Gebet

Der nachfolgende Text ist ein Auszug aus dem Buch "In Hingabe leben" von Watchmann Nee.

Nach dem Bibelstudium müssen wir es lernen zu beten. Beten ist sowohl die einfachste als auch die tiefgreifendste aller christlichen Betätigungen. Jemand, der eben erst zum Glauben gekommen ist, kann beten. Und doch müssen viele Gotteskinder noch auf dem Sterbelager bekennen, dass sie die Kunst des Betens nie meistern lernten.

Erhörte Gebete sind grundlegender Anspruch und Vorrecht des Christen. Dem Christen ist von Gott das Recht gegeben worden, auf seine Gebete Antworten zu empfangen. Wenn jemand schon seit einigen Jahren Christ ist, und noch keine einzige Gebetserhörung erfahren hat, dann muss sein Christenleben höchst fragwürdig sein. Etwas stimmt nicht, wenn die Gebete eines Gotteskindes nicht erhört werden. Die Gebete eines Christen müssten erhört werden.

"Bis jetzt habt ihr nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, und ihr werdet empfangen, damit eure Freude völlig sei" (Joh. 16,).

Wer oft betet und oft Gebetserhörungen erlebt, wird ein glücklicher Christ sein. Dies ist eine grundlegende Erfahrung, die jeder Gläubige gemacht haben muss. Man mag in anderen geistlichen Dingen noch gleichgültig sein, doch in dieser Gelegenheit von erhörten Gebeten, kann der Christ es sich nicht leisten, sich selbst zu täuschen. Hier haben wir ein Ja oder ein Nein. Er muss danach trachten, auf seine Gebete Antworten zu empfangen.

Frage einen Neubekehrten, ob er heute gebetet habe. Frage ihn, ob Gott sein Gebet erhört hat, denn Gebet ist nicht ein Streichen in die Luft noch etwas, das nebenbei noch erledigt wird. Man betet, um erhört zu werden.

Wenn Gebete nicht erhört werden, sind sie vergebliche Mühe. Man muss lernen, Gebete beantwortet zu bekommen. Gebete dienen nicht lediglich geistlicher Erbauung, sondern sie sind dazu da, um erhört zu werden. Ginge es nur um Erbauung, dann könnte man für Stunden beten, ohne eine Antwort zu erwarten. Wenn Gebet aber dazu da ist, erhört zu werden, dann muss man solange beten, bis die Bitte eingetroffen ist.

Für Neubekehrte ist es daher unumgänglich diese Lektion gründlich zu lernen, damit in Zukunft ihre Gebete erhört werden.

Bedingungen zum erhörlichen Gebet

Wir können in der Bibel eine ganze Reihe von Bedingungen zum erhörlichen Beten finden, doch wollen wir hier nur diejenigen aussuchen, welche für Anfänger vollständig genügen werden. Diese bilden gut die Hälfte der Bedingungen, welche fortgeschrittene Christen schon gelernt haben.

Bitten

Zum Gebet gehört, dass man wirklich bittet. "Ihr habt nicht, weil ihr nicht bittet" (Jak. 4,2). "Und ich sage euch: Bittet, und es wird euch gegeben werden; sucht, und ihr werdet finden; klopft an, und es wird euch aufgetan werden. Denn jeder Bittende empfängt, und der Suchende findet, und dem Anklopfenden wird aufgetan werden" (Luk.11, 9-10).

Als ich mich frisch bekehrt hatte, erklärte ich, dass ich täglich betete. Da fragte mich eines Tages eine Schwester im Herrn: "Hat Gott deine Gebete erhört? " Ich war überrascht, denn für mich bedeutete Beten einfach Beten, nichts Weiteres. Ich betete, doch machte ich mir nie Gedanken darüber, ob ich erhört werde oder nicht.

Von jenem Tag an aber habe ich gebetet, um erhört zu werden.

Nachdem mich diese Schwester gefragt hatte, untersuchte ich, wie viele meiner Gebete erhört worden waren. Ich entdeckte, dass ich nicht viele solche Gebete gesprochen hatte, die die Anforderungen zur Erhörung erfüllten. Meine Gebete waren meist allgemeiner Art, daher war es nicht allzu wichtig, ob sie erhört wurden oder nicht. Es war etwa, als ob ich Gott gebeten hatte, die Sonne am folgenden Tag aufgehen zu lassen; sie würde ohnehin aufgehen, mit oder ohne mein Bitten! Ich war schon ein ganzes Jahr lang Christ gewesen, und konnte keine einzige Gebetserhörung feststellen! Ja, ich war vor Gott auf den Knien gelegen und hatte viele Worte ausgesprochen, doch hatte ich nie wirklich um etwas Bestimmtes gebeten.

"Klopft an, und es wird euch aufgetan werden", sagt der Herr, doch ich hatte die ganze Zeit an die Mauer geklopft! Der Herr wird dir nie die Mauer auftun, wenn er nicht weiss, was du eigentlich willst. Wenn du wirklich an die Türe klopfst, so wird er dir gewiss auftun. Wenn du um eine Sache bittest, wird dir der Herr sie geben. Angenommen, viele Dinge sind da: ein Liederbuch, eine Tasse, eine Bibel, ein Tischtuch und ein Füller. Was willst du eigentlich? "Suchet", sagt der Herr. Du kannst den Herrn nicht um ein Warenhaus bitten; du musst ihn um etwas Bestimmtes bitten.

"Ihr habt nicht, weil ihr nicht bittet. " Bitten muss spezifisch sein. Das deuten sowohl die Begriffe des Suchens als auch des Anklopfens an. Man sucht sich eine bestimmte Sache aus, und man klopft an die Tür, nicht an die Mauer. Viele können eine volle Woche gebetet und doch um nichts gebittet haben. Sie empfangen nicht, weil sie nicht gebittet haben. Diese Gebete haben die Form des Gebets, doch fehlt ihnen der Gegenstand der Bitte.

Junge Christen müssen lernen, spezifisch zu bitten. Ahme nicht solche Brüder nach, die in der Versammlung 20 Minuten oder eine halbe Stunde dastehen und beten, aber wenn man sie fragt, worum sie eigentlich gebetet haben, dir keine Antwort geben können. Viele können lange Gebete sprechen, haben es aber nicht gelernt, für ganz bestimmte Dinge zu bitten.

Angenommen, du bittest deinen Vater, deinen Mann, deine Frau oder dein Kind darum, dir etwas zu bringen. Du musst ihm oder ihr sagen, was du willst. Kann der Arzt in die Apotheke gehen und eine Arznei in Empfang nehmen, ohne zu sagen, welche Arznei er benötigt? Kann man einkaufen gehen, ohne zu wissen, was man kaufen will? Wie eigenartig ist es doch, dass Menschen vor Gottes Angesicht erscheinen, ohne etwas Bestimmtes auf dem Herzen zu haben - gerade so, als ob irgendetwas genügen würde. Gerade hierin liegt die Schwierigkeit oder das Hindernis zum Gebet. Wir müssen gezielt und bewusst bitten, nicht einfach allgemein.

Anfänger sollten diese Bedingung des Gebets klar erfassen. Sonst werden sie in Notlagen nicht fähig sein, durchzubeten. Allgemein gehaltene Bitten erfüllen nie ein bestimmtes Bedürfnis. Solches Beten mag in gewöhnlichen Tagen noch taugen, doch wird es nicht genügen, wenn Schwierigkeiten auf uns zukommen. Wenn unsere Gebete allgemeiner Art sind, werden wir in Notzeiten aus ihnen keine Hilfe empfangen, denn dann werden die Ereignisse und die daraus entstehenden Probleme alle sehr besondere Erfahrungen mit sich bringen.

Nicht übel bitten

Wir Menschen müssen Gott bitten. Die Schrift hat an das Bitten noch eine Bedingung geknüpft: Bittet nicht übel. "Ihr bittet und empfanget nichts, weil ihr übel bittet" (Jak. 4,3). Die Menschen dürfen Gott bitten, ihre Notdurft zu erfüllen, doch sollen sie nicht unvernünftig oder über ihr Mass hinaus bitten. Es bedarf mehrerer Jahre des Lernens vor Gott, bevor man sogenannte "grosse Gebete" vor Gott bringen kann. In den ersten Tagen unseres geistlichen Lebens ist es schwierig, den Unterschied zwischen grossen Gebeten und üblem Bitten klar zu erkennen. Wir sollen daher als Anfänger nie nach unseren Gelüsten beten, oder begierig um solches bitten, was wir nicht benötigen.

