Neues Programm von Martinez

«Fata Morgana» hilft den Durst löschen

Die neuste Show von Carlos Martinez heisst «Fata Morgana» und ist dem Wasser gewidmet. Bald ist sie auf einer ausgedehnten Tour durch die Schweiz zu sehen. Im Gespräch mit «Livenet» erklärt der spanische Künstler sein jüngstes Werk.
Pantomime Carlos Martinez
Carlos Martinez

Mit dem Programm wolle er auf die Wasserproblematik aufmerksam machen: «Wir denken, dass viel Wasser da ist, doch die Realität zeigt, dass wir gar nicht so viel haben.» Die Show sei aber nicht moralisch. «Ich will nicht den Menschen sagen, was sie zu tun haben. Es ist eine Performance, die Charaktere, Situationen, Wasser und Humor beinhaltet.»

Als Spanier sei er sich der Wasserknappheit mehr bewusst, doch das Thema sei universell. «Ich könnte nicht ein Programm über Barcelona machen. Wasser aber berührt jeden und hat mit dem Leben von allen Menschen zu tun.»

Ein Charakter in der Show ist ein Mann, der in der Wüste verloren ist und überall eine Fata Morgana sieht. «Die Szenen sind voll mit Wasser, weil er das vermisst. Es dreht sich um das, was sonst für ihn normal ist. Wir gehen in Europa auf die Toilette und es ist für uns normal. Wir öffnen den Wasserhahn beim Zähneputzen. Das sind so normale Aktionen, dass sie nicht mehr interessant sind. Aber sie sind interessant, wenn jemand in der Wüste daran denkt.»

Show statt Lektion

«In Spanien erhalten wir hin und wieder von der Regierung die Meldung, dass es vier oder sechs Stunden kein Wasser gibt», erklärt Carlos Martinez. «Dann realisiert man, wie wichtig es ist. Es ist, wie wenn man keine Telefonlinie hat. Dann sieht man, wie sehr man davon abhängig ist. Beim Wasser ist es dasselbe. In Spanien lernt man als Kind, dass Duschen wichtiger sei, als ein Bad zu nehmen, weil es weniger Wasser braucht.»

Er wolle aber keine Lektionen erteilen, sondern eine Show zeigen. Das Programm zu entwickeln habe vier Jahre gedauert, zusammen mit einem Direktor aus Barcelona und einem aus Deutschland. «Beide halfen mir in verschiedenen Dingen, einer bei der Dramaturgie, einer bei den Details.»

Wasser zeigen ist schwierig

Für einen Schauspieler sei es einfacher, Wasser zu zeigen, als für einen Mimen. «Denn beim Mimen ist ja kein echtes Wasser da, sondern nur in der Vorstellung der Zuschauer.

Wasser zu zeigen sei auch deshalb eine Herausforderung, weil es nicht ein solides Objekt ist. Auch sei bei dieser Show Sound und Musik dabei, was ebenfalls schwieriger sei; normalerweise arbeitet Martinez im Stillen oder mit Musik. «Doch in diese Show ist während 90 Prozent der Zeit mit Sound und Musik unterlegt. Wenn ich im Stillen spiele, kann ich ein Stück länger oder kürzer machen. Mit Musik ist es fixiert. Ich muss präziser sein, kann nicht interagieren mit dem Publikum.»

Auch Arche Noah dabei

«Fata Morgana» zeige ein menschliches Problem. Carlos Martinez: «Die Story dieses Mannes in der Wüste, ist ein Beispiel für jeden, der in einer schwierigen Situation ist.» Die Geschichte sei nicht direkt mit der Bibel verlinkt. «Aber es ist mit Prinzipen der Bibel verlinkt, nämlich dadurch, dass immer Hoffnung da ist.»

In der zweiten Hälfte des Programms zeigt Martinez ausserdem die am meisten gespielten Stücke seiner Karriere. Darin kommt auch die Arche Noah vor. Im Prinzip sei auch der zweite Teil eine Fata Morgana. «Es sieht aus, als wäre etwas auf der Bühne, aber es ist nichts auf der Bühne, sondern pure Mime und Vorstellung.

Das kompletteste Programm

«Fata Morgana» sei seine bisher schwierigste Show. «Es ist leichter, eine Show über die Zeit oder die Bibel zu machen, denn in der Bibel steht so vieles geschrieben. Da ist so viel Material drin, dass da locker ein paar weitere Programme möglich wären.» Betreffend Wasser aber – und dazu ohne Moralist, Lehrer oder Pädagoge zu sein – habe er vieles durcharbeiten und die Essenz nehmen müssen.

Der Direktor habe zunächst gesagt: «Diese Show ist sehr trocken», ein Wortspiel, weil es ja um Wasser geht, doch zunächst «floss» die damals noch entstehende Darbietung nicht. Mit den kreativen Elementen ging es dann immer besser. «Jetzt ist es das Programm, das die Menschen am meisten als Produktion wahrnehmen, weil mehr Musik, Sound und Licht vorkommt. Es ist wohl mein komplettestes Programm.»

«Das Stück bringt zum Nachdenken»

Eine Anekdote: «Ich putze die Zähne und das Wasser fliesst. Plötzlich sagte ein Kind laut zu seiner Mutter: 'Schau, so wie du.' Das Kind sah darin seine Mutter. Das Stück ist nicht moralisch, aber es bringt zum Nachdenken.» Und so erging es vielen Leuten, die «Fata Morgana» bereits gesehen haben. Viele Menschen hätten gesagt, dass ein Moment da gewesen sei, an dem sie am liebsten auf die Bühne gekommen wären, um das Wasser abzudrehen. Manche würden sagen: «Seit ich deine Show gesehen habe, verwende ich weniger Wasser. Auch ist mir aufgefallen: In der Pause trinken viele Besucher, weil sie Durst bekommen haben – wegen dem durstigen Mann in der Wüste.»

Es sei ein Theater, mit dem sich die Menschen identifizieren können. «Wenn ich etwas Technisches zeige, zum Beispiel wie gut das menschliche Gehirn ist, können sie sich nicht damit identifizieren. Wenn sie aber eine Situation sehen, in der sie sich wiederfinden, dann ist es nicht mehr ein Monolog, sondern ein Identifizieren.»

Datum: 19.08.2014
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch / Live News

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