Fazit

Gabentests im Trend

Gabentests drängen in den letzten Jahren auf den christlichen Markt. Manche Gemeinde griff tief in die Kasse. Denn solch ein Gabentest muss wohl sein, um die Gemeinde mitarbeitermässig in Schwung zu bringen, dachten Gemeindeleiter. Doch was kam dabei heraus?
Jesus Christus rüstet seine Nachfolger für die jeweilige Aufgabenstellung mit entsprechenden Gaben des Heiligen Geistes aus, und das nicht unbedingt auf Lebenszeit, sondern manchmal auch für begrenzte Zeit.

Aus den USA finden sich darunter neben europäischen Produkten einige, teilweise kostspielige Angebote. Für dicke Schulungsordner, Overheadfolien und Videokassetten hat manche Gemeinde tief in die Kasse gegriffen. Der moderne, fortschrittliche Gemeindetrainer kommt am Gabentest einfach nicht vorbei, so scheint es. Doch bei Absolventen solcher Gabentests hat sich in ihrer Gemeindemitarbeit kaum irgend etwas verändert. Sie fühlten sich bestätigt in ihrem Einsatz. Andere, Noch-nicht-Mitarbeiter, wussten zwar nach dem Test, wo ihre Stärke liegt. Kaum jemand liess sich aber in die Arbeit rufen. In manchen Gemeinden mag es vielleicht anders gewesen sein.

Management statt geistliche Kriterien

Der Gabentest wirkt sich für viele Christen als Schutzhülle aus. Sie lassen sich nur in eine Aufgabe rufen, die ihrem Gabenspektrum entspricht. Ein Christ wird dadurch auf seine speziellen Geistesgaben festgelegt und in dieser Begrenzung für den Gemeinde-Stellenmarkt freigegeben – ein statisches Denken, das der Bibel völlig fremd ist. Jesus Christus rüstet seine Nachfolger für die jeweilige Aufgabenstellung mit entsprechenden Gaben des Heiligen Geistes aus, und das nicht unbedingt auf Lebenszeit, sondern manchmal auch für begrenzte Zeit. Diese Sicht scheint den meisten Gabentest-Autoren fremd zu sein.

Es kann auch leicht zu einem Zwiespalt kommt zwischen der Bereitschaft, dem Willen Jesu gehorsam zu sein, und dem Ergebnis des Gabentests. Eigentlich sollte das eine mit dem anderen identisch sein, ist es aber häufig nicht. Der Mensch neigt nun einmal dazu, sich festzulegen, wenn er eindeutige Anhaltspunkte findet. Und so kann es geschehen, dass manche Mitarbeiter in Gemeinden dem Gabentest eine zu hohe Bedeutung beimessen, ihn geistlich überhöhen und so für den Ruf Jesu unempfänglich werden.

Den Blick für Gottes Bauen an seinem Reich

Eines haben Gabentests in den vergangenen Jahren positiv bewirkt. Sie öffneten neu den Blick für ein Geheimnis Jesu, das unmittelbar mit dem Bau seines Reiches zusammenhängt. Auf wunderbare Weise stattet er seine Nachfolger mit Fertigkeiten aus, die in der Bibel als “Gaben des Heiligen Geistes” bezeichnet werden. Die so genannten “Gabenkataloge” im Neuen Testament vermitteln einen detaillierten Einblick in wunderbare Vorgänge, die sich mit wissenschaftlichen Untersuchungsmethoden nicht nachvollziehen lassen. Denn es geht hier um viel mehr als die natürlichen Fähigkeiten, die jeder Mensch durch sein Erbgut mitbekommen hat. Einer zeichnet sich mit seinem Organisationstalent aus, ein anderer komponiert mit Leichtigkeit die schönsten Melodien auf dem Klavier.

Die Gaben des Heiligen Geistes bedeuten viel mehr. Sie werden dem glaubenden Menschen nach seiner geistlichen Wiedergeburt geschenkt und stehen in direkter Verbindung zu seiner persönlichen Berufung. Jesus ruft seine Nachfolger in konkrete Aufgaben des Reiches Gottes und stattet sie dafür aus. Dabei nutzt er bei vielen Christen die natürlichen Fähigkeiten, die ja auch von Gott dem Schöpfer mitgegeben wurden. Er heiligt solche Anlagen, nimmt sie sozusagen in Besitz. Er wandelt sie um in Gaben des Heiligen Geistes, damit sie Geistliches bewirken können. Das lässt sich sehr schön bei Künstlern beobachten. Wenn ein wiedergeborener Sänger seine Gabe im Dienst Jesu einsetzt, dann wird er damit Menschen zum Glauben rufen und sie im Glauben stärken. Singt er aber nur, weil er die Fähigkeit zu singen besitzt, dann übt er damit vielleicht einen weltlichen Beruf aus oder betreibt es als Freizeitvergnügen. Vom biblischen Verständnis her dürfen natürliche Fähigkeiten und Gaben des Heiligen Geistes nicht in einen Topf geworfen werden. Es sind zwei völlig verschiedene Bereiche.

