Freude trotz Frost und Frust im rauen Berufsalltag?

Kurt Bill
Mehr Leistung, in kürzerer Zeit, bei möglichst besserer Qualität und zum gleichen Preis (Lohn) – so lautet heute die Devise.

Bedeutet mir mein Beruf Last oder Lust? Schenkt er mir Erfüllung? Der Christ hat es im Berufsleben nicht einfacher. Aber er hat bessere Voraussetzungen, um Sinn und Freude zu finden.

Gott hat in weiser Voraussicht dem Menschen in 1.Mose 2,15 gesagt, was er von der Arbeit im Garten Eden zu halten habe: Er solle den Garten Eden bebauen und bewahren. Mit anderen Worten: Der Mensch soll arbeiten.

Der Wandel

In der Welt der Unternehmen, auf den Märkten, im Technologiebereich und in der Gesellschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten weltweit manches ereignet. Globalisierung, Technisierung, Computerisierung, Zeitverzugslosigkeit sind einige Begriffe, die diesen Wandel charakterisieren. Alles wickelt sich im Hier und Jetzt und im Überall gleichzeitig auf der Welt ab. Der (Konkurrenz-) Druck, der auf den Unternehmen lastet, hat ein kaum mehr zu überbietendes Mass angenommen. «Besser, schneller, kostengünstiger» lautet der Leistungsauftrag. Wer ihn nicht erfüllt, ist weg vom Fenster oder vom Markt. Die Zahl der Kopf- oder Wissensarbeiter nimmt laufend zu, diejenige der Handarbeiter entsprechend ab. Das in jüngster Zeit geforderte Arbeits- und Berufsethos hinterlässt fahle Spuren und gleicht leider Worthülsen. Zwei Begriffe prägen diesen Sachverhalt:

- Shareholder Value. Im Kontext des Shareholder Values wird alles exklusiv und zu Lasten jedes anderen Faktors in den Dienst der Kapitalrendite (Eigenkapitalrendite) gestellt.

- Stakeholder Value. Wenn das Management keiner spezifischen Einzelgruppe verantwortlich ist, so muss das Unternehmen im Blick auf alle am Unternehmen interessierten Gruppen geführt werden: Aktionäre, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Banken und politische Institutionen.

Die Diskussion um «gerechte» Managerlöhne wurde von einem Aufschrei in der Bevölkerung begleitet. Es lockt das schnelle Geld, und der Weg vom «Verdienst» zum «Einkommen» ist offenbar ein kurzer.

Nicht zu vergessen bleibt der Führungsstil, der sich parallel zum Geschehen auf den Märkten verändert hat. Patriarchen sind längst nicht mehr gefragt. Heute wird mit Zielsetzungen geführt, allenfalls situativ, und die Teamarbeit hat den Einzelkämpfer abgelöst: Menschenführung ist anspruchsvoller geworden, weil es der einzelne Mitarbeiter ebenfalls ist. Ein leidgeplagter Unternehmensleiter hat kürzlich gesagt, dass jeder, der mehr als zwei Mitarbeiter führe, eine Klinik betreibe...

Die Auswirkungen

Betroffene und Träger des Wandels sind naturgemäss die Arbeitenden aller Stufen. Mehr Leistung, in kürzerer Zeit, bei möglichst besserer Qualität und zum gleichen Preis (Lohn) – so lautet auch hier die Devise. Dass dies zu Arbeitsüberlastung, Stress und zu den bekannten psychischen und physischen Störungen führt, ist naheliegend. Auf diese Weise entsteht auch am Arbeitsplatz ein Konkurrenzkampf, der in seiner schlimmsten Form im Mobbing endet. Wen wunderts, dass der Ruf nach mehr Freizeit, zum Beispiel in Form von Sabbat-Zeiten, unüberhörbar wird! Anstellungen beinhalten heute vermehrt Unsicherheitsfaktoren, und dies in zweierlei Hinsicht: Einerseits gehen Arbeitsplätze verloren (Fusionen; Unternehmen verschwinden vom Markt), und andererseits offerieren die Unternehmen den Arbeitenden wohl eine Anstellung, jedoch keinen klar definierten Job auf Lebenszeit. Flexibilität und ein Leben in der Unsicherheit sind angesagt. Als erfreulich darf die Tatsache gewertet werden, dass viele Arbeitsplätze dank Kompetenzerweiterung für die Stelleninhaber eine Bereicherung erfahren.

Der Stellenwert des Berufes

Der bereits zitierte Arbeitsauftrag Gottes in 1. Mose 2,15 behält auch nach dem Sündenfall seine Gültigkeit. Die Früchte der Arbeit sollen dem Menschen zukommen. Er soll sich davon im umfassenden Sinn ernähren. Im Ruhegebot erhält die Arbeit eine Grenze. Der Mensch soll sich nicht an die Arbeit verlieren. Das Neue Testament übernimmt die Sicht des Alten Testamentes. Die Arbeit ist und bleibt etwas Kreatürliches. Jesus selbst war ein Arbeiter, und Paulus ernährte sich phasenweise durch seiner Hände Arbeit. Mit den Früchten der Arbeit sollen Menschen ihren Lebensunterhalt bestreiten und dazu noch in der Lage sein, anderen zu helfen. Damit sollte, so scheint es, der Stellenwert des Berufes für einen Christen geklärt sein.

