Forum Pneumatologie

Der Geist treibt zur tätigen Liebe

Im Rahmen des "Forums Pneumatologie" auf St. Chrischona plädierte der promovierte Heilpädagoge Markus Müller für eine "Lehre der Liebe" in Zusammenhang mit dem Wirken des Heiligen Geistes. Liebe werde als Option und nicht Bestandteil des christlichen Glaubens gesehen. Im kulturellen Erbe Europas fehle eine Brücke vom Glauben zum Alltag. Diese Lücke gelte es zu füllen.
Glauben, Hoffnung Liebe bleiben. Die Liebe aber ist die grösste unter ihnen. (1. Korinther13,4).
Laut Müller fehlt in unserem kulturellen Erbe weithin eine Brücke zwischen Glaube und Alltag.

Das «Forum Pneumatologie» wurde geschaffen, um vertieft über moderne Phänomene in der charismatischen Bewegung nachzudenken. Dem Forum gehören landes- und freikirchliche Theologen an. Zum ersten Mal fand es 1995 in Davos statt. Seither gab es fünf solcher Treffen.

Christliches Denken ist im Wesentlichen verheissungsorientiert und nicht problemorientiert so Markus Müller. Es gebe aber einige wenige Bereiche, wo es sich lohnt, problematische Schwachpunkte innerhalb des evangelischen Erbes genau zu benennen.

Liebe als Option

Ein Schwachpunkt im evangelischen Raum bildet laut Müller die Loslösung der Glaubensfrage von der Frage der Liebe. Liebe - und damit die Art, wie man lebt - wird als Option, nicht aber als Bestandteil des christlichen Glaubens gesehen. In Predigt, Evangelisation und Theologie wird der Glauben thematisiert und aufgezeigt was richtiger und falscher Glaube ist. Wenigsten meint man es zu wissen. Was die Liebe betrifft, so wird den Glaubenden überlassen, was sie unter Liebe verstehen und leben wollen. Theologie der Liebe ist rar. ".

Wird die Liebe trotzdem zum Thema einer Predigt gemacht, so begnügt man sich laut Müller mit der selbstverständlich erscheinenden Forderung, dass "man Liebe üben soll", und dass Lügen, Stehlen oder Töten dem Gebot der Liebe entgegenstehen. Die Liebe wird in ihrer Negation dargestellt. Was kaum geschieht, sei die Vermittlung eines positiven Entwurfs der Liebe sowie die Schilderung der Dramatik ihres Fehlens. Wenn man Matthäus 25 liest, wo im Endgericht nicht der "richtige Glaube", sondern vielmehr das rechte Tun entscheidend sein wird. Stelle sich hier die Frage, ob der Heilige Geist nicht ganz neu das Feld der Liebe beleben möchte.

Müller fragte sich, ob man im neu begonnenen Jahrhundert sich nicht ganz neu dieser Herausforderung zu stellen habe. Der Heilige Geist, belebe nicht nur den christlichen Glauben und heile, was verwundet ist, sondern führe Christen in den Dienst der Liebe am Mitmenschen, an Ort und Stadt, an Land und gar Kontinent und darüber hinaus.

Die Brücke von Glauben zum Alltag

Laut Müller fehlt in unserem kulturellen Erbe weithin eine Brücke oder Scharnier zwischen Glaube und Alltag. Das Verhalten im Alltag falle in die Beliebigkeit des Einzelnen. Man fühle sich schnell angegriffen, wenn jemand sich in unsere Lebensweise einmische. Als Brücke versteht Müller die eigene Gesinnung, Überzeugung oder innere Grundhaltung der Werte und unseres Welt- und Gottesbildes. Diese bilden die Basis christlicher Mündigkeit im Sinne von Epheser 4.

Wenn man nach den tragenden Werten des Abendlandes fragt, stosse man leicht auf die beiden: "Wahrheit", die frei macht, und "Fürsorge" im Sinne von Barmherzigkeit oder Diakonie. Wenn das eigene Leitbild nach Müller nicht durch solche weltanschaulichen Grundpfeiler bestimmt ist, stehen Christen auf wackeligen Füssen. Klammert man Lebensweise und Grundüberzeugung aus, verkommt der christliche Glaube schnell zur metaphysischen Platonik, die sich den Vorwurf der Weltfremdheit gefallen lassen muss.

Redet man andererseits nur über Verhaltensweisen, ohne die dahinter liegende Überzeugung zu beachten, endet man in Kontrolle und Misstrauen. Nicht Moral und Pflichterfüllung seien die Defizite der kommenden Zeit, sondern das fehlende Wirken des Heiligen Geistes über unser Herz hinaus in unser Denken, unser Handeln, in unsere Werte und Überzeugungen, unsere Lebensentwürfe und Gesellschaftsvorstellungen hinein.

Es bedarf einer "Lehre der Liebe"

Unsere Kultur bedarf laut Müller einer Offensive in der Thematisierung der Liebe und im Bereich der Überzeugungen und Werte. Als Christ sollte man sich neu fragen, wie man denn lieben soll. Christen brauchen wieder eine Lehre der Liebe, die nicht Zusatz, sondern Bestandteil des Glaubens ist. Das bewirke der Heilige Geist. Doch gehe es nicht ohne jeden Einzelnen. Die Art, wie man lebt, sollte unter den Christen wieder zum vordringlichen Thema werden. Dass man solches im Zusammenhang mit dem Wirken des Heiligen Geistes thematisiert, ist laut Müller die einzigartige Chance der Christen. Damit bekäme wohl auch in Europa der christliche Glaube wieder eine Chance.

Die Verheissung und Chance

Wieso nicht die Bibel ganz neu von der Verheissungsseite her lesen? Zum Beispiel Jesaja 58. Christen gehen oft von einer rein dogmatisch-korrekten oder aber moralisch aufgeladenen Fragestellung an die Bibel heran. Das sei zu einseitig, um miteinander gesellschaftlich-soziale Verantwortung zu gewinnen. Die sogenannte "Frankfurter-Schule" liefert laut Müller das letzte dramatische Beispiel dafür, wie zukunftsgerichtetes Denken gesellschaftliche Veränderung bewirken kann. Etwa mit der Leitfrage: Welche Gesellschaft wollen wir?

Könnte man nicht fragen: Wollen wir die von Gott verheissene Gesellschaft? Welche Schritte müsste man vor solchen Hintergründen gehen? Jesaja 58 gibt dazu hilfreiche Impulse: z.B. Beseitigt jede Art von Unterdrückung ...

Autor: Markus Müller, Antoinette Lüchinger

Datum: 06.11.2003
Quelle: Bausteine/VBG

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