Mobbing

Wenn das Leben zur Hölle wird

Knapp acht Prozent der Schweizer leiden unter Mobbing. Mobbingopfer sind auch erheblich kränker als nicht gemobbte Menschen. Auch wechseln sie häufiger ihre Arbeitsstelle.
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Rund 80000 Stunden verbringt der Mensch an seinem Arbeitsplatz – ein Drittel seines Lebens. Doch dort ist leider manchmal ein Phänomen anzutreffen, welches den Leuten das Leben zur Hölle macht: Mobbing.

Mobbing ist ein viel zitierter Begriff für Schikanen am Arbeitsplatz. Durch Ignorieren, Einschüchtern, Blossstellen, Intrigen von der gezielten Verunsicherung einzelner Kolleginnen und Kollegen bis hin zur Rufschädigung reichen die boshaften Strategien. Gespräche verstummen, wenn der oder die Betroffene ins Zimmer kommt, Arbeitsabläufe werden unzureichend erklärt. Den Betroffenen werden unsinnige Arbeiten zugeteilt oder man gibt ihnen fast keine Arbeit mehr ab. Dieser Psychoterror geht oft über Jahre und kommt in allen Berufssparten vor. Mobbing kann aber auch teuer zu stehen kommen.

Urs Scheidegger, Advokat in Bern, der sich auf Mobbingopfern spezialisiert hat, schätzt, dass allein der zeitliche Arbeitsausfall die Unternehmen in der Schweiz jährlich rund 4 Milliarden Franken kostet. Ein Betroffener könne sich kaum mehr auf seine Arbeit konzentrieren, seine Arbeitsleistung sinke dramatisch. Die Krankheitskosten seien in der genannten Zahl noch nicht einmal beziffert.

Betriebsklima entscheidend

Aber auch der Mobber kostet Geld: er mobbt, anstatt zu arbeiten. Oft finden sich die Ursachen im Betrieb selbst. Ein unangepasster Führungsstil und eine schlechte Organisation führen zu einem angespannten Betriebsklima. Demotivierte und gestresste Mitarbeiter entladen ihre ungelösten Konflikte und Aggressionen auf einen Sündenbock. Am Mobbinggeschehen sind alle beteiligt, die am Arbeitsplatz miteinander in Kontakt stehen. Es findet unter Kollegen und Kolleginnen statt, geht von Vorgesetzten gegen Untergebene teilweise von ganzen Abteilungen gegen Vorgesetzte oder einzelne Kollegen.

Die über Monate und Jahre andauernden Feindseligkeiten führen bei den Gemobbten zu verschiedenen gesundheitlichen Beschwerden. Für die von Mobbing-Stress-Betroffenen und deren Ärzte ist es wichtig, dass frühzeitig der Zusammenhang zwischen den Schikanen am Arbeitsplatz und den gesundheitlichen Beschwerden erkannt wird. Sonst behandelt der Arzt nur die Symptome der Erkrankungen, während die Ursachen weiterhin ihre schädliche Wirkung ausüben.

Schon in der Frühphase des Mobbings treten Schlafstörungen, Migräne und Spannungskopfschmerzen, Schweissausbrüche, Kreislaufprobleme, Herzbeschwerden, Magen- und Gallenbeschwerden, Ohrensausen, Erschöpfungszustände sowie allgemeine Störungen des vegetativen Nervensystems auf. Untersuchungen stellten bei den Betroffenen folgende Symptome fest: Kopfschmerzen 51 Prozent, Rückenschmerzen 44 Prozent, Einschlafstörungen, Depressionen 41 Prozent, schnell reizbar 36 Prozent, Nackenschmerzen, Konzentrationsmängel 35 Prozent, Angst vor dem Versagen 32 Prozent, unterbrochener Schlaf 32 Prozent.

Was tun gegen Mobbing?

- Schreiben Sie alles auf. Wirklich alles. Und dies mit Datum, Zeit und Ort. Wenn Sie Zeugen haben, die Ihnen die Vorfälle bestätigen können umso besser. Lassen Sie sofort das Geschehene durch Unterschrift bestätigen. Der Gedächtnisschwund ist, wenn es hart auf hart geht, enorm. Auch Kleinigkeiten können wichtig werden.

- Überprüfen Sie objektiv, ob sie wirklich gemobbt werden. Das ist eigentlich der schwierigste Teil. Erzählen Sie Bekannten einen Fall aus der Firma (in Wirklichkeit Ihren eigenen) und warten Sie die Reaktionen ab. Sehen Mitmenschen den Fall auch als Mobbing an?

- Sichern Sie sich professionelle Hilfe. Nehmen Sie einen Rechtsanwalt. Das Geld ist gut investiert. Fangen Sie eine Therapie an. Mit der Hilfe der Therapie können Sie die harte Zeit der Mobbingabwehr besser überstehen. Erkundigen Sie sich nach einer Mobbingberatung.

- Halten Sie das Mobbing eine Weile aus. Sonst kann es als einmaliger Konflikt abgetan werden.

- Versuchen Sie wenigstens zeitweise das Mobbing zu vergessen, indem Sie irgendetwas unternehmen.

- Lassen Sie Unrecht nicht zu. Oft schauen die Kollegen weg, wenn jemand fertiggemacht wird. Machen sie sich nicht zum Mittäter. Mobbing muss geächtet werden.

