Trompeten erschallen. Dann ruft ein römischer Soldat: «Im Namen des Kaisers Augustus, ihr müsst euch alle registrieren lassen! Macht vorwärts, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!» Am Eingang der Altstadt von Solothurn «muss» man sich einschreiben lassen. «Von welchem Stamm sind Sie», fragt der Beamte. «Aha, St. Gallen. Besitzen Sie Haus, Imobilien? Wie gross ist Ihre Rasenfläche? Das interessiert uns wegen den Ziegen... Ganz klein? Soso. Das sagen alle... Aha, hundert Quadratmeter. Eine magere Ziege grast da lange!» Zum Schluss gibt es einen Stempel auf die Hand. Zwei Legionäre reiten hoch zu Ross durch die Gasse. «Alles ruhig in der Stadt?», fragt der Beamte. Der Mann zu Ross bejaht, der Beamte registriert weiter. Vor der imposanten St. Ursen-Kathedrale sitzt Herodes. Mit arrogantem Ausdruck zählt er seine Goldstücke. Die Zuschauermenge ist beachtlich. Und sie wächst, als plötzlich edel gekleidete Menschen mit Kamelen einher schreiten. Magier aus dem Orient seien sie. Sie wollen den neugeborenen König der Juden anbeten. Die Begeisterung des Herodes hält sich in Grenzen. «Sucht ihn! Forscht genau! Und kommt dann unbedingt zu mir zurück und gibt mir Bescheid.» Den letzten Satz wiederholt er. Die Magier finden dann die Krippe auf dem Marktplatz in Solothurn, wie auch die Hirten, welche mit Schafen zur Krippe ziehen. Ein Kind streichelt eines der kleinen, vorbeilaufenden Schafe. Die Mutter, die im Stall neben der Krippe ein fünf Wochen altes Baby in den Armen hält, heisst übrigens auch im wirklichen Leben Maria. Hinter diesen Darbietungen am Weihnachtsmarkt in Solothurn steckt die «Weggemeinschaft Landes- und Freikirchen Solothurn». «Wir arbeiten mit der Stadtvereinigung zusammen», sagt Urs Dummermuth, Präsident der Evangelischen Allianz Solothurn. «Bei den früheren Sonntagsverkäufen seien bisher nie so viele Leute nach Solothurn gekommen.» Die in Echtzeit vermittelte Weihnachtsgeschichte zieht die Leute an. Dummermuth: «Im letzten Jahr war ein dreijähriges Kind da. Es durfte damals neben die Krippe sitzen. Seit dann hängt ein Zeitungsausschnitt über ihrem Bett und schon seit Wochen will sie, dass man wieder zu dieser Aufführung geht.» Rund 100 Leute standen im Einsatz. Dummermuth: «Die Besucher sagen, dass Weihnachten dadurch wieder lebendig wird. Sie geniessen es und kommen zur Ruhe.» Er und sein Team geben folgendem Grund an, weshalb sie auf die Strasse gehen: «In der Gesellschaft wird die Feier mit vielen Lichtern durchgeführt. Der tiefste Inhalt ist aber verloren gegangen: der Erlöser ist gekommen, der Liebe und Frieden bringt. Wir sind da als seine Boten, welche daran erinnern wollen.» Dummermuth ist eine Begebenheit besonders nahe gegangen: «Da war ein kleines Kind an der Hand seiner Mutter. Dann sah es die Krippe. Es zeigte darauf und sagte: „Jesus!“.» Zum Schluss kommen sämtliche Darsteller auf den Marktplatz zur Krippe. Eine Minibroschüre mit sieben Weihnachtsliedern wird verteilt. Eine beachtliche Menschenmenge singt mit. Mitorganisator Richard Hürzeler: «Diese Darbietung wollen wir möglichst auch in Zukunft an Weihnachten aufführen.» Unter den Sängern war sogar Herodes auszumachen, der (ganz aus seiner Rolle fallend) ebenfalls in die Weihnachtslieder einstimmte.Arroganter Herodes
Maria war wirklich Maria
«Ich will das wieder sehen!»
100 Leute im Einsatz
Herodes singt...
Datum: 22.12.2005
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch