberski
Yoga

Von Wellness bis Weltanschauung – die Bandbreite ist enorm. In einem neuen Band der Reihe kurz+bündig gibt Jürgen Kuberski jetzt einen gut verständlichen Überblick über Yoga, seine Herkunft und Wirkung. Kenntnisreich erklärt er Hintergründe zu Fragen wie: Warum ist Yoga gut für die Gesundheit? Wie sehr ist Yoga mit dem Hinduismus verbunden? Wie kam Yoga in den Westen? Was hat Yoga mit diversen Gurus und Yogis zu tun? Kann man als Christ Yoga praktizieren? Ein kompakter Überblick mit Hilfen zur Beurteilung.
 
Jürgen Kuberski studierte Theologie in der Schweiz und in Belgien, lebte einige Jahre in Japan und unterrichtet seitdem an theologischen Seminaren zu Fragen der kulturellen Begegnung. Seit vielen Jahren publiziert er zu Weltreligionen und zu Weltanschauungsfragen.
 
In einem Interview begründet Jürgen Kuberski, warum er ein Buch über Yoga geschrieben hat:

Jürgen Kuberski, weshalb braucht es dieses neue Buch?

Jürgen Kuberski: Es gibt viele Bücher über Yoga, doch die meisten sind anwendungsorientiert: Man erfährt wenig über die Hintergründe des Yoga, dafür viel über die einzelnen Übungen und Stellungen (Asanas), meist mit Bildern. Die meisten Bücher, die mehr über die Weltanschauung des Yoga berichten, sind von Yoga-Anhängern geschrieben und haben nicht die nötige kritische Distanz. Es fehlte ein kurzes und sachliches Buch über Yoga, das die ganze Bandbreite beschreibt, eben: «Yoga – von Wellness bis Weltanschauung».
 
Ist Yoga denn eher «Wellness» oder «Weltanschauung»?
Das kommt ganz darauf an, wie man Yoga konkret betreibt. Der eine macht Yoga als Gymnastik im Fitnessstudio, der andere versucht, durch Chakra-Meditation sein Ich mit dem All zu verschmelzen. Dazwischen gibt es viele Abstufungen. Doch letztlich beruhen auch die körperlichen Übungen des Yoga auf einer hinduistisch geprägten Weltanschauung, auch wenn das demjenigen, der sie praktiziert, oft nicht bewusst ist. Von daher ist Yoga eher «Weltanschauung», auch wenn es oft als «Wellness» praktiziert wird.
 
Wie populär ist Yoga eigentlich?
Yoga ist voll im Trend. Überall werden Yoga-Kurse angeboten, in Volkshochschulen aber auch in Schulen und Kirchen. Es gibt Yoga-Kurse für Schwangere oder für Manager. Eine Fülle von Yoga-Literatur und -Asseccoires erobert den Markt, der Yoga- und Wellness-Tourismus boomt, Tendenz stark steigend. Allein in den USA hat Yoga als Wirtschaftszweig einen Jahresumsatz von fünf Milliarden Dollar. Die Popularität des Yoga wird auch hierzulande noch zunehmen.
 
Was meinen Sie: Ist Yoga eine Entspannungsmethode?
Ursprünglich nicht. Denn das Wort «Yoga» ist mit unserem Wort «Joch» verwandt und bedeutet «Anspannung»: Durch gezielte Anspannung, durch spezielle Atemtechniken und Körperübungen haben indische Yogis versucht, die Meditation zu unterstützen, aber von seinem Ursprung her wurde Yoga nie als Entspannungsmethode verstanden. In der westlichen Welt hat man oft nur die Körperübungen übernommen und als Gymnastik- und Dehnungsübungen verstanden. Die meisten Übungen sind zwar nachweislich gesundheitsfördernd, doch dieser Effekt ist auch durch andere Formen der Gymnastik zu erreichen.
 
Wie sehr ist Yoga mit dem Hinduismus verbunden?
Yoga ist nur von seinem Ursprung im Hinduismus her zu verstehen: Yoga ist eine Technik, mit deren Hilfe man versucht, die Erlösung (oder besser Auflösung) zu erreichen, also einer der klassischen Erlösungswege im Hinduismus. Viele Inhalte des Yoga sind eindeutig hinduistisch geprägt, wie man an den Konzepten von Meditation, Chakra, Mantra, Energie oder Kundalini deutlich sehen kann. Von daher ist Yoga nicht vom Hinduismus zu trennen. Wenn man in der westlichen Welt Yoga oft als weltanschauungsfreie Gymnastik praktiziert, ist das entweder Etikettenschwindel oder es handelt sich nicht mehr um Yoga.
 
Da stellt sich die Frage: Kann man als Christ Yoga praktizieren?
Das kommt darauf an, welche Form des «Yoga» man praktiziert. Die einzelnen Körperübungen sind gesundheitsfördernd und als solche auch in anderen Gymnastikformen zu finden. Doch die Frage ist, inwiefern man sich auf die hinduistische Weltanschauung einlässt, die hinter den Übungen und Konzepten steckt. Der christliche Glaube unterscheidet sich in vielen Punkten von den Inhalten des Yoga, wie er oft gelehrt wird. So ist es für Christen ausgeschlossen, bei der Mantra-Meditation indische Götternamen zu rezitieren. Doch weil es so viele Arten von «Yoga» gibt – eben auch Yoga als reine Gymnastik – kann man keine pauschale Aussage treffen. Deshalb habe ich in meinem Buch die Hintergründe des Yoga aufgezeigt und einige Kriterien genannt, anhand derer man diese Frage für sich beantworten kann.
 
Bibliografische Angaben:
Jürgen Kuberski:
Yoga – Von Wellness bis Weltanschauung.
Reihe: kurz und bündig.
Hänssler-Verlag, 2011.
ISBN 978-3-7751-5282-2
 
Die Bücher von J. Kuberski sind über den Buchhandel oder online über genialebuecher zu beziehen.
 
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Datum: 11.11.2011
Autor: Bruno Graber
Quelle: Bonner Querschnitte

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