Mission in Deutschland

«Tun wir, was wir können?»

In der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wird intensiv über Mission im 21. Jahrhundert nachgedacht – Mission auch abseits der Städte.
Evangelische Kirche in Mörlheim.

Rund 30 Teilnehmende aus der gesamten EKD kamen auf Einladung des jungen EKD-Reformzentrums Mission in der Region (ZMiR) letzte Woche in Kassel zu einem Fachgespräch zusammen. Darin ging es um grundsätzliche Fragen der Mission. Hans-Hermann Pompe, der Leiter des Zentrums mit Sitz in Dortmund, Stuttgart und Greifswald, umschrieb die Fragestellung so: «Nicht alles, was wir tun und wie wir es tun, sät Evangelium und fördert gelingende Gottesbeziehungen. Manches verhindert oder schreckt ab statt einzuladen. Wir müssen fragen, welcher Boden, welches Saatgut und welche Haltungen die Wirkung des Evangeliums fördern.»

Vor diesem Hintergrund, so Pompe weiter, stelle sich für das Reformzentrum die Frage, ob es hinreichende und hilfreiche Kriterien für die «Bodenbeschaffenheit» und die «Güte des Saatgutes» missionarischer Arbeit gebe, ob Vorgehen, Kultur und Zielgruppenorientierung kirchlicher Mission nicht nur an Auftrag oder Ressourcen zu messen seien, sondern auch an Vorgehen, Ausführungsqualität oder Ergebnis.

Mission zielt auf Glaube

Den Ausgangspunkt der intensiven Diskussion bildeten Impulsreferate dreier hochkarätiger Fachreferenten, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln das Thema «Qualität missionarischer Arbeit» beleuchteten. Der Bonner praktische Theologe Prof. Eberhard Hauschildt betonte, dass Mission auf Glaube ziele und am Anfang aller Verständigung, eine Klarheit über die Ziele und Inhalte missionarischer Arbeit stehen müsse. Erst dann könne anhand von qualitativen und quantitativen Kriterien das Produkt Mission und deren Qualität überprüft werden. Der Fokus missionarischer Arbeit habe sich darauf zu richten, dass Andere Gemeinschaft erfahren, Mitglieder der Kirche bleiben bzw. werden und zum Glauben finden oder diesen erfahren. Hauschildt: «Hierzu ist es nötig, dass wir in die Verbesserung missionarischer Kompetenz investieren». Dies schliesse die Aus- und Fortbildung der Haupt- und Ehrenamtlichen in christlicher Kommunikation mit ein, so der Bonner Theologieprofessor.

Gaben im Team aktivieren

Christina Brudereck, Referentin für Evangelisation beim Amt für Gemeindeentwicklung und missionarische Dienste der Rheinischen Kirche, fragte provokativ: «Tun wir, was wir können?». Oft sei zu beobachten, so die Mitbegründerin des auf der EKD-Zukunftswerkstatt in Kassel vor einem Jahr prämierten missionarischen Projektes e/motion e.V., dass viele Menschen häufig nur das tun, was sie tun müssen und nicht, das, was sie tun könnten. Brudereck: «Was bringt alle Qualitätssicherung missionarischer Arbeit, wenn die Gaben des Einzelnen nicht zum Tragen kommen?» Sie plädierte deshalb dafür, dass missionarisches Arbeiten das Evangelium in die Mitte der Mission rücken müsse. Es sei als Herzensangelegenheit zu betrachten, das mit Leidenschaft und Lust praktiziert werden solle.

Gastfreundschaft

Peter Aschoff, Mitglied im Leitungsteam der Eliagemeinschaft in Erlangen und Protagonist der Alpha Glaubenskurse, betonte, wie wichtig es für das missionarische Arbeiten sei, dass diese einladend gestaltet ist, spirituelle Freiräume schaffe und vom Credo der Gastfreundschaft gezeichnet sei. «Das Paradox der Gastfreundschaft», so Aschoff, «ist, dass sie eine Leere schaffen will, eine freundliche Leere, die Fremde betreten können und entdecken.» Für den bayerischen Theologen ist diese so verstandene Gastfreundschaft der Resonanzboden für gelebten und erfahrenen Glauben und Gemeinschaft, worin sich missionarisches Arbeiten unter anderem ausdrücke.

Ziele klären

In der anschliessenden Diskussion kristallisierten sich für die Teilnehmenden drei Schwerpunkte heraus, die bei der weiteren Bearbeitung des Themas stärker Berücksichtigung finden sollten. Zum einen bedürfe es einer genaueren Klärung der Inhalte und Ziele missionarischer Arbeit, deren Referenzpunkt die Gemeinde vor Ort ist. Hier sei es erforderlich, Menschen sprachfähig für missionarische Anliegen zu machen, sie theologisch zuzurüsten und diese neugierig zu machen für konkrete Glaubens- und Gemeinschafterfahrungen. Zum anderen waren sich die Teilnehmenden darin einig, dass missionarisches Arbeiten in erster Linie eine Beziehungsarbeit sei und einer Kultur des Vertrauens und der Offenheit bedürfe. Die Teilnehmenden plädierten für eine «fehlerfreundliche Dienstaufsicht» und dafür, Rahmenbedingungen zu schaffen, die am jeweiligen Ort Lust machten, missionarisch aufzubrechen.

Qualität messen?

Kontrovers wurde die Frage nach der Überprüfbarkeit der Qualität missionarischer Arbeit diskutiert, insbesondere mit Blick auf die Grenzen der Übertragbarkeit ökonomischer Sprache und Instrumente auf die Arbeit im kirchlichen Raum. Neben der klassischen Gemeindevisitation, die verstärkt das Missionarische in den Blick nehmen könnte, böten sich zur Evaluation missionarischen Arbeitens Mitgliederbefragungen ebenso an wie Formen des Monitoring.

Mit der Fachtagung in Kassel setzte das EKD-Reformzentrum Mission in der Region (ZMiR) seine Veranstaltungsreihe fort, die mit der Auftaktveranstaltung im Kloster Volkenroda Anfang Juni 2010 begonnen hatte. Mit dem Veranstaltungsformat «Fachgespräch» will das ZMiR in den kommenden vier Jahren einer jeweils ausgesuchten Gruppe von Fachleuten, Multiplikatoren und kirchlich Verantwortlichen in einer konzentrierten Tagesveranstaltung die Möglichkeit bieten, in einem überschaubaren Rahmen Fach-Beiträge zu bestimmten thematischen Schwerpunkten der Zentrumsarbeit zu hören und dazu in Diskussion und Austausch die eigene Position in die Arbeit des Reformzentrums einzubringen.

Zum Thema:
«Kirche in der Fläche»

Datum: 20.09.2010
Quelle: EKD

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