Marc Ravalomanana

Was Kirchen von einem Präsidenten aus Madagaskar lernen können

Marc Ravalomanana

Als einen Mann, der seine Glaubensüberzeugung unerschrocken kundtut, beschreibt der Präsident der protestantischen Genfer Kirche den madagassischen Präsidenten Marc Ravalomanana. Die Schweizer Kirchen könnten von diesem Vorbild lernen, sich wieder aktiver am politischen Leben zu beteiligen und mit dem Staat eine Partnerschaft einzugehen.

Zu einer privaten Audienz mit führenden Persönlichkeiten der Genfer Kirche ist am 26. Januar der Präsident des ostafrikanischen Inselstaates Madagaskar mit sechs Ministern in der Genfer Kathedrale erschienen. Mit diesem Besuch markierte der Präsident, dass ihm der christliche Glaube auch für die Politik ganz entscheidend sei.

Ins Gästebuch der Kathedrale schrieb Ravalomanana: "Es ist der Glaube, der Berge versetzt." Von diesen Bergen habe er mit seinen Gastgebern auch gesprochen, sagt Joël Stroudinsky, Pfarrer und Präsident der "Eglise Protestante de Genève". Gespürt habe man die grosse Sorge des Präsidenten über die Armut in Madagaskar und den Willen, das Möglichste dagegen zu unternehmen, sagt Stroudinsky.

Ravalomanana sei entschlossen, mit wirtschaftlichen Reformen die ärgsten Probleme im Inselstaat, etwa in den Bereichen Grundversorgung für alle Familien, Bildung oder Gesundheitswesen, entschieden anzugehen. In dieser heiklen Situation brauche Madagaskar auch die Unterstützung der Schweizer Kirchen. Die Westschweizer protestantischen Kirchen sind über die "Communauté Evangélique d’Action Apostolique (CEVAA), einem Zusammenschluss von ehemaligen Missionswerken und Lokalkirchen in Europa Afrika und Ozeanien, mit der protestantischen Kirche in Madagaskar verbunden.

Der Genfer Kirchenchef beschreibt Ravalomanana als sehr herzlich und fröhlich, zugleich auch mit festen Überzeugungen und einer vornehmen Reserviertheit. Es sei ein Mann, der grosses Vertrauen einflösse, sagt Stroudinsky. Dieser Persönlichkeit sei es auch gelungen, das politische Klima auf Madagaskar in kurzer Zeit vollständig zu verändern. Nach den Spannungen um die Präsidentschaftswahlen im Dezember 2001 herrsche heute ein friedliches Miteinander. Bei der Lösung des Konfliktes spielten auch die christlichen Gemeinschaften – Madagaskar ist vorwiegend christlich mit etwa gleich vielen Katholiken und Protestanten – eine bedeutende Rolle. Viele Christen unterstützten mit friedlichen, aber entschiedenen Aktionen den demokratisch gewählten Präsidenten in den heikelsten Phasen der Auseinandersetzung. Ravalomana ist selber Vize-Präsident des grössten protestantischen Kirchenbundes in Madagaskar.

Aus der Haltung der madagassischen Kirche könnte auch die Schweizer Kirche lernen, meint Stroudinsky. Lernen nämlich, dass sie auch einen klaren öffentlichen Auftrag hat. Die Kirche müsse mit dem Staat ein partnerschaftliches Verhältnis eingehen. Es gelte einen Dialog zu führen, der sowohl kritisch als auch konstruktiv sei. Die Gesellschaft in der Schweiz könne nicht mehr lange damit fortfahren, die Kirchen zu marginalisieren, ist der Genfer Pfarrer überzeugt. Dass die grosse Politik auch die Gefühle eines Volkes ausdrücken kann, bewies Ravalomanana im weniger förmlichen Abschluss des Treffens. Er sang den rund 40 Anwesenden ein madagassisches Lied vor.

Datum: 14.02.2003
Quelle: idea Schweiz

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