UN-Ausschuss äussert Bedenken

Gottesdienstbesuch soll Kinderrechte verletzen

Wenn Kinder zum Besuch eines Schulgottesdienstes verpflichtet würden, sei dies eine Verletzung der Menschenrechte, warnte ein britisches Komitee der Vereinten Nationen. Verantwortliche aus Kirche, Politik und Presse nahmen diese Verlautbarung kontrovers auf.
Menschen vor Kirche
Redaktor Hauke Burgarth

In seinem fünften regelmässigen Bericht stellte der britische UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes unter anderem fest, dass britische Schüler an staatlichen Schulen nicht überall das Recht haben, Schulgottesdiensten fernzubleiben. Das Komitee äusserte deshalb in seinem Bericht Bedenken, dass dieser Zwang, «an einem täglichen gemeinsamen Gottesdienst teilzunehmen, der völlig oder hauptsächlich christlicher Natur ist», den Menschenrechten widersprechen könne.

Jubel in der säkularen Bewegung

Die «National Secular Society» (NSS), eine humanistische Vereinigung, hatte schon seit längerer Zeit darauf hingewiesen, dass verpflichtende Schulgottesdienste der «Meinungs-, Wissenschafts- und Religionsfreiheit» widersprächen. Ihre Eingaben an staatliche Stellen seit 2011 wurden allerdings regelmässig abgelehnt. Umso erfreuter zeigte sich Keith Porteous Wood, Direktor der NSS, über diesen Erfolg: «Wir freuen uns, dass der UN-Ausschuss unsere Behauptung bestätigt hat, dass die britischen Gesetze, die den Gottesdienst verordnen, gegen die Rechte junger Menschen verstossen. Unsere 70 Jahre alten Statuten über gemeinsame Gottesdienste stammen aus der Zeit vor den Menschenrechtserklärungen. Sie erkennen nicht an, dass auch Schüler solche Rechte haben. Ich hoffe, dass die Unterstützung unserer langjährigen Bedenken durch die UN … ein Weckruf an die Regierung sein wird, unsere veraltete Gesetzgebung zu ändern. Gesetze, die Gottesdienste regeln, stehen der Religionsfreiheit gegenüber und überschreiten die rechtliche Kompetenz eines Staates.»

Scharfe Kritik von christlicher Seite

Der konservative Abgeordnete David Burrowes nennt die UN-Kritik «lächerlich». Seiner Meinung nach sollte die Regierung «diese Art von Berichten respektvoll dorthin werfen, wohin sie gehören, in den Mülleimer». Versöhnlicher erklärte er dem Telegraph: «Gemeinsame Schulgottesdienste sind keine Indoktrinationsübungen. Sie erkennen und respektieren das christliche Erbe unseres Landes und geben den Leuten die Möglichkeit zum Nachdenken.» Anschliessend gab er die Kritik an den britischen Schulgottesdiensten zurück an die Vereinten Nationen: «Die UN sollten mehr Zeit damit verbringen, ihre eigentlichen Aufgaben zu erfüllen. Sie sollten Kriege und Völkermord verhindern, anstatt ihre Nase in die Klassenzimmer anderer Länder zu stecken.»

Kommentar:

Unangebrachte Aufregung

berührt der Bericht des UN-Ausschusses ein für alle Beteiligten sensibles Thema. Allerdings scheinen ihm weder die jubelnde noch die kritische Bewertung wirklich gerecht zu werden. Seine humanistischen Befürworter haben jetzt zwar einen weiteren Fürsprecher für ihre Position gewonnen, doch ist der Bericht in keinerlei Weise rechtlich bindend. Auch bleibt bei ihrer Kritik der angeblichen religiösen Beeinflussung offen, dass eine Teilnahme an Schulgottesdiensten auch jetzt schon unterbleiben kann. Die Gegner des Berichts dagegen stellen ihn vielfach als gezielten Angriff gegen christliche Werte dar, ohne darauf einzugehen, dass die Stellungnahme zu den Schulgottesdiensten ein sechszeiliger Abschnitt in einem 24-seitigen Dokument ist, in dem viele auch aus christlicher Sicht sehr wertvolle Inhalte thematisiert werden (Umgang mit Gewalt und Missbrauch …). Und dass man in England frühestens ab der Oberstufe selbst entscheiden kann, ob man an Schulgottesdiensten teilnehmen möchte, ist aus Schweizer oder deutscher Sicht durchaus ein Anachronismus.

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Datum: 03.07.2016
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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