Fall Krüsi als Dok

Freikirchen als Angeklagte im schlagzeilenträchtigen Missbrauchsfall

Nachdem das Buch von Christina Krüsi über ihre schlimmen Erfahrungen auf einer Wycliffe-Missionsstation Schlagzeilen gemacht hat, brachte das Schweizer Fernsehen dazu am Donnerstag (25.4.14) einen Dokumentarfilm. Überlegungen dazu aus freikirchlicher Sicht.
Christina Krüsi

«Missbraucht im Namen Gottes» – mit dieser Schlagzeile warb das Fernsehen SRF für seinen Dokumentarfilm über die schlimmen Erfahrungen des damaligen Missionarskindes Christina im bolivianischen Urwald. Ihre Geschichte bietet den Stoff, den Medien lieben. Dem Schein nach fromme Männer haben Fürchterliches angerichtet. Daher kommen in den Vorschauen auch die Freikirchen der Schweiz an die Kandarre. Immerhin verweist Krüsi auch auf Missbrauchsfälle in einer Schweizer Freikirche.

Als das Buch im Vorjahr erschien, haben sich die Freikirchen glücklicherweise nicht einfach in die Opferrolle der Gescholtenen und Angeschuldigten begeben. Vielmehr sind sie schon früher durch die breite öffentliche Resonanz auf das Thema und vereinzelte Vorfälle sensibilisiert worden und haben Vorkehrungen getroffen, um allfällige Vorfälle rechtzeitig zu erkennen und darauf korrekt zu reagieren. Die Freikirchen innerhalb des VFG haben namentlich zusammen mit der Präventionsstelle Mira Konzepte erarbeitet. Die Chrischona Gemeinden haben zum Beispiel ein ausführliches Papier erstellt, das Verantwortlichen in der Kinder- und Jugendarbeit Informationen und Hilfestellungen anbietet, sollten sie Verdacht schöpfen oder mit Vorfällen konfrontiert werden. Bestellen

Generalverdacht schwer zu vermeiden

Damit liess sich allerdings nicht vermeiden, dass im Zusammenhang mit dem Buch und dem Film auch die Freikirchen da und dort unter Generalverdacht gestellt oder in einen Topf mit kruden Organisationen wie der Methernita geworfen wurden. So etwa im Migros Magazin. Das kann folgende Gründe haben:

– Es ist normal, dass gesellschaftliche Gruppierungen, über die in der Öffentlichkeit nicht viel mehr als Clichés bekannt ist, nicht gut wegkommen, wenn sie mit einem negativen Vorfall in Beziehung gebracht werden. Journalistinnen und Journalisten können sich unter einer Freikirche noch weniger vorstellen, als unter der katholischen Kirche, die sich durch Papst und Bischöfe an die Gesellschaft wendet und dort prominent mit ihren Exponenten sichtbar ist.

Unter Medienschaffenden grassiert der Generalverdacht, dass gesellschaftliche Minderheiten, die nicht explizit als schutzwürdig gelten, dazu neigen, unangenehme Dinge in ihren Reihen zu verschleiern oder gar zu verheimlichen. Oder dass sie selbst gar nicht wahrhaben wollten, dass sie ein Problem haben. Die Freikirchler gelten aber nicht als schutzwürdige Minderheit.

Transparenz unabdingbar

Der Verband VFG – Freikirchen Schweiz bemüht sich daher, mit der eingängigen Webseite «freikirchen.ch» Transparenz zu schaffen. Hier können sich Medienschaffende grundlegende Informationen besorgen. Das ist insofern wichtig, weil der Verband keine Köpfe hat, die schweizweit bekannt sind, an die man sich wenden kann. Wer den Verband führt, wissen allenfalls die Religionsspezialisten unter den Journalisten, und diese lassen sich bei den säkularen Medien an einer Hand abzählen.

Eine Möglichkeit, Transparenz und Vertrauen vor Ort zu schaffen, wäre: Eine lokale Alllianz-Sektion veranstaltet ein Frühstück oder einen Lunch, zu dem die Medienschaffenden der Region eingeladen werden. Es gibt einen Input über die religiöse Lage in der Region und die Möglichkeit, anschliessend Fragen zu stellen und zu diskutieren. Anlass dazu könnte eine geplante Grossveranstaltung sein. In diesem Rahmen könnten die Medienschaffenden einmal die Vertreter der lokalen Landes- und Freikirchen kennen lernen und so auch persönliche Beziehungen knüpfen. Das würde Vertrauen schaffen, ein Grundstein für gute künftige Zusammenarbeit.

Datum: 24.04.2014
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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