Tipps von Pulstipp
www.konsuminfo.ch/downloads/mobbing.pdf

Ja, auch das gibt es leider. Unter dem Titel: Konfliktbewältigung in den Kirchgemeinden
www.zh.kath.ch/organisation/zk/unterlagen/konflikt.pdf werden gute Ratschläge für Betroffene gegeben.

Dreh dich nicht um Frau Lot

Und die Sonne war aufgegangen aus Erden, als Lot nach Zoar kam.

Da liess der Herr Schwefel und Feuer regnen vom Himmel herab auf Sodom und Gomorrah

Und vernichtete die Städte und die ganze Gegend und alle Einwohner der Städte und was auf dem Lande gewachsen war.

Und Lots Weib sah hinter sich und ward zur Salzsäule
1. Mose 19

Was hat die Geschichte von Frau Lot mit Mobbing zu tun? Die Medien beschreiben die Auswirkungen von Mobbing in vielen Details, und jeder kann sehen, hören und lesen, wie schrecklich es für die Betroffenen sei. Die Frage aber, wie ein solches System verlassen werden kann, welcher Preis für den Ausstieg bezahlt werden muss, und was das Opfer aufgibt, wenn es seine Rolle in diesem Spiel nicht mehr mitspielt, wird kaum gestellt.

Die Dynamik des Mobbing-Systems zu spüren, zu reflektieren und den Gedanken aufzugeben, es ändern zu wollen, ist kurz gefasst eine der Möglichkeiten auszusteigen und sich "zu retten". Das klingt sehr einfach, ist aber äusserst schwierig. Denn jeder Mensch hat Vorstellungen und Bilder davon im Kopf, wie das eigene Leben und das gesellschaftliche Umfeld beschaffen sein sollte, damit die Lebensbewältigung im positiven Sinne gelingt. Um aus einem Mobbing-System herauszukommen, müssen viele dieser inneren Bilder aufgegeben werden. Das ist ein Preis, der von dem Einzelnen oft als sehr hoch empfunden wird.

Die Aussenseiter

Die Familie Lots lebte in Sodom als Aussenseiter. Sie versuchte das gottlose Verhalten der anderen Stadtbewohner nicht mitzumachen und in vielen Dingen so etwas wie ein Vorbild zu sein. Vielleicht mit der Idee damit etwas verändern zu können? Dies könnte eine Interpretation ihrer Handlungsweise sein. Sie wurden vermutlich deswegen verspottet und angefeindet. Manchmal konnte sich die Familie kaum ihrer Haut erwehren und war damit auch in ihrer Existenz und Unversehrtheit bedroht.

Das Mobbing-System hat ähnliche Auswirkungen. Statt Gespräche und konstruktive, sachliche Auseinandersetzungen in gegenseitiger Akzeptanz zu führen, werden Schuldvorwürfe verteilt und unklare Forderungen aufgestellt. Dazu werden Argumentationen auf der Machtebene geführt, die inhaltlich eher nicht zu verstehen sind. Danach beginnt die gezielte Suche nach "Verfehlungen" von einzelnen, die dem Betroffenen nicht mehr direkt benannt, sondern in angelegten Dossiers festgehalten werden, um bei passender Gelegenheit als Waffe hervorgeholt zu werden.

Der Zerstörung entgehen

Familie Lot tat das einzig Richtige. Sie entschied zu gehen, auch wenn es nicht leicht war. Sie entzog sich damit dem zerstörerischen System und stieg aus der Opferrolle aus. Gott hatte der Familie Lot ausdrücklich gesagt, dass sie gehen soll ohne sich umzudrehen. Frau Lot hat sich jedoch von der Vergangenheit fangen lassen, hat sich sehnsüchtig noch einmal umgewandt. Um selbst zu überleben, mussten die anderen Familienmitglieder sie zurücklassen.

Wenn ich nun ein Mobbing-System verlassen will, ist der erste Schritt, der der inneren Entscheidung, sich dem nicht mehr aussetzen zu wollen. Das ist zunächst die innere Kündigung. Man spricht im Volksmund auch davon "auf Tauchstation zu gehen." Wenn ich das durchhalten kann, kann für mich persönlich damit erst einmal Ruhe einkehren. Nur wenn ich dann wieder zurückblicke, wahrnehme was an meinem Arbeitsplatz passiert, mich verantwortlich dafür fühle, bin ich wieder eingebunden. Ähnlich wie die Familie Lot, die sich so unterschiedlich zu allen anderen in ihrem Verhalten gezeigt hat, dass sie deswegen bedroht wurde. Unterschiedlichkeit ist in Mobbing-Systemen leider schon eine Bedrohung. Wer nicht mitmacht, ist dagegen.

Dabei darf man sich nichts vormachen und muss akzeptieren, dass man in diesem Konflikt nicht "sauber" bleiben kann. Von Rachegedanken bis….? Betroffene sollten sich von der Vorstellung verabschieden, dass sie mit einer weissen Weste aus dem Konfliktfeld gehen können.

Wichtig ist, dass man einen radikalen Schnitt macht. Dreh dich nicht um Frau Lot, du änderst im Zurückliegenden nichts. Lass es hinter dir, es reicht, wenn du es so sein lässt, wie es ist. Sieh nach vorne und rette dich, weil es im Weitergehen immer wieder eine neue Chance gibt.

Datum: 28.01.2005
Autor: Bruno Graber
Quelle: Livenet.ch

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