Leiterkonferenz VFG

Freikirchenverband als Leiter-Netzwerk

Im Verband der Freikirchen und Gemeinden VFG sind die meisten Deutschschweizer Freikirchen verbunden. Der VFG nimmt auf die laufende Arbeit der Mitgliedverbänden wenig Einfluss. 2005 erörterte die Leiterkonferenz mehrfach untergründige Probleme des Gemeindelebens.
Freundschaftlich verbundene Freikirchenleiter: René Winkler (Chrischona), Max Schläpfer, Claudius Zuber und Paul Beyeler (von links, Bild von 2003).
Max Schläpfer
Der VFG trug den Christustag 2004 massgeblich mit. Selten versammeln sich freikirchliche Christen in grosser Zahl.

Die Leiter von 14 freikirchlichen Gemeindeverbänden bilden die Leiterkonferenz des VFG. Sie fassen Beschlüsse und nehmen Stellung, vor allem aber diskutieren sie laufende Entwicklungen, die die Freikirchen insgesamt betreffen, namentlich Leitungsfragen.

Frischer Wind…

Im Jahr 2005 besprach die Leiterkonferenz, wie Freikirchen frische Impulse für die Gemeindearbeit aufnehmen können, ohne mit ihrer Geschichte zu brechen. Diesmal fokussierte man auf die Personen: Wie gestalten Gemeinden den Übergang vom älteren Pastor zum jungen Leiter, der einen Haufen neuer Ideen mitbringt? Dient bei Neubesetzungen ein fliessender Übergang (mit langer Vorbereitung und Einarbeitung des Nachfolgers) den Zielen der Gemeinde besser oder macht ein relativ abrupter Übergang mehr Sinn? Nach welchen Kriterien werden Pastorenwechsel vorgenommen und wie lange soll ein Pastor in derselben Gemeinde wirken?

…und Widerstände

In diesem Zusammenhang beschäftigte die VFG-Leiter zweitens auch die Stellung von ehemaligen Verantwortlichen in der Gemeinde. Wie Max Schläpfer vorsichtig formuliert, können „nicht alle von Verantwortung segensreich zurücktreten. Manche haben Mühe, wenn sie nicht mehr am Drücker sind.“ Oft müssten Pensionierte ihren Platz neu bestimmen. Der VFG denkt für nächstes Jahr eine Veranstaltung an, die den Mitgliedsverbänden Hinweise zum Umgang mit dem Problem gibt.

Herausforderung Hauskirchen

Als drittes internes Thema diskutierte die Leiterkonferenz im abgelaufenen Jahr den Einfluss von Hauskirchen auf die Freikirchenszene. Das Wachstum von Hauskirchen in verschiedenen Regionen der Deutschschweiz beschäftigt die VFG-Leiter, wie ihr Vorsitzender sagt: „Sie bewegen sich nicht auf den VFG zu; zugleich wird unser freikirchliches Verständnis von Gemeinde und Gemeindebau in Frage gestellt.“

Der VFG zielt auf die stetige Entwicklung von Gemeinden ab; darum bestehen auch Voraussetzungen für die Mitgliedschaft im Verband. Max Schläpfer beobachtet, dass Austausch und Absprachen über Denominationsgrenzen hinweg für junge Bewegungen in ihrer Pionierphase nicht wesentlich sind – dies ändere sich aber im Lauf der Zeit regelmässig.

Christliche Werte zum Tragen bringen

Neben diesen Themen hat die Freikirchenleiter 2005 auch die Politik beschäftigt. Sie diskutierten mit Politikern über die gesellschaftliche Verantwortung der Freikirchen und ihren Beitrag zur Stärkung christlicher Werte. 2006 soll dazu eine Stellungnahme verabschiedet werden.

Der VFG agiert auf Bundesebene. Um an der Landesausstellung christliche Anstösse zu vermitteln, trat er dem Verein der Schweizer Kirchen an der expo.02 bei. Er trug den Christustag 2004 (wie schon seine Vorgänger) massgeblich mit. Und er argumentierte in der Vernehmlassung des Bundes erfolgreich gegen eine nationale Überwachung von religiösen Gemeinschaften.

Bald kantonale Sektionen?

Diese Überwachung, nach den Dramen der Sonnentemplersekte gefordert, stiess auch politisch auf starken Widerstand, da Schule und Religionsangelegenheiten in der föderalistisch ausgestalteten Eidgenossenschaft Sache der Kantone sind. Die Freikirchen sind bisher nicht kantonal organisiert – ein Manko, das behoben werden könnte. Im Kanton Bern sind in diesem Zusammenhang Gespräche im Gang, denn, so Schläpfer, „wir begrüssen eigentlich kantonale Sektionen“.

Dann hätten Kantonsregierungen, die zum Beispiel den schulischen Religionsunterricht obligatorisch erklären wollen, einen Ansprechpartner; die Freikirchen wären dort, wo die Entscheidungen getroffen werden, besser vertreten. Im Kanton Zürich wehrte sich ein regionaler Arbeitskreis von Freikirchen im Jahr 2001 mit einer Unterschriftensammlung gegen die obligatorische Religionskunde, die gleichwohl beschlossen wurde; das offizielle Freikirchen-Schreiben an die Bildungsdirektion kam aus dem fernen Bernbiet.

Begrenzter Einfluss

Max Schläpfer war vor drei Jahren als VFG-Präsident angetreten mit dem Vorsatz, die Freikirchen in der Schweizer Religionslandschaft zur „dritten Kraft“ zu machen. Doch eine stärkere Bündelung freikirchlicher Energien (über Anlässe wie Gemeindebaukongresse hinaus) wird auch künftig schwierig bleiben. Denn die einzelnen Freikirchen beeinflussen einander zwar, aber sind so selbständig wie eh und je.

Vor Ort geben regelmässig die Gaben der Leiter und der Teams den Ausschlag. „Wir müssen Respekt zeigen vor den Berufungen der Gemeinden“, sagt Max Schläpfer. Der VFG will und kann beispielsweise ein stärkeres sozial-diakonisches Engagement nicht verordnen – viele weitere Anliegen, von Familienförderung bis hin zu Mission, möchten ebenfalls gefördert werden.

Im Vordergrund steht für den VFG, wie sein Präsident darlegt, der Austausch unter den Verantwortlichen – oft, wie das Jahr 2005 zeigt, über Leitungsfragen. Damit bleibt der VFG ein kleines Netzwerk. Zu einem ersten sprachregionalen Gebetstag für Freikirchenpastoren im April 2003 kamen bloss 60 Teilnehmer; ihm ist bisher kein weiterer gefolgt. Zum VFG gehören 14 freikirchliche Körperschaften mit über 600 lokalen Gemeinden.

Paul Beyeler und Daniel Moser neu im Vorstand

Der Vorstand des 1919 gegründeten VFG, der seine Geschäfte in vier Sitzungen pro Jahr vorbereitet, ist im Dezember zur Hälfte erneuert worden: Für die zurücktretenden Ines Adler (Heilsarmee) und Claudius Zuber (Freie Evangelische Gemeinden) wurden der Chemiker Paul Beyeler, Organisator des Christustages 2004 (Freie Missionsgemeinden) und Daniel Moser (Freie charismatische Gemeinden) gewählt.

Max Schläpfer (53) hat im Dezember das Pastorenamt der Pfingstgemeinde in Bern abgegeben, um sich vollzeitlich dem Vorsitz der Schweizerischen Pfingstmission und des VFG (den er seit 2003 innehat) zu widmen. Die Leiterkonferenz bestätigte ihn einstimmig als VFG-Präsidenten für weitere drei Jahre. Dem Vorstand gehört weiterhin auch der Leiter des Baptistenbundes, der Fürsprecher Peter Deutsch, an.

Datum: 28.12.2005
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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