Basler Kirche

Kontroverse um Zukunftsperspektiven

Die Basler Kirche will dem Mitgliederschwund mit einem Umbau der Kirche von der traditionellen Kirche in eine Mitgliederkirche begegnen und so eine Vorwärtsstrategie einschlagen. An der Synode vom 22. April wurde dazu kontrovers diskutiert. Ein Theologe und ein Ökonom nahmen Stellung.
Das Basler Münster

Heute sind noch rund 30‘000 Basler Mitglied der ERK, in zehn Jahren werden es, so die Prognose des Kirchenrats, noch 19‘000 sein und die Kirchensteuern werden von 18 auf 12 Millionen zurückgehen. Nach dem Vorschlag des Kirchenrats soll in Zukunft ein grosser Teil der Gelder durch Spenden eigenverantwortlich erwirtschaftet werden. Wer davon mehr einnimmt, soll auch einen grösseren Anteil an der Kirchensteuer erhalten. Ein anderes wichtiges Kriterium soll die Anzahl der Gottesdienstbesucher sein, da der Gemeindegottesdienst das «Zentrum des kirchlichen Lebens» sei. Mitgliederzahlen sollen im Vergleich zu heute wesentlich weniger Gewicht erhalten. Vom neuen System profitieren würden evangelikal geprägte Gottesdienstorte wie die Gellertkirche. Das hat naturgemäss auch die Gegner auf den Plan gerufen. Die Synode hörte sich dazu den Religionspädagogen Thomas Schlag und den Finanzfachmann Thomas Giudici an.

Die Stimme der Skeptiker

Thomas Schlag, Leiter des Zentrums für Kirchenentwicklung an der Uni Zürich, würdigte den vom Kirchenrat vorgeschlagenen Weg als bedenkenswert, aber nicht unproblematisch. Zwar lobte er, dass der Bericht nicht im Jammerton gehalten sei und dass nicht nur ökonomische, sondern auch theologische Überlegungen zu den Ergebnissen geführt hätten. Allerdings kritisierte er, dass die Anzahl der Gottesdienstbesucher als Kriterium für die Lebendigkeit der Gemeinde genommen werden soll. «Es gibt kirchliche Aktivitäten, die nicht in ein gemeinsames Feiern münden», so Schlag. Skeptisch ist er auch gegenüber dem Fundraising und der Konzentration auf eine «Kerngemeinde». In Zukunft würden die «religiösen Flaneure» ohne enge Bindung an die Kirche die Mehrheit ihrer Mitglieder darstellen.

Ängste vor «Kerngemeinde»

Zwar sei die Kerngemeinde wichtig, aber nicht als Elite oder Avantgarde, die auf die «Lauen» herabschaue. Damit widerspiegelte er vorhandene Ängste. Die Kerngemeinde solle vielmehr dafür sorgen, dass die Quartiergemeinde zum «Ankerpunkt» wird, zu einem Ort, an dem man «gekannt und erkannt» und nicht ausgegrenzt wird.

Mittel gezielt einsetzen

Der Ökonom Thomas Giudici betonte den Auftrag der Bibel, gute Verwalter der anvertrauten Gaben zu sein. Es gelte, gesteckte Ziele mit knappen Ressourcen möglichst gut zu erreichen. Dazu brauche es ein motivierendes Leitbild und eine Vision. Entscheidend sei zu wissen, wohin man wolle. Im Falle der reformierten Kirche heisse das, mit bezahlten und unbezahlten Menschen, mit Gebäuden und anderem die Kernaufgaben möglichst wirkungsvoll zu erreichen. «Und diese Wirkung sollte dann auch gemessen werden, damit die Führungsverantwortlichen wissen, ob sie die formulierten Ziele und Visionen auch wirklich erreichen», so Giudici gegenüber «Livenet».

Die richtige Reihenfolge

Er fordert daher die kirchliche Führung auf, zuerst die Ziele und den Führungsprozess zu bestimmen, um anschliessend die Finanzplanung und Zuteilung der Ressourcen darauf abzustimmen. Im vorliegenden Bericht kommen für ihn Mission, Werte und Vision zu kurz. Der Bericht sei «sehr uninspiriert», so Guidici gegenüber «Livenet». Er sei sich aber auch bewusst, wie schwierig es in einer solchen Institution sei, eine Vision zu formulieren.

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Datum: 28.04.2016
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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