Jetzt findet Anna auch die Amis interessant

Für die in Südhessen beheimatete OJC gibt es nur ein Lernziel: Das Leben selbst. Partys feiern, Alkopops oder Bungee-Jumping als Sinnstifter fallen aus. Der wahre Trip zum Ego führt hier über das Baucamp. Jeden Sommer treffen sich junge Erwachsene aus der ganzen Welt für zwei bis drei Wochen in Reichelsheim, um zusammen Hand anzulegen an altes Gemäuer und an Vorurteile, die sie bei ihrer Anreise im Gepäck haben. So wie die 18-jährige Anna aus Russland. Früher dachte sie, Menschen aus den USA seien «blöd». In Reichelsheim lernte sie US-Amerikaner kennen und findet sie plötzlich «interessant». Dass beim Baucamp Vorurteile bröckeln wie loser Putz, findet Anna klasse. «Im Baucamp bin ich immer froh», sagt sie. «Ich lerne viel über die Beziehung zu Menschen und auch zu Gott. Auch die Möglichkeit, Neues über mich zu erfahren, begeistert mich.»

«Mute dich zu!»

Wer sich selbst kennen lernen möchte, betrachtet sich am besten im Spiegel des anderen: Davon ist die OJC überzeugt. Antworten auf die brennenden Fragen rund um die Themen Beziehungsfähigkeit, Abnabelung vom Elternhaus oder Druck von Statussymbolen finden Jugendliche in der Gemeinschaft. Dieses Zusammenleben folgt bestimmten Voraussetzungen. Eine wichtige lautet: «Du sollst dich nicht vorenthalten!» «Gemeinsames Leben», erläutert OJC-Leiter Dominik Klenk, «ist eben nicht in 381/2 Stunden zu machen.» Mann und Frau muss sich ganz einbringen – auch in die tägliche Arbeit –, muss sagen (lernen), was er oder sie denkt und fühlt. Ein zweiter wichtiger Punkt: «Mute dich zu! Sage, was du denkst!» Offenheit und der Mut, Masken abzulegen, gehören beim Projekt «Ich lerne mich selbst kennen» unbedingt dazu. Es darf gestritten werden. Doch Auseinandersetzungen finden nicht im luftleeren Raum statt. Wegweisung, Ratschläge und Erfahrungen zur Veränderung werden in der Gemeinschaft erlebt. «Konfliktfähigkeit zu lernen ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu echten Beziehungen», so Klenk.

Baucamp oder soziales Jahr

Über dem Vorhaben, Beziehungsfähigkeit aneinander und untereinander zu lernen, steht die Beziehungspflege zu Gott. Petra Hepperle, Mitarbeiterin der OJC, sagt: «Gott will Gemeinschaft mit mir – und ich kann und soll in Gemeinschaft mit anderen leben. Gemeinschaft mit Gott ist Voraussetzung für die Gemeinschaft mit meinem Nächsten.» So stehen Gebet, Stille und Bibellese auf dem täglichen Programm. Genauso wie die gemeinsame Freizeitgestaltung und das Feiern nach getaner Arbeit. Neben dem kurzfristigen Mitleben während des Baucamps gibt es für 18- bis 26-Jährige die Möglichkeit, bei der OJC ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) zu absolvieren. Dazu sollte man mit Ausbildung oder Schule fertig sein und sich auf ein Jahr voller neuer Erfahrungen einstellen: von zu Hause weg, neue Leute kennen lernen, mit verschiedenen Generationen zusammenleben, einen Einblick in die Arbeitswelt gewinnen, das Leben mit Jesus gestalten lernen. Leben pur!

Autorin: Manuel Liesenfeld