Brücken bauen zum Überleben und zum ewigen Leben

Judith Jäggi: Schwangerschafts- und Säuglingskontrolle war ein wichtiger Teil ihrer Arbeit
Hebammenausbildung mit einfachsten Mitteln
Guinea ist 6 mal so gross wiedie Schweiz bei gleicher Einwohnerzahl
Schwangerschaftskontrolle mit dem Zentimeter, den Händen und dem Holzstethoskop
Impfaktion in Guinea

Die Schweizer Allianz Mission (SAM) arbeitet seit zwanzig Jahren in der ehemals französischen Kolonie Guinea. Etwa 1% der Bevölkerung sind inzwischen evangelische Christen, 85 % Moslem. Seit den Rebellenangriffen im Herbst 2000 in Guinea kam es von seiten der animistischen Bevölkerung (13%) zu einer bis heute anhaltenden Christenverfolgung in der Präfektur von Macenta. Nachdem zuerst viele Christen vom Glauben abfielen, ist die Kirche inzwischen wieder am Wachsen. Die Arbeit der einheimischen Pastoren ist seitdem schwieriger geworden, aber nicht weniger wertvoll.

Guinea ist eine ehemalige französische Kolonie. Sie ist sechs mal so gross wie die Schweiz und hat etwa die gleiche Einwohnerzahl. Die SAM arbeitet in Partnerschaft mit der evangelisch-protestantischen Kirche und dem Gesundheitsministeriums Guineas in verschiedenen Bereichen zusammen. In Conakry und Kissidougou ist je ein Missionar am theologischen Institut, respektive an der Bibelschule tätig. Dazu engagieren sie sich in der Leiterausbildung für die Kirchen. In der Gebirgsgegend hat die SAM vor 1,5 Jahren ein Pionierprojekt unter dem Volk der Peul begonnen. Die medizinische Arbeit ist vor allem in Macenta beheimatet und deckt das ganze Waldgebiet ab, welches etwa die Oberfläche der Schweiz besitzt.

Engagement im Gesundheitsdienst

Mit siebzehn staatlichen Gesundheitszentren und rund dreissig staatlichen Gesundheitsposten sowie einem Zentrum in Macenta zur Behandlung von Lepra, Tuberkulose und Behinderungen hat die SAM in den letzten Jahren in der Präfektur Macenta eine eigentliche medizinische Versorgung für die dortigen Bevölkerung aufgebaut. Das Missionsspital umfasst 90 Betten und es werden täglich 100-200 Patienten in der ambulanten Sprechstunde behandelt. Dabei haben die Kranken auch die Gelegenheit das Evangelium zu hören. Mit Hilfe von auswärtigen Geldgebern können pro Jahr etwa 750 Lepra- und 1000 Tuberkulosepatienten in der ganzen Waldregion gratis behandelt werden. Mit dieser Arbeit baut die Mission Brücken zu einer besseren Gesundheit, zu einem besseren Leben und zum ewigen Leben.

Gesundheitlicher Notstand

In der Regenzeit kam es immer wieder vor, dass junge Frauen auf der Strasse starben, wenn sie wegen eines Kaiserschnittes in die Stadt mussten und beim Transport stecken blieben. Dank Ausbau der medizinischen Versorgung vor Ort konnten schon viele Leben gerettet werden. Ausserdem gewann die SAM dadurch das Vertrauen der Einheimischen und konnte sie gleichzeitig mit dem Evangelium bekannt machen. Im Laufe der Jahre kamen immer mehr Moslems zum christlichen Glauben. Wenn sich ein Moslem bekehrt, wird er nicht von Staates wegen verfolgt, ins Gefängnis gesteckt oder mit dem Tode bedroht. Offiziell herrscht Religionsfreiheit. Aber eine soziale Verfolgung und Verstossung aus der Familie findet immer statt. Trotzdem sind heute in Guinea dreizehn Einheimische im Auftrag der guineischen Kirche als Missionare unter noch unerreichten Völkern tätig. Sie bringen der Bevölkerung das Lesen bei, besuchen Gefängnisse und verbreiten das Evangelium .

