Freikirchen und Landeskirchen

Wir lernen in allen Begegnungen - denn Glaube verbindet

Ein Freikirchen-Pastor der BewegungPlus berichtet aus seinem Blickwinkel über Begegnungen mit Menschen und Kirchen, die so ganz anders sind als er und seine Kirche. Er lehnt sich dabei an das Leitbild der BewegungPlus an, in welchem es heisst: „Wir lernen in allen Begegnungen.“
Bernhard Wenk

Pfarrer in der Allianz?

Gross war mein Erstaunen vor zehn Jahren, als nebst den Pastoren der Freikirchen auch eine Pfarrerin und zwei Pfarrer der Reformierten Landeskirche am runden Tisch der „Allianz Interlaken“ Platz nahmen. Meine Denkweise lautete nämlich so: Pastoren gleich christusbezogen, Pfarrer gleich...! Durch solche Klischeevorstellungen haben die Kollegen der Landeskirche nicht nur schöne Erfahrungen mit uns Freikirchlern gemacht. Die merk(t)en doch immer, dass wir sie in das Lager der „Nicht-so-richtig-Glaubenden“ drück(t)en. Allmählich erhielt ich Einblick in Leben und Glauben meiner Kollegen. Ich begann meine Meinung über sie zu revidieren. Durch unsere offene Haltung innerhalb der Allianz, konnten wir einige Male gemeinsam auftreten. Dies geschah durch öffentliche Anlässe mit Sportlerpfarrer Schabi Berger, der Bibelausstellung und Kursen von Alphalive. Die Pfarrer legen viel Wert auf Gottes Hinwendung zum Menschen durch Jesus Christus. Das hat mir eine neue Sichtweise gegeben, weil wir Freikirchlern mehr den Menschen betonen, der sich Jesus zuwendet. Gerne leite ich wieder mit einem Pfarrer zusammen in seiner Kirche ein liturgisches Abendgebet während der Allianzgebetswoche.

Und wer hat uns Pastoren die Möglichkeit gegeben, in regionalen Zeitungen auch Sonntagsworte zu schreiben? Und wer unterstützt es, dass Pastoren im Spital auch Andachten halten? Und wer setzt sich ein, dass im regionalen Radiosender auch freikirchliche Gottesdienste ausgestrahlt werden? Der aufmerksame Leser erahnt es.

Orthodoxe, Pfingstler, Anglikaner und viele mehr

Letzten Juni war ich an eine Konsultation am Fuller Theological Seminary in Pasadena eingeladen, zusammen mit 55 anderen Christen: Pfingstler aus Afrika und Lateinamerika, Vertreter der evangelischen Allianz, World Vision, Orthodoxe, Kopten, Baptisten, Reformierte, Katholiken und viele mehr. Innerlich gewappnet und meine Argumente bereit, stieg ich „in den Ring“. Doch zwei Tage lang kam ich gar nicht dazu, meine Argumente an die Frau oder den Mann zu bringen, und nach diesen zwei Tagen, war ich mir nicht ganz sicher, ob ich alle meine Argumente noch plazieren möchte. Denn während den ersten beiden Tagen haben alle nur von ihrem persönlichen Glaubensweg, und von dem ihrer Kirchen und Organisationen erzählt. Es war eine richtige Zeugnisrunde mit manch einem Halleluja dazwischen.

Sicher, ich hab noch meine Fragen, doch als der Vertreter des Patriarchats von Moskau uns erzählte, wie er sich nach dem Fall der Sowjetunion fühlte, nachdem 1600 ihrer Priester hingerichtet wurden, sie keine Erfahrung in Sachen Mission hatten und plötzlich westliche Kirchen mit Geld, High-Tech Ausrüstungen und einer jahrzehntelangen Erfahrung vor der Tür standen. Da erhielt ich eine neue Perspektive. Oder als der koptische Bischof uns einlud, in Ägypten die Moslems zu missionieren, überraschte das mich. Er bat uns auch, sich nicht aus Frust, weil die Mission unter Moslems zu schwierig sei, auf „die Kopten“ zu stürzen um so Erfolge ausweisen zu können. Fragen bleiben, Unterschiede bestehen, aber ich habe Zeugnisse von dem gehört, was Gott im Leben anderer Menschen wirkt, und das hat mein eigenes Glaubensleben bereichert.

Lernen von einem katholischen Ordensmann, Pater Anselm Grün

Anselm Grün inspiriert mich seit einigen Jahren durch seine Bücher in denen er Lebensthemen wie Selbstannahme, Sexualität, Seelsorge und vieles mehr thematisiert. Mich fasziniert wie es ihm gelingt biblische Weisheiten mit psychologischen Erkenntnissen zu verbinden und auf eine gut verständliche Art dem modernen Zeitgenossen nahe zu bringen.

Da ich von Jugend auf mit der Erlösungstheologie vertraut bin haben mich vor allem seine Ausführungen zur Schöpfungstheologie angesprochen. Dass ich trotz meiner Sündhaftigkeit ein Teil der Guten Schöpfung Gottes bin, und mein Leben nach Gottes Schöpfungsordnungen gestalten darf, hat meinem Leben neue Weite und Tiefe verliehen. Grüns Ausführungen zu den Heilungsgeschichten in den Evangelien sind heilend, aufrichtend und belebend.

Vor einigen Jahren habe ich ihn auf einem Besuch im Kloster getroffen, wo er geistlicher Leiter einer Rehabilitationsstation für ausgebrannte Pastoren ist. Seine Lebendigkeit und menschliche Wärme verbunden mit einer tiefen natürlichen Jesusliebe war in einem kurzen Gespräch erlebar. Stille, und gesunde erdverbundene Spiritualität erlebte ich neu in einer anderen tiefen Wirkung „Gott ist dort wo mehr Lebendigkeit ist“, diesen Satz aus jenem Gespräch habe ich nicht mehr vergessen.

Datum: 12.06.2003
Autor: Bernhard Wenk
Quelle: online/BewegungPlus

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