Das "Zappelphilipp-Syndrom" gehört neben Allergien zu den häufigsten Störungen im Kindesalter. In Deutschland sind mindestens vier Prozent aller 6-16jährigen davon betroffen, also rund 400.000 Kinder und Jugendliche; Jungen deutlich häufiger als Mädchen. Bei rund einem Drittel bleibt die Störung auch im Erwachsenenalter bestehen. Die Folgen eines hyperaktiven Kindes für Familie, Schulklasse oder Sportverein sind nicht zu unterschätzen. Die Kinder sind zerstreut, handeln unüberlegt, wissen nicht, was sie zuerst tun und wie sie Informationen einordnen sollen. Sie sind innerlich unruhig, angespannt und schnell gelangweilt. Wenn sie dann auch noch andere Kinder stören, oder aggressiv reagieren, wird es sehr schwierig. Spielkameraden und Freunde nehmen dann meist Abstand, so dass ADS-Kinder schnell zu Aussenseitern werden. Lehrer und Eltern fühlen sich überfordert und betrachten ihre Erziehung als gescheitert. Schon Kleinigkeiten können zu Stress und Streit führen. Doch viel schwerer wiegen die Folgen für die betroffenen Kinder selbst. Denn meist merken sie selber, dass mit ihnen etwas nicht in Ordnung ist. In der Schule kommen sie häufig nicht zurecht, müssen die Klasse wiederholen oder werden sogar auf eine Sonderschule verwiesen – zu Unrecht, wie man heute weiss, denn hyperaktive Kinder sind in der Regel normal oder sogar überdurchschnittlich intelligent. Die drastisch gestiegene Zahl hyperaktiver Kinder in den letzten Jahren legt allerdings die Vermutung nahe, dass die "Diagnose: ADS" ganz einfach im Trend liegt. Zudem sollten die positiven Begleiterscheinungen von ADS nicht unterschätzt werden. Die betroffenen Kinder sind meist sehr kreativ und phantasievoll. Vera Rosival und Brigitte Speck plädieren in ihren beiden Büchern (siehe Büchertipp) dafür, hyper- bzw. hypoaktive Kinder nicht mit Medikamenten wie Ritalin "stillzulegen" oder aufzuputschen. Eine Verhaltensänderung sollte vielmehr durch die Ernährung und Vitalstoffe erreicht werden. Laut "Dropa-Zytig" legt eine Studie der Universität Bern den Schluss nahe, dass zwischen Ernährung und auffälligem Verhalten ein direkter Zusammenhang besteht. Warum aber kommt es zu solchen Störungen? Neue gesellschaftliche Bedingungen haben unser Konsumverhalten und unsere Ernährungsgewohnheiten grundlegend gewandelt. Viele Lebensmittel sind industriell verarbeitet und enthalten Konservierungsmittel und andere Zusatzstoffe. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts finden sich in der medizinischen Fachliteratur vermehrt Berichte und Fallstudien über Kinder, die nach dem Essen bestimmter Speisen reizbar und ruhelos oder aber apathisch und abwesend wirken. Oft leiden diese Kinder auch unter Schlafstörungen. Über Nervenverbindungen und Hormone, sogenannte Botenstoffe, ist das Gehirn mit dem Magen-Darm-Trakt verbunden. Der komplizierte Vorgang der Verdauung ist also auch "Hirnsache". Das bedeutet, dass ein Nahrungsmittel über seine Abbauprodukte die Biochemie des Gehirns direkt beeinflussen kann. Besonders fatal wird es, wenn man durch Fehlernährung zu viele Schad- und Zusatzstoffe aufnimmt und gleichzeitig an einem Mangel an bestimmten Vitaminen und Mineralien leidet. Viele hyperaktive Kinder haben vor allem zu wenig Vitamine B1 und B6 sowie einen Mangel an den Mineralien Zink, Chrom, Kalzium und anderen. Für eine gezielte Therapie mit Nährstoffen empfehlen Drogerien