Der Mann in grau

Wie das Kino Gott darstellt

In der Filmkomödie «3faltig», die am 17. Februar in den Kinos startet, trifft Hage, gespielt von Christian Tramitz, auf Christl und auf einen Mann im grauen Anzug – Gott.
Umstrittene Filmkomödie «3faltig». (Foto: www.trailerseite.de)

Hage sah schon bessere Tage. Seit 2000 Jahren schlägt sich dieser Hage – die Abkürzung kommt von Heiliger Geist – in Menschengestalt durch die Welt. Dass Gott offenbar gerne mal im Allerweltslook in seiner Schöpfung umherspaziert, hat das Kino immer wieder gezeigt, in «Time Bandits» (1981) etwa oder «Bruce allmächtig» (2003).

Skurille Geschichte

In «3faltig» versucht Hage in Österreich christliche Souvenirs unter die Leute zu bringen – bis Christl (Matthias Schweighöfer) auftaucht und ihm verkündet, dass Gott die Apokalypse für nächsten Silvester angesetzt hat. Das durchkreuzt Hages Pläne empfindlich, denn ausgerechnet zum Jahreswechsel ist die Uraufführung seines Musicals «Holy Spirit Megastar» geplant. So bleiben dem Heiligen Geist nur noch wenige Tage, Gottes Sohn von der Schönheit des Lebens zu überzeugen.

Naives Gottesbild

Gottvater wirkt zuerst wie ein strafender Gott. Eine Pracht-Schöpfung hat er sich einfallen lassen, doch der Mensch hat sie ruiniert, berichtet sein Sohn über seine Stimmungslage. Am Ende der Komödie, die weniger blasphemisch denn ideenlos ist, lässt freilich auch er sich belehren: ein gütiger, älterer Herr mit langen Haaren und Rauschebart, der im grauen Anzug und roten Schlips an der Bar lehnt und ein bisschen dreinschaut wie Harry Rowohlt. Die Apokalypse jedenfalls hat er erst mal verschoben.

«Du sollst dir kein Bild machen»

Mit dem Verbot, sich ein Bild von Gott zu machen, immerhin das zweite Gebot, hat sich die Kunst nie abgefunden – man denke nur an Michelangelos Gemälde «Die Erschaffung Adams». An dessen Gottesbild lehnt sich auch das Aussehen des von Michael Schweighöfer gespielten Gottvaters in «3faltig» an.

In den vergangenen Jahrzehnten hat das Kino dieses Bilderverbot oft genug übertreten. Auch in Terry Gilliams Film «Time Bandits» trägt das «Oberste Wesen» einen grauen Anzug und entschuldigt sich «für diese Verkleidung».

Gott als Kinofigur

In den Komödien «Bruce allmächtig» (2003) und seiner Fortsetzung «Evan allmächtig» (2007) trägt Gott weiss. Es sind die vielleicht populärsten Filme mit Gott als Kinofigur. Der von Morgan Freeman dargestellte Gott ist in diesen Filmen keine Karikatur – das sind eher die Menschen, denen er eine Prüfung auferlegt. Schliesslich soll bei «Evan allmächtig» Grace Hill Media mitgewirkt haben, eine Firma mit Kontakten zu strenggläubigen religiösen Gruppen in den USA.

In «Bruce allmächtig» überträgt Gott einem Versager (Jim Carrey) vorübergehend seine Allmacht, in der Fortsetzung lässt er einen scheinheiligen Politiker (Steve Carrell) eine Arche bauen. Beide Filme sind regelrechte Lehrstunden in Demut, Nächstenliebe und Altruismus, und Morgan Freeman ist ein listiger, verschmitzter Gott.

Früher nur die Stimme

In den meisten Fällen aber, in denen er im Kino gegenwärtig ist, ist Gott nicht zu sehen – nur zu hören, offscreen. So verfahren meist die Bibelfilme. In «Die zehn Gebote» von Cecil B. DeMille aus dem Jahre 1956 erklingt nur Gottes Stimme, wie auch in John Hustons «Die Bibel» (1965), in dem der Regisseur selbst Gott spricht. Das schafft natürlich mehr Respekt und Transzendenz als die Versuche, Gott wie einen verhinderten Buchhalter aussehen zu lassen.

Noch subtiler präsentiert Martin Scorsese in seinem Christusfilm «Die letzte Versuchung» (1988) Gott: Man sieht und hört ihn nicht, aber die Kamera nimmt seinen Blick auf, der aus dem Himmel auf die Schöpfung schaut.

Vermenschlichter Gott

Oft bildet Gott das Zentrum eines Films, ohne dass er selbst sich einmischen muss. In dem deutschen Film «E-Mail an Gott» (1999) von Bernd Boehlich sendet der elfjährige Samuel einen Computerbrief in den Himmel, mit dem Wunsch, seinen Vater wiederzufinden. Daraufhin wird ihm ein weiblicher Engel gesandt. In «Ponette» von Jacques Doillon (1996) findet ein vierjähriges Mädchen nach dem Tod ihrer Mutter Trost in der Zwiesprache mit Gott.

Und die trashigen «God's-Army»-Filmen aus den 80er und 90er Jahren zeigen den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse, den das Kino so liebt, als einen Aufstand der Engel: Gott hat ihnen zwar die Unsterblichkeit, aber keine Seele wie den Menschen gegeben.

Spätestens seit dieser Serie sei klar, dass das Kino die Text- und Bildbausteine des christlichen theologischen Systems in der Ära der Moderne und Postmoderne frei verfügbar verwendet, hat der Filmhistoriker Georg Seesslen festgestellt.

Sinnloser Gott

Für besonderes Aufsehen sorgte die Satire «Dogma» von Kevin Smith (1999). Hier kommt Jesus aus Afrika, seine Nachfahrin arbeitet in einer Abtreibungsklinik, es gibt einen 13. Apostel, der in der Bibel aus rassistischen Gründen nicht erwähnt wird. Am Schluss tritt Gott selbst auf – in Gestalt der Sängerin Alanis Morissette. Sie antwortet auf die Frage nach dem Sinn des Lebens mit einen Wort, das ungefähr «niep» lauten könnte. Vielleicht hat das damals die Kritiker des Films aus Protest auf die Strasse gehen lassen.

Mehr zum Thema. Gott lässt sich nicht auf Vorstellungen und Gutdünken zuschneiden.

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Datum: 04.02.2011
Quelle: epd

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