Immer noch hohe Sterblichkeitsrate

Noch heute stirbt jede hundertste Frau bei der Geburt in Guinea und über 15% der Kinder erreichen nicht das erste Lebensjahr, sei es aufgrund von Fehlernährung oder Krankheit. Judith Jäggi war für die SAM im staatlichen Basisgesundheitswesen tätig. Unter anderem leitete sie eine Druckerei, in der medizinische Dokumente gedruckt wurden und nebenbei auch ein Kalender mit Bibelversen, der an die Mitarbeiter und Behörden verteilt wurde und immer sehr gut ankam. Nebst dem Ausbau eines bestehenden Gesundheitszentrums zu einem Kleinspital, Seminaren für Krankenpfleger, Buchhaltung und viel Büroarbeit, bildete sie Dorfhebammen aus, um eine bessere Versorgung der Schwangeren zu garantieren. Bis anhin waren die Dorfhebammen alte Frauen, die ihre Erfahrungen weitergaben und den Frauen während der Geburt zu Hause beistanden. Sie besassen aber keine strukturierte Ausbildung, wussten wenig Bescheid über Hygenie, richtige Ernährung der Schwangeren und des Säuglings sowie fachgemässe Geburtshilfe. Mittels einer guten Geburtshilfe können diese Frauen in Zukunft helfen, weitere Todesfälle zu verhindern.

Zerstörung und Tod

In den Gesundheitszentren und -posten herrschte immer viel Betrieb aber trotzdem eine friedliche Atmosphäre. Doch eines Sonntagmorgens war es vorbei mit der Ruhe und dem Frieden. Plötzlich flogen Geschosse um die Häuser und landeten in den Büschen und auf den Dächern. Seit Jahren wussten die Missionare in Macenta, dass die Dörfer an der Grenze zu Liberia immer wieder angegriffen wurden. Denn es herrschte dort Krieg. Nun griffen die Rebellen auch in Macenta an. Die Bevölkerung floh. Drei Stunden nach Beginn der Schüsse erfuhr das Spitalteam, dass einer der guineischen Ärzte des Missionsspitals getötet worden war. Das war nicht irgendein Arzt. Es war der einzige gläubige Arzt und Mitglied der dortigen Spitalleitung. Dieser sollte einst der erste guineische Direktor dieses Spitals werden. Warum hatte Gott dies zugelassen, fragte sich das Team.

Nur wenige blieben...

Am Tag nach dem Angriff wurden die Familien, welche gehen konnten evakuiert. Nur sechs Missionare zurück. Dazu gehörte auch Judith Jäggi. Noch am Nachmittag brachte einer der wenigen noch verbliebenen Krankenpfleger des Missionsspitals seine Frau, welche seit über 24 Stunden Wehen hatte, zur Behandlung herbei. Im staatlichen Spital war alles Personal geflohen. So wurde die junge Frau im Lepraspital aufgenommen und sofort für ein Kaiserschnitt vorbereitet. Die Gebärmutter war zerrissen. Das Kind war schon tot, aber die Frau konnte gerettet werden. Vier Tage nach dem Angriff befahl die französische Botschaft, allen verbliebenen Missionaren, die Region zu verlassen. Wegen zahlreicher Strassensperren benötigten sie vier Stunden für die drei Kilometer lange Strecke bis zum Stadtrand. Sie wussten damals nicht, ob sie je wieder zurückkehren würden. Warum hatte Gott dies zugelassen? Diese Frage begleitete sie in dieser bangen Zeit. Aber sie wussten, Gott ist ein Gott der Liebe und in der Bibel steht (Römerbrief, Kapitel 8,Vers 28): "Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind."

Durch das Feuer geläutert

In der gleichen Zeit kamen die Christen in den grenznahen Dörfern unter Druck durch einheimische Zauberer. Viele kamen vom Weg ab und liessen sich gegen die feindlichen Kugeln durch eine so genannte "Kugelschutz-Impfung" schützen. So dienten sie nicht mehr Jesus, sondern einem anderen Herrn. Viele standhafte Christen wurden geschlagen, ins Gefängnis gesteckt und zu Bussen verurteilt. Dies geschieht leider auch heute noch. Durch die Christenverfolgung wurde die Kirche in ihren Grundfesten erschüttert. Aber sie wurde auch gesiebt. Denn viele hatten ein Gemisch von Christentum und Animismus ausgeübt. Unter dem Druck und durch das Zeugnis der Liebe untereinander ist die christliche Kirche wieder am Wachsen und die Neubekehrten haben eine festere Basis im Glauben gewonnen. Wer sich in der Verfolgungszeit bekehrte, musste sich sicher sein, warum er es tat. In Dörfern, welche seit Jahrzehnten völlig verschlossen waren, kam es zu Bekehrungen von zum Teil wichtigen Leuten, sogenannten Schlüsselpersonen. Die Pastoren haben gemerkt, dass sie eine zu grosse Betonung auf Evangelisation gelegt hatten und dabei die Nacharbeit und regelmässige Lehre vernachlässigten. Dies ist nun zu einem neuen Schwerpunkt geworden, nicht nur im Gottesdienst am Sonntag, sondern auch unter der Woche. So hat sich die Verfolgung in Segen verwandelt.