eine Haarmineralanalyse oder einen Speicheltest. Allerdings dürfen Nährstoffpräparate ohne fachkundige Kontrolle nicht über eine längeren Zeitraum eingesetzt werden. Ein amerikanischer Wissenschaftler hat einmal geschrieben: Hyperaktive Kinder werden nicht falsch erzogen, sie werden falsch ernährt. Abhilfe schafft vor allem eine natürliche, möglichst phosphatfreie Ernährung. Hierzu einige Tipps: - Umweltschadstoffe und chemische Lebensmittelzusätze so gut wie möglich vermeiden. Oft geht die Hyperaktivität bereits nach drei Tagen kontrollierter Nahrungsaufnahme merklich zurück. Das Kind sollte lernen, sich fürs Essen Zeit zu nehmen und es in seiner Hyperaktivität nicht mehr als "Zeitverschwendung" anzuschauen. Den Eltern wird empfohlen einen speziellen Erziehungsstil durchzuziehen: liebevoll, aber konsequent. Ein Erziehungsstil ohne Grenzen ist besonders für hyperaktive Kinder nicht geeignet. Die Kinder orientieren sich leichter, wenn sie klar umrissene Regeln erhalten. Viel körperliche Betätigung hilft den Kindern Aggressionen abzubauen. Schlafen bei offenem Fenster in der schönen, warmen Jahreszeit und tagsüber viel Luft und Sonne tanken ist ebenfalls förderlich. Langes Sonnenbaden sollte man allerdings vermeiden, das belastet den Körper. Der Fernsehkonsum der Kinder sollte so gering wie möglich gehalten werden. Das fällt natürlich leichter, wenn die Eltern mit gutem Beispiel vorangehen. Am besten können die Kinder ihr Leiden überwinden, wenn sie die Zuwendung von Eltern und Lehrern spüren. Sie selbst können nur wenig dagegen tun. Weiterführende Literatur Quelle: DorpaZytig, ARD.de, Das erste.de / Fernsehen/morgenmagazinSoziale Folgen
Veränderte Ernährungsgewohnheiten
Ernährung
- Rohkost mit viel Vitamin C, Zink und Selen, weil damit Schwermetalle ausgeschwemmt werden. Auch Calcium ist wichtig.
- Obst sollte stets roh und auf nüchternen Magen gegessen und niemals mit anderen Nahrungsmitteln kombiniert werden.
- Zucker möglichst vermeiden, auch versteckten Zucker, der in vielen Lebensmitteln enthalten ist; stattdessen Trockenfrüchte, künstlichen Süssstoff in flüssiger Form oder Vanille-Eis.
- Farbstoffe, Geliermittel, Emulgatoren, Glutamat, Backpulver, Phosphate, Nitritpökelsalz und Säuerungsmittel vermeiden.
- Vollkornbrot tut meist nicht gut. Weissmehl-Produkte machen keine Probleme. Backwaren aus Kartoffelmehl, Hirse, Buchweizen sowie Keime und Sprossen aus allen Getreidearten. Also: Müsli aus gekeimten Getreidesorten, aber bitte kein Obst dazumischen.
- Milch und Milchprodukte in bescheidenen Mengen konsumieren.
- Bei Reis gilt: geschälter Reis und kein Naturreis.
- Bei den Fetten haben sich Olivenöl und Distelöl bewährt.
- Hülsenfrüchte sollten angekeimt sein.
- Keine Eier, Probleme macht häufig das Eigelb.
- Fleisch und Fisch werden vertragen, sollten aber sparsam konsumiert werden.
- Bei Getränken raten Ärzte zu Leitungswasser, stillem Mineralwasser, ungesüssten Kräutertees, ungezuckerten Obstsäften. Hingegen verstärken in vielen Fällen Modegetränke mit viel Zucker, Phosphaten und anderen Zusätzen die Hyperaktivität.Allgemeine gesundheitsfördernde Massnahmen
Vera Rosival: "Hyperaktivität natürlich behandeln", Gräfe- & Unzer-Verlag, München
Zappelphilipp – hyperaktive Kinder richtig ernähren, Brigitte Speck, Edition Fona, ISBN-Nr. 3-03780-159X
Zusammengestellt: Livenet, Antoinette Lüchinger
Datum: 05.11.2003