«Naher Osten braucht Christen»

Jesiden finden Jesus im Flüchtlingslager

In den vergangenen Monaten haben Hunderte Iraker vom Volksstamm der Jesiden zum Glauben an Jesus Christus gefunden. Orientexperte Martin Tamcke betont, wie wichtig die Christen für die Region sind.
Jesiden finden Jesus in einem Flüchtlingslager.
Martin Tamcke

Viele Iraker, die vor der IS flüchten, erfahren in Flüchtlingslagern vom christlichen Glauben und wenden sich zu Jesus hin (Livenet berichtete). Darunter sind vor allem Jesiden, ein kurdischer Volksstamm aus der bergigen Grenzregion zur Türkei. Da sie bisher so verstreut in den Bergen lebten, konnten die einheimischen Missionare früher kaum Kontakt zu ihnen aufnehmen.

80 Familien zum Glauben gekommen

Ali*, der Leiter eines irakischen Missionsdienstes, erzählt, dass 70 Prozent der Menschen, die in den Lagern zum Glauben kommen, Jesiden sind. «Als sie aus ihrer Heimatregion vertrieben wurden, gingen sie in den Süden nach Dohuk und Erbil», berichtet Ali. «Es war bisher für uns zu weit und zu schwierig, diese Menschen zu besuchen, und so brachte der Herr sie einfach zu uns.»

Das Jesidentum ist eine Mischung aus traditionellen Lehren sowie Elementen des Christentums und des Islams. Nachdem die IS im vergangenen August 500 Jesiden in der Stadt Sindschar umbrachte, flohen Hunderte in den Süden. In den Flüchtlingslagern sind in den vergangenen sechs Monaten 80 Jesiden-Familien zum Glauben an Jesus Christus gekommen, wobei jede Familie aus sieben bis zehn Personen besteht.

«Wie kann ich ein Missionar werden wie du?»

Einer der Jesiden ist der 15-jährige Shirkahn. Seine zwei Schwestern wurden von der IS gekidnappt, sein Vater ist wegen eines IS-Angriff gelähmt. Mit Schuheputzen versucht Shirkahn, mit seinen Eltern im Lager zu überleben. Als Ali* den Jungen traf, hatte dieser vier Tage lang nichts gegessen. «Wir redeten mit seiner Mutter und seinem Vater», erzählt Ali*. «Wir beteten mit ihnen und erzählten ihnen, dass Jesus heilen kann. Sie gaben ihr Herz sofort Jesus. Und Shirkahn war so begeistert von unserer Arbeit, dass er direkt fragte: 'Wie kann ich ein Missionar werden wie du und den Menschen helfen?' Auch Shirkhan gab sein Leben Gott und betete mit uns.»

Die Menschen, die wie Shirkahn und seine Familie zum Glauben kommen, werden mit Zeltkirchen in Kontakt gebracht oder besuchen bereits etablierte Gemeinden. Dort treffen sich nun Menschen mit unterschiedlichsten Traditionen und Hintergründen, um gemeinsam Gott anzubeten. 

«Nur mit Christen gibt es Zukunft»

Wie wichtig die Christen für den Nahen Osten sind, betonte der evangelische Theologe und Orientexperte Martin Tamcke gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. «Wenn diese Region eine Zukunft haben soll, dann braucht sie die Christen», sagte Tamcke am Montagabend in Köln. Nachdem die Juden, Jesiden und Bahai aus der Region vertrieben worden seien, drohe nun auch das Ende des christlichen Erbes. Damit gehe den Gesellschaften ein wichtiges Element für ihre Entwicklung verloren. Christen unterschiedlicher Konfessionen hätten auch durch die Gründung von Zeitungen, Theater und Universitäten eine grosse Rolle in der Kultur und Politik des Nahen Ostens im 19. und 20. Jahrhundert gespielt, so der Göttinger Theologieprofessor.

*Name aus Sicherheitsgründen von der Redaktion geändert

Datum: 11.02.2015

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