Jugend

Auf der Suche nach dem Mega-Kick

Techno-Parties, Street-Paraden, Ecstasy, Erlebnishunger - so stellt man sich die Jugendszene vor. Sind das nur Vorurteile oder ist es Verständnislosigkeit? Wie denkt und fühlt die Jugend heute? Wie lernt man sie verstehen und einen neuen Umgang mit ihr?
Junge Menschen sind bei weitem nicht auf dem Rückzugs-Trip, sondern auf dem Intensitäts-Trip!
Jugendliche suchen ein verlässliches Lebenskonzept.

Jugendszenen entstehen dort, wo junge Menschen gemeinsame Interessen, Wertvorstellungen und Freizeitaktivitäten entwickeln oder auch ganz einfach auf die gleichen Konsumartikel stehen. Dabei entfalten Szenen regelrechte soziale Netzwerke, die sich zunehmend quer durch alle sozialen Schichten ziehen. Eine neue Gesellschaftsordnung entsteht!

Offenheit und Vielfalt

Zunehmend besteht das Leben aus Bereichen, die anscheinend ohne Zusammenhang nebeneinander stehen. Für die Jugendszene bedeutet das soviel wie Vielfalt und Offenheit sind angesagt. Zum Beispiel:

- Entwerft euer Leben nicht auf ein gedachtes und irreales grosse Ziel hin, sondern lebt auf die kleinen Ziele - wie die nächsten Ferien - hin.

- Warum soll man die grossen Spannungsbögen im Leben aushalten? Warum auf manche Dinge verzichten, um ein grosses Ziel zu erreichen? Warum nicht viele kleine Spannungsbögen schaffen, um es so einfacher zu haben?

- Warum soll sich der Mensch nicht in jeder Begegnung, in jeder Beziehung, im Beruf, in der Familie anders verstehen? Auf dem Sportplatz sind wir doch andere Menschen als in der Kirche oder in der Schule!

- Und wie steht es in der christlichen Gemeinde? Da haben wir eine Unmenge kleiner Ziele und wenig Kraft, um grosse Ziele vor Augen zu halten und zu verfolgen. Viele Christen halten nur kleine Spannungsbögen aus, nehmen nur kleine Verpflichtungen auf Zeit wahr. Wenige sind bereit und fähig, langfristige Verpflichtungen zu übernehmen. Für missionarische Kurzeinsätze zum Beispiel findet man viel eher Interessenten als für einen langjährigen Einsatz in der Aussenmission.

Erlebnis vor Ergebnis

Die Jugend sagt sich. Überall wird mehr geboten: beim Essen und Trinken, in der Schule, Ausbildung und im Beruf, bei den Freizeitmöglichkeiten, im Lesestoff, bei Musik, Fernsehen, Video ... . Jeder möchte möglichst alles mitnehmen, muss aber auswählen und kann von allem bloss kleine Häppchen probieren. Die Folge davon ist: Man hat immer weniger Zeit, sich wirklich interessieren zu können. Also packt man vieles an, aber tut weniges gründlich.

Viele Jugendliche wollen zwar mitarbeiten, aber nur, wenn es nicht zuviel Einsatz kostet. Schliesslich gibt es noch so vieles anderes im Leben, das auch wichtig und schön ist, und das man mitmachen möchte. Andere haben sich daran gewöhnt, bedient - und nicht herausgefordert zu werden. Sie wollen viel Spass und wenig Verantwortung; haben wenig Interesse an Gesellschaft und Politik. Erlebnis ist mehr als Ergebnis. Persönliche Ansprüche sollen möglichst umgehend erfüllt werden. Spannende, unterhaltsame, anziehende und ansprechende Jugendveranstaltungen werden verlangt. Aber es gibt auch die Suche nach Verbindlichkeit.

Sehnsucht nach Verbindlichkeit

Eine grosse Sehnsucht nach Gemeinschaft und Harmonie bestimmt viele Entscheidungen. Wer mag mich? Wo kann ich aktiv dabei sein und Bedeutung gewinnen? Die Beziehungsfrage ist heute wichtiger als alles andere. In kleinen, überschaubaren Gruppen finden sich Gleichgesinnte zusammen und versuchen, miteinander über den gleichen Lebensstil und gleiche Überzeugungen Halt zu finden. Konflikte werden dabei möglichst umgangen.

Faszinationsloser Glaube?

Wir leben in einer erlebnishungrigen Welt: alles sofort, immer mehr, immer hastiger, immer besser, ständig auf der Suche nach dem Mega-Kick. "Erlebe dein Leben!", heisst es. Ganze Berufskategorien sind dazu da, Leute zu unterhalten, zu animieren und ihnen schöne Erlebnisse am laufenden Band zu verschaffen. Junge Menschen sind bei weitem nicht auf dem Rückzugs-Trip, sondern auf dem Intensitäts-Trip!

Die Angst vor der Leere steigert den Hunger nach mehr. Bei allen gängigen Kicks besteht aber die Gefahr der Entwertung. In diese Richtung stösst die "Thrilling-Strategie", d.h. immer noch eins draufsetzen, mit Extremsportarten wie Bungee-Jumping, House-Running, Gewalt und Qual erdulden, um den eigenen Körper wieder fühlen zu können ... .Unsere Gesellschaft wird als von Ereignislosigkeit, Langeweile, Leere und Gleichförmigkeit geprägt, empfunden. Das Neue, Unbekannte, Unsichere muss erforscht werden. Bewährung, Wagnis, Überwindung sind Eigenschaften die der Mensch braucht.

Christlicher Glaube ist das etwas, das Menschen heute reizt? Lohnt sich dafür den Einsatz des Lebens? Wo ist der Christ besser dran, als sein weltlicher Nächster - nicht nur im theologisch, sondern auch im grauen Alltag? Solche Fragen beschäftigen die Jugendlichen. Welche Ideale, "Challenges" bietet der christliche Glaube, denen es sich wirklich lohnt nachzujagen? Abgesehen von einem gewissen Grundkonsens ist auch im christlichen Bereich vieles in das Belieben des Einzelnen gestellt. Jeder muss für sich selbst entscheiden. Häufig ist kaum noch ein überzeugendes Lebenskonzept zu erkennen.

Was nun?

Es ist grundverkehrt, über junge Leute heute die Nase zu rümpfen, sich zu wundern, den Kopf zu schütteln oder die Endzeit zu beschwören. Der Philosoph Sokrates zeigt, dass die Jugend schon immer eine Herausforderung für die "Nichtjugendlichen" war. So schreibt er: Die Jugend liebt den Luxus, sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität ... .

Und doch hat Jesus Christus es immer geschafft, gerade junge Menschen zu rufen und sie zu für das Reich Gottes zu begeistern. Gebt ihnen die Chance!

Autor: Pfarrer Reiner Bamberger

Redigiert: Livenet, Antoinette Lüchinger

Datum: 27.03.2004
Quelle: Chrischona Magazin

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