Niklaus von Flüe

Freches Theater durchbricht nationalen Gedenkgottesdienst

Ein Schauspiel zwischen einer Reformierten und einem Katholiken hat am Sonntagmorgen die interkonfessionelle Harmonie zwischen Gottfried Locher und Kardinal Kurt Koch durchbrochen. Dies geschah im ökumenischen Gottesdienst zum Nationalen Gedenken an Niklaus von Flüe in der Wallfahrskirche Sachseln.
Ausschnitt aus dem Theaterstück
Schauspieleinlage mit Stini Durrer und Hanspeter Müller Drosshaard.
Gottfried Locher

Mitten in den gottesdienstlichen Ablauf von Liedern, Gebeten und nach der eindringlichen Predigt des obersten Reformierten der Schweiz und Europas platzt eine Frau. Sie eilt von links zum Altar, kniet nieder und sagt – mit Blick auf die goldene Figur des Bruder Klaus, die dort im Grabaltar liegt: «Wenn man es nur wüsste». Ein Herr im Anzug tritt von rechts dazu und fragt, wovon sie spreche. «Er hat sie verlassen», sagt sie. Er kontert: «Er ist unser Heiliger». Es folgt ein rhetorisches Kräftemessen zwischen der reformierten Frau aus Zürich und dem katholischen Geschäftsmann aus der Innerschweiz.

Die Schauspieleinlage mit Stini Durrer und Hanspeter Müller Drosshaard bringt auf den Punkt, was die beiden Kirchenoberen während des Gottesdienstes nicht äussern: Der Zugang zum Nationalheiligen Bruder Klaus ist durchaus konfessionell unterschiedlich. Oder könnte es zumindest sein, suggeriert dieses Theaterstück, das als solches keinen Anspruch auf Wahrheit hat. Da ist der Katholik, ebenfalls mit Namen Niklaus, der nach dem Vorbild des Heiligen zu leben meint, dort die Reformierte, die den Menschen in Bruder Klaus ergründen will in diesem Stück des Publizisten Romano Cuonz.

Nach dem Kräftemessen die Einigkeit

«Wir haben keine Heiligen», sagt die Frau einmal. Sie will hinter das Geheimnis von diesem Niklaus von Flüe kommen. «Warum hat er seine Familie verlassen?», fragt sie mit anklagender Stimme. Das könnten Aussenstehende nicht verstehen, meint er und bringt sie dazu, ihr persönliches Bruder-Klaus-Gebet preiszugeben. Neugierig geworden auf diese Frau mit ihren vielen Fragen, schlägt der Mann vor, gemeinsam in den Ranft zu wandern. Die beiden verlassen den Platz vor dem Altar.

Die Exponenten der römisch-katholischen und der evangelisch-reformierten Kirchen hingegen ergänzen sich harmonisch mit ihren Predigten. Sie analysieren das Bruder-Klausen-Gebet «Mein Herr und mein Gott», und zwar Schritt für Schritt. Gottfried Locher, Präsident des Rats des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds (SEK) und der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) macht den Anfang und interpretiert die Aussage «nimm alles von mir, das mich hindert zu dir.» In klaren, fast hart wirkenden Worten, meint er: Es gehe darum, sich von allem Materiellen und Immateriellen frei zu machen, denn das sei nur eine Belastung.

Lochers «Wink» gegen den Kardinalstitel

Dabei müsse man sich auch von Titeln lösen, bei denen alle vor Ehrfurcht erstarrten, meint Locher und bringt als Beispiele die Titel CEO, Regierungsrat oder Kardinal – und erntet Lacher im Publikum und ein Schmunzeln bei Kardinal Koch. Als Lösung zitiert Locher den Satz Jesu aus der Bibel: «Wo dein Schatz ist, ist auch dein Herz.»

Nach dem oben erwähnten Theater und einige Musikstücke weiter nimmt Kardinal Kurt Koch die zweite Aussage im Bruder-Klausen-Gebet unter die Lupe. Wenn man all den Ballast losgeworden sei, von dem Gottfried Locher gesprochen habe, könne das Herz nun mit Notwendigem gefüllt werden. Deshalb heisse es im Gebet anschliessend: «Mein Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich führet zu Dir». Bruder Klaus habe dabei vor allem um ein hörendes Herz für Gott – und ein hörendes Herz für die Mitmenschen gebeten, so Koch. Beides habe er tatsächlich gehabt. «Als Gottesfreund ist er in besonderem Masse auch Menschenfreund gewesen», so Koch. Schliesslich bat der Schweizer Kardinal Gott um ein hörendes Herz. Und er betonte, dass Bruder Klaus «uns Christen» nicht trenne, sondern eine. Das beweise dieser Gottesdienst zu seinem 600. Geburtstag.

Lokale Pfarrer und Sänger

«Dieses Gedenken hat uns als grosse Gemeinschaft zusammen gebracht», sagte auch der katholische Pfarrer Daniel Durrer, der zu Beginn eine Kurzbiografie des verehrten Heiligen vorlas. Durrer ist laut Mitwirkenden im Trägerverein «600 Jahre Niklaus von Flüe» der Hauptorganisator des Gedenkgottesdienstes in «seiner» Kirche in Sachseln.

«Niklaus von Flüe würde uns auffordern zum gemeinsamen Gebet», sagte auch Michael Candrian, Pfarrer der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Obwalden. Die beiden regionalen Pfarrer wirkten am Gottesdienst mit, ebenso eine Lektorin, welche Fürbitten las. Der Chor Kantorei Sachseln, ein Kammerorchester und die siebenköpfige Mädchen-Singruppe Scola sorgten für die musikalische Umrahmung.

Die Kirche war an diesem Sonntagmorgen mit geschätzten 300 Besucherinnen und Besuchern voll besetzt; einige wurden auf Stühle vor der Kirche vertröstet, wo auf einem Bildschirm die Direktübertragung zu sehen war. Der Gottesdienst wurde nämlich von Radio und Fernsehen SRF live übertragen. Mehrere Personen an Kameras und Mischpulten waren im Einsatz, und der Kirchenraum war mit zusätzlichen Scheinwerfern erhellt. Vor Beginn des Gottesdienstes entschuldigte sich die Leiterin der SRF-Religionsredaktion, Christine Stark, für allfällige Unannehmlichkeiten.

 

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Datum: 25.09.2017
Autor: Regula Pfeifer
Quelle: kath.ch

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