Auch wenn sie leidet
Das Team von Harold Koenig hat sämtliche bis zum Jahr 2000 veröffentlichten Studien in englischer Sprache, die Religion und seelische Gesundheit in Beziehungen bringen, erfasst. Ausser in Bereich von Angsterkrankungen (bloss die Hälfte) ergaben die meisten Forschungen, dass religiöse Menschen gesünder leben, weniger erkranken und eher, rascher und besser genesen als Menschen, die ohne Gott durchs Leben gehen und in keine Glaubensgemeinschaft eingebunden sind.
Schwerwiegende Folgen von Freuds Nein zur Religion
Die Zahl der Studien, die Koenig registrierte, hat sich innert 15 Jahren vervierfacht und der Trend ist ungebrochen (2900 wissenschaftliche Artikel allein in den Jahren 2000-2005!). Dass die Wissenschaft den Faktor Spiritualität erst entdeckt, hat mit ihren überholten antireligiösen Voraussetzungen zu tun. Der Referent verwies auf den „gewaltigen Einfluss“ von Sigmund Freuds Religionsverständnis, das Generationen von Psychiatern beidseits des Atlantiks prägte. Der Atheist und Vernunftmensch Freud glaubte, dass Religion als verhängnisvolle Illusion dem Menschen Freiheit und Selbstbestimmung vorenthält.
Am Anfang waren die Quäker
Die Psychiatrie im Fahrwasser Freuds wollte mit Religion nichts zu tun haben und schloss Seelsorger aus den Kliniken aus. (In der Geschichte hatten religiöse Gruppen wie die Quäker als erste Geisteskranke adäquat behandelt.) Im Zeichen von Fortschritts- und Vernunftgläubigkeit wurden krankmachende Aspekte von Religiosität (Angst, Neurosen, Abgehobenheit) hervorgehoben, Positives ausgeblendet. In den letzten Jahrzehnten hat in den USA jedoch ein Paradigmenwechsel stattgefunden.
Europäische Forscher im Kommen
Auch in Europa werden die Zusammenhänge neuerdings eher wahrgenommen. René Hefti, der Leiter der Psychosomatik an der SGM-Klinik in Langenthal, hatte für den Nachmittag drei Forscher eingeladen. Der Holländer Arjan Braam untersucht, was Religiosität zur Bewältigung von Altersdepressionen beitragen kann. Die Langzeitstudien deuten auf verschiedene Muster bei strengen Calvinisten, Katholiken und religiös ungebundenen Menschen hin.
Wege der Vergebung
Der Genfer Psychiater Philippe Huguelet fand heraus, dass Schizophrene, denen der Glaube viel bedeutet, oft darüber mit ihren Ärzten nicht reden können. Martin Grabe, Chefarzt der Klinik Hohe Mark in Hessen, stellte Wege der Vergebung vor.
Die Pausen in der Klinik SGM ermöglichten den Teilnehmenden den Austausch mit Fachkollegen und Freunden. Im abschliessenden Podiumsgespräch fragte der Riehener Psychiater Samuel Pfeifer die Referenten, welchen Platz sie der Bibel in ihrer Arbeit geben und wie (und unter welchen Bedingungen) sie Klinikseelsorger einbeziehen.
Webseite der Klinik SGM in Langenthal
Datum: 26.09.2005
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch