«Nutella-Kinder»

Auch das Schwarzbrot schmackhaft machen

Wie kann «geistliches Schwarzbrot» Kindern und Jugendlichen schmackhaft gemacht werden, die bloss den feinen, süssen Aufstrich im Kopf haben? Darum ging es an einer Tagung in der Kartause Ittingen bei Frauenfeld. Referat und Workshops richteten sich an Mitarbeitende der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit, die sich im Unterricht, im Gottesdienst und in der Freizeitarbeit professionell oder ehrenamtlich engagieren.
Thomas Alder vergleicht das Leben mit einem Stuhl: Wenn Spiritualität als Standbein zu kurz kommt, steht der ganze Stuhl auf wackligen Beinen. (Bild: Evangelische Landeskirche Thurgau)

An der Tagung «Schwarzbrot für Nutella-Kinder – Spiritualität in der Fastfood-Gesellschaft» in der Kartause Ittingen TG hielt Jugendarbeiter Thomas Alder, Leiter des Amts für Gemeinde-Jugendarbeit der Evangelischen Landeskirche Thurgau, das Eingangsreferat. In fünf Workshops machten sich die Teilnehmenden Gedanken über die «Nutella-Kinder» und deren Lebensumstände, über «geistliches Schwarzbrot» und wie es schmackhaft gemacht werden kann.

«Unsere Gesellschaft ist schon lange keine Brotgesellschaft mehr, eher eine Gipfeli-, Schoki-, Nutella- oder Proseccogesellschaft», stellt Alder fest. In der Regel hat es die kirchliche Kinder- und Jugendarbeit mit vordergründig gesättigten Kindern zu tun, denen das wirklich nährende Schwarzbrot zur Nebensache und der Aufstrich, das Drumherum, zur Hauptsache geworden ist.

Vernachlässigtes Standbein Spiritualität

Alder verglich die Lebensbalance mit einem Stuhl, der für seine Standfestigkeit vier gleich lange Beine braucht. Beziehung, Sicherheit, Arbeit und Spiritualität bezeichnete er als Standbeine eines erfüllten Lebens, wobei in unserer Kultur das am meisten vernachlässigte Standbein die Spiritualität sei.

In der Lebenswelt vieler Kinder spiele der Glaube nur noch eine untergeordnete Rolle. Wie eine Studie belege, würde das entstehende Vakuum oft nach Belieben mit religiösen oder pseudoreligiösen Elementen ausgefüllt. Der oft durcheinander gewürfelten Glaubenswelt dieser «Patchwork-Religion» fehle das Wesentliche, das die innere Leere des Menschen ausfüllen und den Lebenshunger stillen könne.

Brot als Symbol

Nach christlicher Überzeugung ist das wirklich Nährende in Jesus zu finden, der sich als das Brot des Lebens zu verstehen gibt. Angesichts der Fülle an Wahlmöglichkeiten bei Konsumartikeln und an Freizeitangeboten stelle sich die Frage ob unseren satten «Nutella-Kindern» Brot als Symbol überhaupt noch verständlich sein kann und wie man diese Metapher in die Lebenswelten der Kinder und Jugendlichen übersetzen kann. Wie bringt man übersättigte Kinder und Jugendlichen dazu, das Nährende anzunehmen, damit sie das Brot des Lebens geniessen können?

Oft wird zünftig Nutella aufs Schwarzbrot gestrichen, damit Lust aufs Zubeissen geweckt wird. Doch manchmal bleibt trotz aller Versuche das Gefühl, dass nur die Schokoladenseite abgeschleckt wird, dass der inhaltliche Kern, der vermittelt werden will irgendwo in der Powerpoint-Präsentation stecken bleibt.

Alder ermutigte die Teilnehmenden, neben aller Methodik, ihrer eigenen Ausstrahlung zu vertrauen. Dass die Authentizität für die Überzeugungskraft mindestens genauso wichtig ist als jede noch so ausgefeilte Methodik, belegte Alder mit konkret erfahrenen Beispielen. Er erntete damit grösstenteils Zustimmung und sorgte vor allem bei ehrenamtlich Tätigen für Aufatmen. Sie fühlten sich erleichtert und in ihrer Kompetenz bestärkt.

Datum: 26.09.2008
Quelle: Kipa

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