Welche Zukunft wollen wir?

Wie die Trends unsere Sozialwerke verändern

Welche Megatrends nehmen Einfluss auf die Sozialwerke? In einer Talkrunde anlässlich des Jubiläums der Villa «neuewelt» in Basel wurde diese Frage mit Fachleuten lebhaft diskutiert.
Podium in der «Villa Neuewelt» in Basel

Wenn es stimmt, was die Zukunftsforschung sagt, dann wird uns in zehn Jahren die demografische Wirklichkeit einholen. Senioren werden in staatlichem Asyl einsam sitzen und besondere Krankheiten entwickeln. Arbeitsplätze sowie unterstützende Freizeitangebote für psychisch Beeinträchtige fallen weg. Die Formeln: «Dafür sorgt dann schon der Staat oder die öffentliche Hand», greifen dann auch nicht mehr, weil deren Kassen leer sind.  Was das im Besonderen für soziale Einrichtungen bedeutet, war Thema eines Podiums mit Journalist Willy Surbeck. Die Leitfrage lautete: Welche Zukunft wollen wir?

«Wir geben dem Staat Aufgaben, die die Kirche früher hatte»

Christoph Brutschin, Regierungsrat BS für Wirtschaft, Umwelt und Soziales gestand zwar zu, dass die Gelder knapper werden, zeigte sich aber hoffnungsvoll, was den Standort Basel betrifft: «Hier geht es uns deutlich besser als anderswo.» Basel sei durch die grossen Chemiefirmen ein potenter Wirtschaftsstandort. Und selbst, wenn die Chemiefirmen Basel verlassen würden, habe «Basel immer Lösungen gefunden.» Die Generation ab 50 müsse sich jedoch «freiwillig» ein wenig zurücknehmen, damit die Jungen nicht mit der Angst vor dem Alter aufwachsen müssten.

Kritisch äusserte sich Zukunftsforscher Andreas Walker zum Primat der Ökonomie, in dem es darum ginge, Menschen möglichst «billig» zu betreuen. Auch kritisierte dieser, welche Rolle dem Staat zugewiesen würde. Beinahe «religiös» sei der Glaube, dass es diesen immer geben werde und fürs öffentliche Wohl sorge. «Wir geben ihm Aufgaben, die die Kirche früher hatte», so Walker.

Dass die Grosszügigkeit der öffentlichen Hand rückläufig sei, wusste Tony Ronchi, Unternehmer und Vorstandsmitglied des Veranstalters, dem «Verein zem Wäg» zu berichten. «Es werden mehr Eigenleistungen eines Trägervereins erwartet und man muss die eigenen finanziellen Verhältnisse offen legen.» Wer sein Leben selbst in den Griff nehmen könne, habe noch nie so viele Möglichkeiten wie heute gehabt. Wer aber einen Ordnungsrahmen oder Stabilität braucht, der wird unter die Räder kommen, so eine formulierte Prognose Walkers, der Brutschin nachdoppelte: «Das Glück ist ungleich verteilt. Doch alle sollen am Glück partizipieren können. Dazu muss es Umverteilung geben, auch wenn nicht alle gleich viel haben können.»

«Weil es uns gut geht, haben wir Verlustängste»

Ob die gemalte Zukunft nicht düster aussehe, so eine Frage von Surbeck. Zukunftsforscher sprächen gerne von der sogenannten «german Angst», an der faszinierend sei, dass sie gerade in den beiden wohlhabenden Ländern Deutschland und der Deutschschweiz am grössten sei, so Walkers Antwort. «Weil es uns gut geht, haben wir Verlustängste. Dabei fragen wir nicht: Wollen wir eine Zukunft, und wollen wir sie gestalten?» Stattdessen lebe der Wahlkampf davon, an Ängste und niedrigste Instinkte zu appellieren, was zu funktionieren scheine. «Es gilt als vernünftig, Ängste zu thematisieren. Wer von Hoffnung redet, gilt als Träumer», so der Futurologe.

Andreas Meier, Geschäftsführer der «wg neuewelt» führte aus, welche Entwicklungsmöglichkeiten die verschiedenen Entwicklungsmöglichkeiten beinhalten. «Bewohner sollen bei uns neue Erfahrungen machen. Auch solche mit Gott.» Er berichtete von zwei Beispielen, die in diesem Jahr nach Durchlaufen von Wohntrainings nun am Ende selbstbestimmt leben können. Thomas Gunz, stellvertretender Leiter der «wg neuewelt» deutete die Freude darüber an, Bewohnern einen wohnlichen und freundlichen Ort bereitstellen und für sie sorgen zu können. Auslöser für die Podiumsveranstaltung war der Umstand, dass die «Villa neuewelt» an der Bundesstrasse in Basel nun ein Jahr alt geworden ist.

Der Veranstalter: www.neuewelt.ch. Hier werden Menschen nach Klinikaufenthalt betreut und unterstützt. Betreutes Wohnen ist ein kollektives Wohnen mit fachlicher Betreuung rund um die Uhr. Das erste Angebot richtet sich an Frauen und Männer, die aufgrund psychischer Beeinträchtigung Anspruch auf IV-Leistung haben. Das zweite ist ein ambulant betreutes Angebot für Einzelpersonen. Es richtet sich an psychisch beeinträchtigte Frauen und Männer, die nicht in der Lage sind,  ihren Wohnalltag alleine zu meistern. Derzeit wohnen rund 24 Personen auf zwei Liegenschaften verteilt (Münchenstein, Basel Stadt) Das Ziel ist die Integration und/oder die Gleichbehandlung mit Nicht-Beeinträchtigen.

Zur Webseite:
Neuewelt

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Datum: 01.10.2015
Autor: Dorothea Gebauer
Quelle: Livenet

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