Gott wird uns nur unsere Not ausfüllen und uns das geben, was wir brauchen. Oft kommt es freilich vor, dass uns Gott über die Massen beschenkt, mehr, als wir erbitten. Wenn die Jungen aber übel bitten, werden sie nie erhört werden.

Was heisst nun übel bitten? Es heisst um mehr bitten, als es dein Mass, deine Notdurft und dein tatsächlicher Mangel bedarf. Ich habe zum Beispiel ein bestimmtes Bedürfnis, und ich bitte Gott darum, es zu erfüllen. Ich bitte entsprechend der Dringlichkeit und Grösse des Bedürfnisses. Wenn ich über dieses Bedürfnis hinaus bitte, dann bitte ich übel. Wenn mein Mangel gross ist, kann ich Gott bitten, diesen grossen Mangel auszugleichen. Aber ich soll nicht um mehr bitten, denn Gott hat kein Gefallen an leichtfertigen Gebeten. Gebete sollten den Nöten entsprechen. Sie dürfen nie vermessen sein. Übel bitten gleicht dem Bitten eines kleinen Kindes um den Mond am Himmel. Dies übersteigt weit seine Bedürfnisse.

Neubekehrte sollten es lernen, ihrer Stellung gemäss zu bitten. Erst nachdem sie weitere geistliche Erfahrung gesammelt haben, mögen sie grosse Gebete vorbringen, doch jetzt sollen sie angemessen beten. Lasst sie den Mund nicht zu weit auftun, auf das sie nicht den Rahmen ihrer tatsächlichen Bedürfnisse sprengen.

Sünde muss ausgeräumt werden

Es mag geschehen, dass jemand gebetet hat, auch nicht übel gebittet hat und doch nicht erhört worden ist. Warum? Weil vielleicht ein grundsätzliches Hindernis im Wege steht - Sünde steht zwischen Gott und ihm.

"Hätte ich Unrecht vorgehabt in meinem Herzen, so hätte der Herr nicht erhört" (Ps. 66,18). Wenn jemand in seinem Herzen eine ihm bekannte Sünde hat, und sein Herz hält an dieser Sünde fest, wird er nicht erhört werden. Was bedeutet Unrecht im Herzen beabsichtigen? Es bedeutet ganz einfach, dass im Herzen eine Sünde ist, die man nicht aufgeben will. Wenn auch jemand grosse Schwächen aufweist, so wird Gott ihm vergeben. Wenn aber jemand um eine Sünde weiss und sie trotzdem in seinem Herzen begehrt, dann ist das mehr als eine Schwäche im äusserlichen Benehmen; es bedeutet, dass er Unrecht im Herzen beabsichtigt.

Der Mann in Römer 7 ist ein anderer Fall. Er erklärt, was er tut, hasse er. Er hat versagt, doch hasst er dieses sein Versagen. Der Mann, der in seinem Herzen aber Unrecht beabsichtigt, will seine Sünde gar nicht loswerden. Er gibt sie weder im Wandel noch im Herzen auf. Der Herr wird das Gebet eines solchen Menschen nie erhören, denn Sünde macht es unmöglich, dass er erhört werden kann.

Es ist daher wichtig, dass die jungen Gläubigen alles Unrecht aus ihrem Herzen verbannen. Jede Sünde muss bekannt und unter das Blut gebracht werden.

Obwohl es schwierig sein mag, alle seine Sünden zu überwinden, darf man doch niemals Unrecht im Herzen beabsichtigen. Gott mag uns unsere Schwächen verzeihen, doch wird er nicht dulden, dass wir Frevel im Herzen bewahren und beabsichtigen. Es nützt nichts, äusserlich von Sünde befreit zu sein, wenn man im Inneren noch an ihr hängt. Darum sollten junge Christen zu Beginn ihres Christenlebens Gott um Gnade bitten, dass sie sowohl im Herzen als auch im Wandel heilig sein können. In unserem Herzen muss eine gründliche Arbeit getan werden, ehe das Herz jede einzelne Sünde hasst und kein einziges Unrecht weder behält noch liebt noch beabsichtigt. Wenn Sünde im Herzen ist, ist es nutzlos zu beten, weil der Herr nicht erhören wird.