Der von der Bibel klar vorgegebene Weg ist jedoch hin und wieder mit Stolpersteinen belegt. Was, wenn ein Christ in seinem Beruf keine Sinnerfüllung mehr sieht oder die Sinnfindung nicht aus der Arbeit heraus geschieht? Soll er sich im Geschäft «innerlich abmelden» und sich dem Müssiggang hingeben? Was ist mit Christen in leitender Stellung, die aufgrund ihres Arbeitspensums gezwungen sind, das Gebot der Sonntagsruhe zu missachten und zum Workaholic, also zum Arbeitswütigen abdriften?

Wir sehen, wie schwierig es oft wird, ein gesundes Gleichgewicht halten zu können. Im Brief des Paulus an die Christen in Kolossä wird uns im 3. Kapitel, Vers 17, eine wichtige Wegleitung gegeben: «Lasst all euer Tun – euer Reden wie euer Handeln – im Namen unseres Herrn Jesus geschehen. So könnt ihr Gott, dem Vater, für alles danken.»

Berufswahl heute

Junge Menschen sind heute beinahe zu beneiden ob der Vielfalt an Berufen und Möglichkeiten, die sich ihnen anbieten. Wer vor der Berufswahl steht, sollte sich dennoch einiger Besonderheiten bewusst sein. Die Arbeit hat generell eine Höherqualifikation erfahren, indem so genannt einfachere und repetitive Tätigkeiten vom Computer erledigt werden. Die mit der Automatisierung einhergehende Arbeitsteilung und Spezialisierung kann zu Monotonie führen. Zu einem gewissen Zeitpunkt geltende «In»-Berufe können auch wieder verschwinden. Als Branchen und Berufe mit Zukunftschancen gelten derzeit: Informatik/Telekommunikation, Sozialwesen, Rechtswissenschaften, Gesundheitswesen, Forschung und Entwicklung.

Junge Arbeitnehmer müssen davon ausgehen, in ihrem Leben mehr als einen Beruf auszuüben. Für Berufseinsteiger wird es hilfreich sein, sich folgende Anforderungen vor Augen zu halten: Lernen als Primat, Wissenserneuerung als Daueraufgabe, Flexibilität, Mobilität sowie die «Antenne dauernd auf Empfang». Noch ein Wort zur Telearbeit, dem Arbeiten zu Hause am PC: Wohl fallen der Arbeitsweg und damit die Umweltbelastung weg, doch fehlen andererseits die sozialen Kontakte.

Als Christ im Beruf

Einen Beruf auszuüben bedeutet zweierlei: Einerseits die von Gott geschenkten Befähigungen und Gaben sinnvoll und nutzenstiftend einzusetzen, andererseits die Anforderungen und Ansprüche des Arbeitgebers bestmöglich zu erfüllen. Aus dieser Sicht dürfen bei einem Christen der Wille und das Bestreben vorausgesetzt werden, qualitativ untadelige Arbeit zu leisten. Dieser Qualitätsanspruch hat jedoch nicht nur Gültigkeit im Beruf, sondern er setzt sich fort in der Familie und in der christlichen Gemeinde. Unvermittelt sieht man sich einer dreifachen Forderung gegenüber. In diesem Punkt ist bei allen Beteiligten viel Weisheit und Rücksichtnahme gefragt. Eine befriedigende Lösung kann oftmals nur über eine Prioritätenfestlegung herbeigeführt werden. Das Verhalten des Christen am Arbeitsplatz lässt sich anhand einiger Merkmale prüfen:

- Einstehen für Recht und Gerechtigkeit, Hochhalten der beruflichen Ethik, Ehrlichkeit, Hilfe und Unterstützung für Schwächere, Fleiss, Zurückhaltung beim Kritisieren und Ehrlichkeit sind einige positive Verhaltensmerkmale.
- Wichtigtuerei, starke Ellbogen, Arroganz, Berufsstolz im negativen Sinne, Übervorteilen der Berufskollegen und übertriebene Kritiklust sind keine Kennzeichen eines Christen.

Das richtige Motto

Das Verhalten im Beruf und am Arbeitsplatz soll ein Zeugnis für Jesus Christus sein. Die Welt soll spüren, dass hier ein Christ am Werk ist. Wir leben unter den Arbeitskollegen davon, dass wir immer wieder neu miteinander anfangen und einander vergeben. Lassen wir Aussöhnung nicht lange anstehen! Warum? «Versäumst du den Funken zu löschen, wirst du der Flamme nicht Herr.» Jesus will uns durch seinen Geist leiten, dass wir nicht nach dem Motto handeln: «Wie du mir, so ich dir!», sondern: «Wie Jesus mir, so ich dir.

Kurt Bill, 63, verheiratet, zwei erwachsene Kinder (Sohn Beat studiert am TSC), wohnhaft in Kreuzlingen. Ausbildung zum Bankkaufmann und Studien in Betriebsökonomie. Personal- und Ausbildungsleiter und später Mitglied der Geschäftsleitung der Thurgauer Kantonalbank, zuständig für den Bereich Logistik. Seit einigen Monaten im Ruhestand. Gehört in der Chrischona-Gemeinde Kreuzlingen dem Ältestenrat und im Chrischona-Verband der Finanzkommission an

Datum: 01.06.2003
Autor: Kurt Bill
Quelle: Chrischona Magazin

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