Primarschule: Jesus, Mohammed und Buddha

Religionsunterricht für Erstklässler
Daniel Kummer

Darf der Staat in der Schule eine obligatorische Religionskunde einführen, um das Verständnis zwischen Schülern verschiedener Religion zu fördern? Ja, sagt die Zürcher Bildungsdirektion; dadurch werde die Glaubensfreiheit nicht verletzt. Schon in der Unterstufe der Primarschule sollen neben Jesus auch Buddha und Mohammed vorgestellt werden. Seit November liegt der Lehrplan vor. Der Pädagoge Daniel Kummer kommentiert das umstrittene Vorhaben.

Wenn ich die Unterlagen für das neue Primarschul-Fach (v.a. den Lehrplan ) durchschaue, fällt mir auf, dass von den Inhalten her doch eine recht klare Gewichtung auf der christlichen Religion liegt. Damit kommt die Bildungsdirektion den Forderungen der Volksinitiative für die Weiterführung des Fachs „Biblische Geschichte“ (pdf) entgegen.

Überholter Ansatz

Auf das Kernanliegen, dass ein interreligiöser Unterricht grundsätzlich problematisch ist, wird aber nicht eingegangen. Die Frage ist ganz grundsätzlich, welche Vorstellung von Werterziehung dahinter steht. Meines Erachtens ist es ein Modell, das voraussetzt, dass Information zu handlungsrelevanten Einstellungen und Werthaltungen führt. Das ist ein Konzept aus den 60-70er-Jahren und eindeutig überholt.

Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass ein solcher Unterricht eigentlich für alle religiös Engagierten und Interessierten nichts bringt und deshalb vor allem im Interesse der A-Religiösen steht. Die christliche Imprägnierung der Gesellschaft wird, gerade wenn die Dosis obligatorisch ist, sicher verstärkt. Man meint dann erst recht, den "frommen Kram" zu kennen, und wendet sich umso interessierter den anderen Religionen zu.

Religion als Bestandteil

Wenn es bloss darum geht, dass die Religion auch ein Bestandteil des öffentlichen Lebens ist und deshalb die Schule auch darüber informieren muss, finde ich das nicht sehr bestechend, da die Schule auch nicht über das Kino oder den Spitzensport aufklärt und in diese Denktraditionen einführt. Die Börse, die uns doch entscheidend wichtig scheint, wird auch nicht erklärt.

Also sind vermutlich doch Hoffnungen vorhanden, dass durch das Fach die (religiösen?) Menschen entweder toleranter oder zahmer miteinander umgehen sollen; dazu soll der Unterricht, so meine Vermutung, beitragen.

Obligatorisch zum Abgewöhnen

Das Abhandeln von Glauben in Lektionen und auf Arbeitsblättern ist grundsätzlich nicht unproblematisch. Ich befürchte, dass neben der Freude am Zeichnen ein weiteres 'Verhalten' den Kindern von der Schule 'abgewöhnt' werden könnte. Es ist nicht automatisch ein Glück, wenn die Schule etwas thematisiert...

Von daher ist zu überlegen, ob der Verzicht auf Religion in der Schule und ein engagiertes Angebot von Kirchen und christlichen Schulen nicht mehr bringt als die hier geplante Sachinformation über Religionen. Christliche Lehrkräfte haben in der öffentlichen Schule unter den einengenden Voraussetzungen der "Interreligiösität" nicht automatisch gute Karten.

Der Pädagogiklehrer Daniel Kummer leitet den Fachkreis Pädagogik der VBG
Homepage EVBG

Datum: 03.01.2007
Autor: Daniel Kummer-Sidiropoulos
Quelle: Livenet.ch

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