"Wer seine Missetaten verheimlicht, dem wird es nicht gelingen; wer sie aber bekennt und lässt, der wird Barmherzigkeit erlangen" (Spr.28, 13). Sünde muss bekannt werden. Wenn man sie bekennt, wird der Herr vergeben und vergessen.

Man sollte vor den Herrn treten und ihm sagen: "Hier ist eine Sünde, die mein Herz ständig beabsichtigt. Ich finde es schwierig, sie aufzugeben, doch jetzt bitte ich dich um Vergebung. Ich bin willig, diese Sünde aufzugeben. Ich bitte dich: Befreie mich von ihr, damit sie nicht mehr an mir hafte. Ich will sie nicht mehr und widerstehe ihr. " Der Herr wird an dieser Sünde vorüberziehen, wenn du auf solche Weise vor ihm ein Bekenntnis ablegst. Fortan werden deine Gebete erhört werden können. Dies ist eine ernsthafte Angelegenheit, die wir auf keinen Fall übersehen dürfen.

Man muss glauben

Da ist noch eine positive Bedingung, die erfüllt werden muss: Man muss glauben, sonst wird Gebet nicht wirksam sein.

Der Vorfall in Markus 11, - 24 zeigt uns deutlich die Notwendigkeit des Glaubens im Gebet. Der Herr kam mit seinen Jüngern aus Betmanien heraus. Ihn hungerte. Da sah er von Ferne einen Feigenbaum und ging hinzu, um einige Feigen zu suchen, doch fand er nichts als Blätter an ihm. Da versuchte er den Baum, indem er sprach: "Nimmermehr in Ewigkeit soll jemand Frucht von dir essen. "

Als sie am nächsten Morgen vorüber kamen, sahen sie den Feigenbaum von den Wurzeln an verdorrt. Die Jünger verwunderten sich. Der Herr aber sagte zu ihnen: "Habt Glauben an Gott! Wahrlich ich sage euch: Wer zu diesem Berg sagen wird: Hebe dich empor und wirf dich ins Meer! und nicht zweifeln wird in seinem Herzen, sondern glauben, dass geschieht, was er sagt, dem wird es werden. Darum sage ich euch: Alles, um was ihr auch betet und bittet, glaubt, dass ihr es empfangen habt, und es wird euch werden. "

Man muss glauben, wenn man betet, denn wenn man glaubt, wird man empfangen. Was ist Glaube? Glaube heisst, daran glauben, dass man empfängt, worum man bittet.

Wir Christen haben oft eine falsche Auffassung von Glauben. Der Herr sagt uns, wer glaubt, dass er empfangen hat (wörtl. aus dem Griechischen), wird empfangen. Doch wir Christen behaupten, wer glaubt, er werde empfangen, werde es erhalten. Da sind zwei verschiedene Arten von Glauben. Der Herr spricht zweimal von empfangen: Zuerst hat man empfangen, dann wird man empfangen. Viele Gläubige hängen ihren Glauben daran, dass sie empfangen werden. Wir treten im Gebet vor den Herrn und glauben, wir werden empfangen, worum wir bitten. Wir glauben, der Berg werde ins Meer versetzt werden. Und gross scheint dabei unser Glaube zu sein. Doch wir glauben nicht, dass wir empfangen haben, sondern dass wir empfangen werden. Doch unser Herr spricht nicht von diesem Glauben. Der Glaube, von dem die Schrift spricht, hängt sich daran, dass er empfangen hat. Dies ist weit treffender als "empfangen werden".

Ich wurde durch die Miss Dora Yu zum Herrn geführt. Jahre später erkrankte sie an Brustkrebs. Sie erfuhr damals, dass ich von Tuberkulose geheilt worden sei. Da schrieb sie mir und bat mich, sie in Kiangwan, Schanghai, zu besuchen. Sie dachte, sie beweise mir ihren grossen Glauben, als sie zu mir sagte: "Ich glaube, Gott wird mich heilen. " Ich sagte ihr, das könne nicht als Glauben angesehen werden, da der Herr Glaube nie mit "empfangen werden" in Zusammenhang stellt.

An jenem Tag kam es noch zu einem langen Gespräch. Krebs ist ja bekanntlich eine Krankheit, die viele Zellen zerstört und das Fleisch auszehrt. Sie ist äusserst schmerzhaft und erzeugt einen schlechten Geruch. Zuerst schlug der Arzt eine Operation vor, doch später erwiesen sich auch solche Eingriffe als nutzlos. Miss Yu hielt aber noch immer daran fest, dass Gott sie heilen würde. Als ich ihr klarzumachen versuchte, dass es nicht Glaube sei, bloss daran festzuhalten, Gott werde sie heilen, erhoben die Missionare, die ihr zur Seite standen, Einspruch gegen mich, und wiesen mich auf ihren grossen Glauben hin. Ich gab ihnen zur Antwort: "Sie muss glauben, dass Gott sie geheilt hat. Dies allein ist Glaube, nämlich darauf zu vertrauen, dass Gott geheilt hat, nicht dass er erst heilen wird. Zu glauben, Gott werde oder müsse sogar heilen, ist nichts als Erwartung, denn Glaube hat etwas mit der Vergangenheit und der Gegenwart zu tun, während Hoffnung in die Zukunft sieht. Wenn ich glaube, Gott werde mich morgen heilen, dann erwarte ich bloss, dass Gott mich heilt. "

Zwei Monate später erhielt ich von ihr einen Brief. Sie schrieb: "Heute habe ich beschlossen in zwei oder drei Tagen aufzustehen, denn ich glaube, Gott wird mich heilen. Ich hatte gerade viel zu tun und konnte sie daher an jenem Tag nicht besuchen. So schrieb ich ihr einen Brief:

"Zuerst Glaube, dann Werke. Solche Werke sind lebendig. Wenn Werke dem Glauben vorangehen, dann sind sie tot. Das ist ein fester Grundsatz. Wenn du glaubst, dass du geheilt bist, dann wird dein Aufstehen ein lebendiges Werk sein, sonst ist es nur ein totes. "

Tags darauf beeilte ich mich, zu ihr zu gehen. Ich bat sie, nicht aufzustehen. Ich sagte ihr nochmal: "Wenn du geheilt bist, dann kannst du aufstehen, aber du kannst nicht aufstehen, um geheilt zu werden. " Sie stand an jenem Tag nicht auf. Später ging sie dann heim zum Herrn.

Was ist also Glaube? Du kannst von Glauben reden, wenn du in der Lage bist zu behaupten, Gott hätte dein Gebet bereits erhört, nicht wenn du aber sagst, Gott werde dich erhören. Du kniest nieder zum Gebet, und irgendwie bist du fähig zu sagen: Gott sei gedankt, er hat mein Gebet erhört, diese Sache ist erledigt.

Das ist Glaube, denn er vertraut darauf, bereits empfangen zu haben. Wenn du von deinen Knien aufstehst und erklärst, Gott werde oder müsse dich erhören, wird nichts geschehen, wie inständig deine Bitten auch gewesen sein mögen. Deine Entscheidung führt kein Resultat herbei.

Der Herr sagt: "Glaubet, dass ihr empfangen habt, und ihr werdet es erhalten. " Brüder habt ihr den Schlüssel erfasst? Wahrer Glaube weiss, es ist bereits geschehen. Gelobt sei Gott, denn er hat mein Gebet erhört.

Neubekehrten möchte ich gerne etwas aus meiner persönlichen Erfahrung weitergeben. Man kann Gebet in zwei Teile zerlegen: Der erste Teil ist Beten ohne Verheissung, bis einem die Verheissung gegeben wird. Ohne Gottes Wort beten, bis einem von Gott ein Wort gegeben wird. Alle Gebete beginnen auf diese Weise. Bete, indem du Gott bittest, und bitte weiter. Im Fall von Georg Müller geschah es oft, dass Gebete innerhalb von Minuten beantwortet wurden, während bei anderen Gebeten eine Antwort auch nach sieben Jahren noch nicht gekommen war. Dies ist der erste Teil des Betens.

Der zweite Teil beginnt, nachdem die Verheissung gegeben worden ist, bis die Verheissung eintrifft; nachdem man ein Wort empfangen hat, bis sich das Wort erfüllt. Während dieses zweiten Teils sollte man nicht bitten, sondern preisen. So ist der erste Teil also Gebet, der andere Lobpreis. Bete im ersten Teil ohne ein Wort, bis du Gottes Wort hast. Preise im zweiten Teil, nachdem du die Verheissung empfangen hast, bis sich die Verheissung erfüllt hat. Das ist das Geheimnis des Betens.

Für die Menschen der Welt hat das Gebet nur zwei Punkte: Ich habe nicht, also bete ich; nachdem ich gebetet habe, gibt mir Gott. Ein Beispiel: Ich betete gestern für eine Uhr; nach mehreren Tagen gibt sie mir der Herr. Das ist von nichts zu etwas. Doch Christen kennen einen dritten Punkt, einen Punkt, der zwischen diesen zweien liegt: Glaube. Wenn ich für eine Uhr bete und eines Tages behaupten kann, dass Gott mein Gebet erhört hat, dann habe ich den Punkt des Glaubens erreicht. Ich habe die innere Gewissheit, dass ich die Uhr habe, obwohl meine Hände noch leer sind. Einige Tage darauf kommt die Uhr an. Christen müssen es verstehen, im Geiste zu empfangen. Sonst besitzen sie weder Glauben noch geistliche Einsicht.

Wir sollten ernsthaft beten, solange beten, bis der Glaube geschenkt worden ist. Wir können also sagen, der erste Teil heisse beten, ohne Glaube, bis der Glaube gegeben worden ist. Vom Zeitpunkt an, da wir Glauben empfangen, preisen wir, bis wir das Erbetene tatsächlich besitzen. Warum denn Gebet in diese zwei Teile zerlegen? Weil man nicht mehr beten, sondern nur noch preisen kann, wenn einmal der Glaube gegeben worden ist. Wenn man mit Beten fortfährt, wird man seinen Glauben verlieren. Man sollte nur noch preisen, um so Gott seine Verheissung vorzuhalten und deren Erfüllung zu beschleunigen. Gott hat ja schon verheissen zu geben; worum könnte man da noch bitten? Geschwister in der ganzen Welt haben solche Erfahrungen gemacht. Nachdem man Glauben erhalten hat, ist es unmöglich zu bitten. Was wir noch tun sollen, ist zu sagen: "Ich preise dich, Herr. " Aber ach, etliche Brüder besitzen diese Erkenntnis nicht! Gott hat schon verheissen, und doch beten sie weiter, und so beten sie, bis sie alles verlieren. Dies ist wahrlich ein grosser Verlust.

Wie soll man seinen Glauben bewahren? Indem man den Herrn preist: "Herr, ich preise dich, denn du hast mein Gebet erhört. Du erhörtest mich schon vor einem Monat. " Wie kostbar sind die Worte in Markus, Nirgends im Neuen Testament wird Glauben klarer zum Ausdruck gebracht, als in diesem kostbaren Vers. "Alles, um was ihr auch betet und bittet, glaubt, dass ihr es empfangen habt, und es wird euch werden. " Hier sind drei Hauptpunkte:

Bete mit leeren Händen, glaube mit leeren Händen, glaube, und du hältst das Erbetene in Händen.

Viele Neubekehrte verstehen wirklich, was Gebet ist, und sie wissen bereits, welch grosse Rolle Gebet in ihrem Leben spielt.

Weiterbeten

Gebet kennt noch eine andere Seite, welche mit dem bisher Gesagten im Widerspruch zu stehen scheint und doch genauso real ist: Wir sollen nämlich "allezeit beten und nicht ermatten" (Luk. 18,1 ).

Der Herr zeigt uns, dass gewisse Gebete Ausharren erfordern. Wir müssen solange weiterbeten, bis der Herr sozusagen ermüdet ist durch unser ständiges Drängen. Dies ist kein Zeichen von Unglauben, sondern vielmehr eine andere Art Glauben. "Doch wird wohl der Sohn des Menschen, wenn er kommt, den Glauben finden auf der Erde? " fragt der Herr. Dies ist die Art Glauben, welche darauf vertraut, dass durch inständiges Bitten der Herr schliesslich antworten werde - mit oder ohne vorher gegebener Verheissung.

