Wenn die grosse Zehe vibriert

Lobpreis in Burkina Faso

Den Lobpreis in einem afrikanischen Gottesdienst muss man selber erlebt haben. Doch die Beschreibung von Hansruedi Wittwer gibt einen Einblick in die Welt der vibrierenden Zehen. Dass feilschende Afrikaner Gott anbeten, ohne von IHM eine Gegenleistung zu erwarten, ist ein grosses Wunder.
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Anbetung3

Der Lobpreis in Burkina Faso ist wie überall in der Welt einmalig. Da kommen irgendwie Himmel und die Erde zusammen und Arm und Reich finden sich zusammen in Jesus Christus. Je weniger sich europäische Tradition hinein schleicht, um so imposanter wird der Lobpreis. Die Harmonien stimmen zwar nicht immer, doch um so mehr dringt der Rhythmus durch. Die Vorsänger geben den diesen an, der Schweiss tropft auf den Boden, Frauen beginnen zu tanzen. Die Christen sind schon halbwegs im Himmel...!

Mit den Göttern markten
Eigentlich ist den Afrikanern der Lobpreis eher fremd. In ihrer traditionellen Religion gibt es ihn nicht. Die ganze Verbindung mit der geistlichen Welt basiert auf der Ebene von Geben und Nehmen. Es ist eine Art Bazar, wo tüchtig mit den höheren Gewalten gefeilscht wird. Ist jemand krank, so wird der Gottheit ein Huhn oder Schaf geopfert und dafür wird Besserung des Kranken erwartet. Soll der Feind bestraft werden, so läuft es nach dem gleichen Prozedere ab. Für bezahlte Leistung, auch wenn sie aus dem Jenseits kommt, wird kein Lobpreis angestimmt. Ein Gott, mit dem eine persönliche Beziehung gepflegt werden kann, ist ihnen fremd.

Haruna lernt
Da hat sich der junge Burkinabé Haruna zu Jesus Christus bekehrt. Nimmt er den Wechsel ernst, so wird der Schnitt total, und er bricht seine Beziehungen zur Geisterwelt ab. Doch da er als Familienglied wie eingewoben in seinem Clan lebt, dringen überall die Anforderungen der Ahnenkulte durch. Bei Geburten, Hochzeiten, im täglichen Leben und beim Todesfällen wird den Göttern geopfert. Nach seiner Hinwendung an Jesus nimmt Haruna aber nicht mehr an den Kulten teil. Dies lenkt den Zorn des Clans auf ihn. Aber er gehört Jesus an, die Beziehung zur geistlichen Welt basiert jetzt auf Gnade und nicht mehr auf Verdienst und so beginnt ein langer Lernprozess für den jungen Christen. Haruna lernt, Gott anzubeten.

Anbetung mit dem Körper
Äusserlich ist die Sache schnell geklärt: In der Anbetung wird mit dem Körper gesprochen. Die Buschtrommeln bringen alles zum Vibrieren, vom kleinen Finger bis zur grossen Zehe. Es wird gewippt, geklatscht gesprungen und getanzt. Die Anbetung ähnelt oft einem Kriegstanz: Hände hinauf = Jesus ist erhoben, Hände gegen den Boden = der Teufel ist niedergestreckt. Das wird zehn Mal, manchmal zwanzig Mal vollzogen. Die dahintersteckende Theologie ist ganz einfach, manchmal für uns Westler zu einfach. Darnach geht der Reigen los, für den vorne in der Kirche ein grosser Platz reserviert ist. Ob Alt oder Jung, Reich oder Arm, Professor oder Analphabet, im Lobpreis gelten diese Unterschiede nicht mehr. Sie alle tanzen im Kreise herum. Ihre Körperbewegungen sind ein einziges Gebet.

Der Vorgeschmack
Es sind diese Augenblicke, in denen in mir als Schweizer gedanklich und gefühlsmässig viel vorgeht. Natürlich werden einmal im Himmel die Harmonien stimmen und die Lautsprecher nicht kreischen. Doch dieser Lobpreis hier ist ein Vorgeschmack des Himmels. Wenn es dann Zeit für die Predigt ist, geht vieles einfacher. Der Himmel ist den Gottesdienstbesuchern schon näher und die Herzen sind geöffnet für Gottes Anweisungen. Doch eines ist klar: der Test für das geistliche Leben kommt nach dem vibrierenden Lobpreis. Es geht letztlich darum, dass durch Gottes Wort und durch den Heiligen Geist Veränderung in den Leben geschaffen wird.

Hansruedi Wittwer, Ouagadougou

Datum: 12.06.2003
Quelle: online/BewegungPlus

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