Gabentests haben ein neues Bewusstsein geweckt dafür, dass Jesus nicht nur beruft, sondern auch ausrüstet. Er trägt die Verantwortung für den Dienst. Gemeindeleiter haben einen neuen Blick dafür bekommen. Bislang wurde meistens von frei werdenden Mitarbeiterpositionen her gedacht. Wer könnte diese Aufgabe wahrnehmen, so wurde gefragt. Und dann hat sich irgend jemand aus der Gemeinde darüber erbarmt. Oftmals haben Gemeindeglieder in Personalunion gleich mehrere Dienste übernommen. Wer im Vordergrund steht, wird in der Regel zuerst gefragt. Dabei liegen bei unauffälligen Gemeindegliedern wertvolle Gaben verborgen. Dafür haben Gabentests den Blick geöffnet.

Diese positiven Beobachtungen dürfen aber nicht zu der anfangs beschriebenen Schieflage führen. Denn es geht um viel mehr, nämlich den Gehorsam Jesus gegenüber. An mehreren Stellen im Neuen Testament beschreibt Jesus selbst die Grundhaltung des geistlichen Dienstes: “Wer mir nachfolgen will, der nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach” (Lukas 9,23). Damit drückt er eine Art Demut aus, die uns modernen Menschen abhanden gekommen ist.

Dienst – Ausdruck des Christseins

Wenn heute jemand in einer Gemeinde oder einem Glaubenswerk mitarbeitet, dann muss es “Spass” machen. Schliesslich geschieht es ja freiwillig. Diese Haltung vertreten unzählige Christen.

Jesus zeigt, dass es in seinem Dienst darum geht, etwas zu tragen und nicht nur etwas zu tun. Daher reicht es nicht aus, von “ehrenamtlicher” und “vollzeitlicher” Arbeit in der Gemeinde zu sprechen. Alte Lieder der Christenheit benutzen oft die Bezeichnung “Streiter Christi”, die das ganze Leben für Jesus einsetzen. Sollte in christlichen Gemeinden wieder deutlicher von “Nachfolge” und “Dienst” gesprochen werden? Wissen Christen, dass Jesus sie in konkrete Aufgaben ruft?

Die heutzutage weithin gebrauchte Bezeichnung “Mitarbeiterin” und “Mitarbeiter” für Dienste im christlichen Leben stammt aus dem Berufsalltag. Der Abteilungsleiter verfügt über eine Mitarbeiterschaft mit ihren Rechten und Pflichten. Oft werden dabei die Rechte stärker betont. Und niemand kommt auf die Idee, vielleicht dienen zu sollen. Mitarbeiter wollen von ihrer Arbeit unmittelbar etwas haben. Der christliche Diener bezweckt mit seiner Arbeit nichts anderes, als dass er seine Dankbarkeit für die Rettung durch Jesus Christus zum Ausdruck bringt. In solche Überlegungen hinein gehören die Fragen nach den Gaben des Heiligen Geistes und den Gabentests.

Hingabe und Gehorsam

Übrigens haben nicht Christen solche Testmodelle erfunden. Im betrieblichen Leben werden sie schon lange Zeit angewendet. Hier geht es um die berufliche Zukunft der Mitarbeiter. Jesus ruft Menschen in seine persönliche Abhängigkeit. Das ist etwas grundlegend anderes. Und dabei kommen wir an dem unmodern gewordenen Begriff “Gehorsam” nicht vorbei – eine Haltung, die Jesus seinem Vater gegenüber bis zum Tod am Kreuz durchgehalten hat.

Soll Jesus denn wirklich ein umfassendes Verfügungsrecht über das eigene Leben besitzen?

Streiter Christi in den grossen Erweckungszeiten haben nicht die Frage gestellt, ob sie denn auch die entsprechenden Gaben für ihre jeweiligen Aufgaben in sich trugen. Sie waren einfach zur Stelle, bereit, ihr Letztes für ihren Herrn zu geben. Und Jesus liess sie nicht im Stich, vielmehr rüstete er sie aus mit den Gaben des Heiligen Geistes.

Im Spiegel dieser grossen Glaubensbewegungen erscheint die moderne Gabentestbewegung wie die Errungenschaft eines Wohlstandschristentums, verwöhnt von Freizeit- und Unterhaltungsindustrie. Der Einsatz für Jesus muss Spass machen. Was ich tue, muss überschaubar und zeitlich begrenzt sein, möglichst nicht dauerhaft. Und es darf der viel gepriesenen Authentizität nicht schaden. Solche Vorgaben erschweren den unbekümmerten Einsatz für Jesus.

Jesus selbst hat mit seinen Jüngern nie konkret über Gaben gesprochen, aber immer wieder über ihre totale Hingabe. Erst später, in den jungen christlichen Gemeinden des Neuen Testamentes, thematisiert Paulus die Vielfalt geistlicher Ausstattung durch den Heiligen Geist. Jesus verkündete die uneingeschränkte und bedingungslose Hingabe, die sich alleine auf ihn verlässt.

gekürzt und redigiert: Livenet, Antoinette Lüchinger

Autor: Christoph Maas

Datum: 14.10.2003
Quelle: Ethos

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