Oft können wir schon gar nicht ein zweites Mal beten, da wir eigentlich um gar nichts gebittet haben. Wie viele unserer Gebete haben wir zwei-, drei-, fünf- oder zehnmal vorgebracht? Viele Gebete vergessen wir, sobald wir sie dargebracht haben. Müssen wir uns noch wundern, wenn Gott sie auch vergisst? Wir können nur dann beten und weiterbeten, wenn echte Not da ist. Dann sind wir in einer Umgebung, die uns zum Beten drängt und bewegt. Nach fünfzig Jahren werden wir dieses Gebet nicht vergessen haben. "Herr, ich höre nicht auf zu beten, bis du eingreifst. "

Solches Beten steht nicht im Widerstreit zur Aussage in Markus. Markus sagt, dass wir solange beten sollen, bis wir Glauben empfangen haben. Hier steht, wir sollten allezeit beten und nicht ermatten. Viele unserer Gebete sind so herzlos, dass deren Beter sie bald vergessen. Wie können wir von Gott überhaupt erwarten, solch herzlose Gebete zu erhören? Wir selber haben vergessen, und doch wünschen wir, Gott möge sich erinnern. Dies ist ein Unding! Daher sollten junge Geschwister lernen zu beten, und zwar bis sie empfangen haben, worum sie baten. Eine Schwester hatte seit mehreren Jahren für ihren Bruder gebetet. Gott schien nicht zu erhören, und die Lage verschlimmerte sich. Eines Tages erklärte sie jedoch, sie wisse, ihr Bruder würde errettet werden. Sie schien grosse Gewissheit zu haben. Woher hatte sie diese Zuversicht? Sie hatte die Geschichte der Witwe, die mit dem ungerechten Richter richtete, gelesen. Sie sagte: "Gott hat mir gezeigt, dass ich ihn noch nie richtig ermüdet habe. Morgens früh werde ich Gott bitten, meinen Bruder zu retten, mittags werde ich ihm dieselbe Bitte vorbringen, und abends will ich Gott nochmals an die Errettung meines Bruders erinnern. Wenn ich Tag und Nacht, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang bete, dann wird Gott eines Tages dadurch so ermüdet werden, dass er sagen wird: Also gut, ich werde deinem Bruder das Heil gewähren. Nun bin ich entschlossen, auf diese Weise zu beten. Deshalb weiss ich, dass mein Bruder gerettet werden wird. " Diese Schwester hatte Lukas, 5 wirklich begriffen.

Von Natur sehr schüchtern, wurde diese Schwester jetzt ausgesprochen kühn. Sie bemühte Gott so sehr, dass er nichts anderes tun konnte, als ihren Bruder zu retten. Nach einer Woche war er gerettet! Das Licht, das sie aus der Bibel empfangen hatte, war gewaltig. Was die Natur aus ihr nicht machen konnte, vermochte das Licht von oben: Sie wurde zu einer "gewalttuenden" Person.

Wenn du also um etwas bittest, musst du lernen, Gott zu ermüden. Wie kannst du von ihm erwarten, dich zu erhören, wenn du selbst vergessen hast, worum du gebetet?

Gebet als Arbeit

Wir sollten Gebet so ernst nehmen wie alle zu erledigende Arbeit.

Zuerst sollte jeder sich ein Gebetstagebuch zulegen, ein Buch, in dem Gebete ausgewertet werden. Alle Gebete sollten darin aufgeschrieben werden. Jede Seite sollte dann in vier Themen unterteilt werden. Ich teilte beispielsweise mein Gebetstagebuch folgendermassen ein: erstens das Datum; zweitens der Gegenstand des Gebets, das heisst das Gebetsanliegen; drittens das Datum der Erhörung; viertens die Art und Weise, in welcher Gott dieses Gebet erhörte. So kann man feststellen, wie viele Dinge man von Gott erbeten hat, wie oft Gott erhört hat und wie viele Gebete noch auf eine Antwort warten. Auf diese Weise kann man seine Gebete auswerten.

