Wetzlar

Grosser Arbeitsmarkt für Prediger

Pfarrer in Action

Die Ausbildung an Bibelschulen und evangelikalen Theologischen Seminaren findet wieder ein stärkeres Interesse. Die Zahl der Studenten in der Schweiz und Deutschland stieg im Studienjahr 2002/2003 auf 2.546, ein Zuwachs gegenüber dem Vorjahr um 13 Prozent (2.254). Dies ergab eine Umfrage bei 46 theologischen Ausbildungsstätten.

Der Sprecher der Konferenz Missionarischer Ausbildungsstätten (KMA) und Direktor der Evangelistenschule Johanneum in Wuppertal, Pfarrer Burkhard Weber, erklärt sich die steigenden Zahlen unter anderem mit der Zunahme freier Stellen. So habe der CVJM Bayern mit seinen “Missio-Points” (Missions-Stützpunkt) erfolgreich zusätzliche Stellen geschaffen in Regionen, wo bisher noch keine CVJM-Arbeit existierte. Weber sieht bei den jungen Leuten in der missionarischen Jugendarbeit auch wieder eine grössere Bereitschaft zum Dienen: “Man fragt nicht mehr zuerst: Wie viel verdiene ich?” Die Absolventen des aus der Gemeinschaftsbewegung hervorgegangenen Johanneums finden Arbeitsplätze in Kirchengemeinden, Gemeinschaften und Jugendwerken wie dem CVJM, dem Jugendbund “Entschieden für Christus” (EC) und dem Evangelischen Jugendwerk. Nach wie vor stelle sich die Frage, welche Zukunft die Kirche dem Berufsstand des nicht-pfarramtlichen Verkündigungsdienstes einräume, so Weber. Zwar habe sich die biblische Vorstellung, dass es in den Kirchengemeinden neben Pfarrern auch Evangelisten geben solle, leider nicht durchgesetzt, doch stehe dieses Thema weiterhin auf der Tagesordnung für die Zukunft der Kirche.

Ursachen des Umschwungs

Auch der 2. Vorsitzende der Konferenz Bibeltreuer Ausbildungsstätten, Wilhelm Faix (Theologisches Seminar Adelshofen), sieht gute Berufschancen für evangelikale Theologen. Fast überall fehlten Prediger und Pastoren. Bei den Seminaren und Bibelschulen habe nach einem Einbruch bei den Studienanfängerzahlen ein Umdenken eingesetzt. So würden die Lehrpläne stärker auf die Bedürfnisse einer neuen Generation ausgerichtet. An vielen Orten gebe es inzwischen Fächer, in denen es um die persönliche Begleitung und Ausbildung gehe. Auch die Gemeindepädagogik gewinne an Bedeutung. Zur Werbung neuer Studenten hätten viele Ausbildungsstätten stärkeren Kontakt mit den Gemeinden aufgenommen, Schnuppertage eingerichtet und ihre Internet-Präsenz ausgebaut. Die Absolventen des Seminars in Adelshofen gingen etwa zu je einem Drittel in die Kirche, zu freien Werken und in die Mission.

Grösster Zuwachs: FTA

Den grössten Zuwachs seit den 80er Jahren verzeichnet die Freie Theologische Akademie (FTA) in Giessen. Dort nahmen 41 Studenten das Studium auf. “Es hat sich herumgesprochen, dass grosser Bedarf an Theologen besteht”, so Rektor Helge Stadelmann. Die FTA habe mit einem klaren theologischen Profil und Perspektiven für den Gemeindeaufbau offenbar überzeugt. Die Studenten kommen etwa je zur Hälfte aus Landes- und Freikirchen; das Spektrum reicht von “konfessionell-lutherisch bis baptistisch, von anticharismatisch bis charismatisch”. Die Auseinandersetzung mit anderen Prägungen helfe den Studenten, ihr eigenes konfessionelles Profil zu schärfen. Der Berufsweg führt FTA-Studenten etwa je zu einem Drittel in Landeskirchliche Gemeinschaften, Freikirchen und Missionswerke. Michael Girgis, Studienleiter-Assistent des Instituts für Gemeindeaufbau und Weltmission (Zürich), sieht die Ursache für den Anstieg an seiner Ausbildungsstätte unter anderem in einer umfassenden Studienreform, die auch höhere Abschlüsse ermögliche. Das IGW verzeichnet mit 155 Studenten im Diplomstudiengang einen Höchststand. Fast gleich blieb die Studentenzahl den Ausbildungsstätten der Freikirchen.

Bibelschule in Siegen?

Die theologische Debatte um Bibeltreue innerhalb der evangelikalen Ausbildungsstätten wird massvoll fortgesetzt. Soeben hat FTA-Rektor Stadelmann das Buch “Liebe zum Wort – Das Bekenntnis zur biblischen Irrtumslosigkeit als Ausdruck eines bibeltreuen Schriftverständnisses” herausgegeben, das die Debatte erneut aufnimmt. Die einzige berufsqualifizierende evangelikale Bibelschule in Österreich, die Calvary Chapel Bibelschule Millstadt, hat ihren Sitz nach Ungarn verlegt. Man plane jedoch die Eröffnung einer neuen Bibelschule für den deutschsprachigen Raum in Siegen, so ein Sprecher. Die Calvary Chapel (Golgatha-Kapelle) ist aus der Jesus-People-Bewegung in den USA entstanden und zählt etwa zehn Gemeinden in Deutschland. In Siegen bietet sie sonntags vier Gottesdienste an. Sie zählen zu den am besten besuchten im südlichen Westfalen.

Datum: 07.11.2002
Quelle: idea Deutschland

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