Treue Mitarbeiter im Dienst für andere

Während dieser schwierigen Zeit durften die Missionare die Treue und Ehrlichkeit ihrer Mitarbeiter in eindrücklicher Weise erleben. Über sechs Wochen waren sie ausserhalb Macenta. Doch hatten die Angestellten des Spitals während ihrer ganzen Abwesenheit jeden Tag gearbeitet, ohne kontrolliert zu werden. Es wäre für sie ein Leichtes gewesen, die Häuser der Missionare auszurauben, Feuer zu legen und es den Rebellen in die Schuhe zu schieben. Nichts, aber auch gar nichts fehlte bei deren Rückkehr.

Das Wirken Gottes

Haben Sie sich auch schon gefragt: Warum Gott gewisse Dinge - wie Kriege, Katastrophen, Krankheiten, Todesfälle - zulässt? In der Bibel heisst es: "Denn unser Wissen und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören. … Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise, dann werde ich erkennen, wie ich erkannt bin."

Manchmal erlaubt Gott schon heute, ein klein wenig von Seinem Plan und Seiner Sicht der Geschichte zu erhaschen. Dann sehen die Dinge plötzlich ganz anders aus. Der Herr liess die Rebellenangriffe auf Macenta und den Tod des guineischen Arztes zu, um Seinen Plan zu erfüllen. Der Arzt war der einzige Christ in seiner Familie und seit langem betete er für deren Errettung. Später erfuhren die Missionare, was sich bei seiner Beerdigung zugetragen hatte. Die Familie wollte den Leichnam nehmen und eine animistisches Begräbnis mit Tieropfern und speziellen Ritualen durchführen. Der anwesende Pastor der evangelischen Kirche jedoch hinderte sie daran und fragte sie, ob er ihnen erzählen dürfe, was der Verstorbene glaubte. Alle waren bereit zuzuhören. So konnte der Pastor frei das Evangelium verkünden und mehrere Familienmitglieder bekehrten sich noch an selben Tag.

Eines Tages werden wir alles verstehen. Am Tagt der Wiederkunft Jesu, an diesem Tag werden alle, die Gott lieben, die nach Seinem Ratschluss berufen sind, mit Ihm sein und die Antworten auf alle Fragen erhalten, sagt Apostel Paulus in der Bibel. An diesem Tag werden wir wissen, mit welch' grosser Liebe der Herr alles geplant hat.

Gott lässt Veränderungen zu

Auch im Leben von Judith Jäggi erlaubte Gott Veränderungen, die sie im Moment nicht verstehen kann. Das Projekt im staatlichen Basisgesundheitswesen ging zu Ende. Und so kehrte Judith Jäggi nach ihrem 4-Jahres-Term in die Schweiz zurück. Die Türe für einen weiteren Einsatz in Guinea ging zu, dafür öffnete sich eine neue. Schon bald erhielt sie wieder einen Ruf in die äussere Mission. Ein neuer Dienst wartet jetzt auf sie. Judith Jäggi hat sich bei einer anderen Missionsgesellschaft beworben für eine Arbeit in ihrem Missionsspital. Dort könnte sie in ihrem angestammten Beruf als Ärztin arbeiten und als Missionarin treu Gott weiter dienen.

Denn das Ziel aller missionarischen Arbeit ist der Bau von Brücken zum ewigen Leben.

Bericht von Judith Jäggi, SAM-Mitarbeiterin

Webseite: www.sam-ame.org/

Datum: 16.12.2002
Autor: Antoinette Lüchinger
Quelle: Livenet.ch

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