Während eines Jahres erhörte Gott dreitausend Mal die Gebete Georg Müllers. Wie hätte er die Zahl gewusst, hätte er nicht über seine Gebete Buch geführt? Es ist schade, dass ich meine alten Gebetsbücher weggeworfen habe. Diese Bücher durchzugehen, wäre höchst interessant. Ich war einst recht strebsam. Ich schrieb mir einhundertundvierzig Namen in die Gebetsliste ein. Nach achtzehn Monaten waren alle ausser zwei von ihnen errettet. Einige Namen wurden am Morgen eingetragen, und am Nachmittag desselben Tages waren sie gerettet. Andere kamen nach sieben oder acht Monaten zum Glauben. Wenn man einmal etwas in ein Buch eingetragen hat, wird es zum Gegenstand eines Geschäftes, das vor Gott in aller Ernsthaftigkeit ausgehandelt werden muss. Ein solches Geschäft kann nicht einfach eingestellt werden. Jedes muss immer wieder überbetet werden, Tag für Tag, bis der Handel abgeschlossen ist.

Der Hauptnutzen eines Gebetstagebuches ist, dass wir feststellen können, wie viele Gebete erhört wurden und wie viele nicht. Wenn wir auf unsere Gebete keine Antwort erhalten, wenn sie nicht erhört werden, dann ist etwas Grundsätzliches nicht in Ordnung. Sowohl die Alten als auch die Jungen sollten ein Gebetstagebuch führen. Eifer allein ist nichtig, wenn Gebete nicht erhört werden. Wenn der Weg zu Gott nicht frei ist, wird der Weg zu den Menschen verbaut sein. Wer vor Gott kraftlos ist, der ist kraftlos auch vor Menschen. Die Menschen sollten danach trachten, Macht im Gebet vor Gott zu haben, denn sonst werden sie unbrauchbare Leute sein.

Mehrere Anliegen sollten im Buch festgehalten und täglich durchgebetet werden:

Alle Gotteskinder sollten täglich für die Weltmenschen beten, dass sie errettet werden möchten.

Gottes Kinder sollten für die völlige Wiederherstellung Israels beten, denn es ist Gottes auserwähltes Volk. Wer immer sie segnet, wird gesegnet werden.

Die Gläubigen sollten das Haupt der Gemeinde darum bitten, der Gemeinde Licht, Gnade, Gaben und Leben zu geben. Wie sehr hat doch die Gemeinde diese Dinge heute nötig.

Christen sollten für ihr Land beten, auf das sie ein ruhiges und stilles Leben in aller Gottseligkeit und würdigem Ernst führen können. Dies sind vier grosse Themen, für die wir zusammen mit den andern Gebetsanliegen, die wir in unserem Buch festgehalten haben, beten sollten.

Beim Benützen des Gebetstagebuches beachte man, dass man für einige Dinge täglich beten muss, während andere Gebetsanliegen nur einmal wöchentlich drankommen. Dies hängt weitgehend von der Anzahl der aufgeschriebenen Gebetsanliegen ab. Wenn es nicht zu viele sind, können sie alle täglich durchgebetet werden. Wenn die Anzahl aber entsprechend grösser ist, kann man es so einordnen, dass jeden Tag nur bestimmte Gebetsanliegen durchgebetet werden. Ich persönlich habe zwei Jahre lang jeden Samstag als Tag des Gebets freigehalten.

Gebet hat zwei Enden

Gebet hat zwei Enden: Den Beter und den Gegenstand des Gebets. Oft muss zuvor das erste Ende verändert werden, bevor am andern Ende etwas geschehen kann. Es wäre töricht, darauf zu hören, dass nur das zweite Ende verändert werde. Wir müssen es lernen, so zu beten: "Herr, wo muss ich noch verändert werden? Sind da noch Sünden, die ich nicht ausgeräumt habe? Habe ich noch irgend selbstsüchtige Wünsche, die gereinigt werden müssen? Willst du mir eine praktische Lektion des Glaubens erteilen? Sind noch Dinge vorhanden, die ich aufgeben muss? " Wenn es auf unserer Seite zu einer Veränderung kommen muss, dann lasst dies zuerst geschehen. Zu viele Gotteskinder ho en, dass ihre Bitten erfüllt werden, ohne dabei bereit zu sein, sich selbst verändern zu lassen.

Wenn junge Gläubige von Anfang an die Lektion des Betens zusammen mit der Lektion des Bibelstudiums lernen, dann wird die Gemeinde gewaltig gestärkt werden. Gott würde uns eine herrliche Zukunft sichern, die unsere Vergangenheit weit übertreten würde.

Datum: 05.03.2005
Autor: Watchmann Nee
Quelle: In Hingabe leben

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