Katholiken

Familienseelsorge gehört zum kirchlichen Alltag

Seelsorge muss die konkreten Nöte wahrnehmen

"Die in der Seelsorge Tätigen sollen sich fragen, wie ihre alltägliche Arbeit zum Nutzen der Familien gestaltet werden kann. Vor jeder Aktivität ist ohne Vorurteil die vielfältige Realität zu analysieren." So lauten zwei "Perspektiven" für die kirchliche Familienseelsorge, mit denen sich eine katholische Tagung befasste. "In fast allen Bereichen, in denen Seelsorgerinnen und Seelsorger pastoral handeln, haben sie es direkt oder indirekt mit den Menschen in Familien zu tun." Daran erinnert der erste Satz eines zehn Seiten umfassenden Grundsatzpapiers, das Michael Krüggeler vom Schweizerischen Pastoralsoziologischen Institut (SPI) kürzlich den Delegierten an der 19. Interdiözesanen Koordination (IKO), einem Koordinationsgremium der katholische Kantonalkirchen und Diöszesen, vorlegte.

Im Papier, das aufgrund von Gesprächen mit kirchlichen Familienexperten entstand, wird der zitierte Satz durch das folgende Postulat vertieft: "Eine sinnvolle Familienpastoral besteht nicht vorwiegend sozusagen aus 'Sonderangeboten' für Familien. Es geht vielmehr darum, das alltägliche kirchliche Handeln mit Bedacht und Einfühlungsvermögen immer auch zielgerichtet auf den Kontext der Familien hin zu gestalten."

Um nicht blindem Aktivismus zu verfallen, muss vor jedem Handeln die Analyse der Wirklichkeit stehen, die sich in den letzten Jahrzehnten sehr stark verändert hat und immer pluralistischer geworden ist. Diese Forderung des SPI-Dokumentes wurde zum Beispiel vom St. Galler Ehe- und Familienseelsorger Niklaus Knecht bekräftigt: "An erster Stelle steht das Hinschauen, um die Menschen in ihren recht unterschiedlichen Situationen wahrzunehmen. Wir müssen ihnen mit gütigem Interesse und mit einer Grundhaltung der Achtung und des Respekts vor ihrer Lebensgeschichte begegnen."

Von Experten und Delegierten wurde öfters davor gewarnt, unrealistisch gewordene Ideale zu verkünden und die Gläubigen dadurch zu entmutigen. Eine Gegenposition dazu formulierte Agnell Rickenmann, Generalsekretär der Schweizer Bischofskonferenz. Er betonte die Verpflichtung der Kirche, "den Menschen Ideale vorzuschlagen". Dies könne für sie hilfreich sein. Ähnlich Domherr Christoph Casetti vom Bistum Chur, der sich daran störte, dass bloss von (offenbar veränderbaren) "Werten" geredet werde. Die Kirche habe "die Berufung von Gott", an christliche Ideale wie zum Beispiele Treue zu erinnern.
In den Gruppen- und Plenumsdiskussionen wurde unterstrichen, es genüge nicht, dass Kirchenleute sich abstrampelten und mit grosser Anstrengung sich in den Dienst der Familien stellten. Entscheidend sei, dass sie sich ebenfalls in den politischen Diskurs einmischten und so dazu beitrügen, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu ändern. Dass diese auch in der Schweiz durch grosse Defizite geprägt sind, wies Anne Durrer von der bischöflichen Kommission Justitia et Pax anschaulich nach.

Zur Konkretisierung des Postulats regte eine Gesprächsgruppe an, in Pfarreien "Runde Tische" zu organisieren. So könnten Vertreter verschiedenster politischer Richtungen miteinander ins Gespräch kommen. Hier bestünde auch die Möglichkeit, "ethische Hintergründe" in die Diskussion einzubringen.

Quelle: Kipa/ SSF

Datum: 17.11.2003

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