Porträt

In der ETG arbeiten alle mit

Ihren Glauben mussten sie anfangs noch versteckt leben. Heute geniessen sie die Glaubensfreiheit: die Evangelischen Täufergemeinden (ETG). Ein Porträt über eine der ersten Freikirchen der Schweiz.
Junge ETGler besprechen sich vor einem Freundschaftsspiel gegen das Unihockey-Team von Pfäffikon. (Alle Fotos: ETG; zur Verfügung gestellt durch Daniel Bräker, Redaktion «ETG Unterwegs», ausser Bild 2).
Peter Marti, theologischer Mitarbeiter des Bundes ETG.
Kinderfreizeit im Sommer 2006.
Gruppenarbeit auf dem Bienenberg.
Die ETG wollen die Familie stärken: Vater-Kind-Tag 2006 im Elsass.
Gottesdienst in der Gemeinde Kusel.
Aus der ETG-Jugendabteilung: Marc mit Küken Babette.
Konzentrierte Kinder, Sekunden vor dem Anpfiff.
Die ETG-Gemeinde Mettmenstetten hilft in Moldawien.
Hilfe für Menschen in Moldawien.
Fröhlicher Empfang in Osteuropa.

Pfarrer Samuel Heinrich Fröhlich war zu seinem Glauben gestanden. Er predigte die Erlösung durch Jesus Christus, so wie es in der Bibel steht. Das passte damals der Landeskirche nicht; der Pfarrer wurde ausgeschlossen. Er liess sich aber nicht zensieren und predigte auf Bauernhöfen weiter. Bald entstanden erste Freikirchen, die damals eigentlich noch gar nicht bewilligt waren.

1832 entstand die erste Gemeinde, vier Jahre später waren es bereits 14. Nach den Mennoniten gehören die Evangelischen Täufer damit zu den ersten Freikirchen der Schweiz. Bis 1900 hatte sich die Bewegung ausgedehnt nach Deutschland, Osteuropa sowie Nord- und Südamerika.

Fünf Punkte für ein Halleluja

Laut dem theologischen Mitarbeiter des Bundes ETG Peter Marti sind fünf Punkte besonders wichtig: «Das Heil erfährt man durch den Glauben an Jesus. In der Taufe bekennt man sich dazu und wird in der Regel Mitglied einer Ortsgemeinde. Gemeinschaft ist uns wichtig; nach dem Gottesdienst essen wir oft gemeinsam. Die Mitglieder werden ihren Gaben entsprechend eingesetzt.»

Auch sei man bestrebt, den christlichen Glauben zu verbreiten. «Jede unserer Gemeinden entscheidet aber selbst, auf welche Weise sie ihre Mitmenschen erreichen will. Zugleich arbeiten wir als Bund ETG zusammen, helfen einander und üben Diakonie.»

«Hier werde ich akzeptiert»

Die ETG sei eine Laienbewegung. Marti: «Wir arbeiten in Teams und leben das sogenannte Priestertum aller Gläubigen. Das heißt: Alle können etwas zum Gottesdienst beitragen. Es ist nicht einfach ein Pastor da, der alles selber macht.»

Die Gemeinschaft sei wichtig. Alle sagen einander «Du», vom Jüngsten bis zum Ältesten. Man lebe wie eine grosse Familie, die Wärme, Geborgenheit und Akzeptanz biete. Früher sei manche Äusserlichkeit vorgeschrieben gewesen, doch «heute nehmen wir die Menschen wie sie sind».

Von neuen Besuchern habe Marti schon mehrfach gehört: «Ich kam rein, und man hat mich sein lassen wie ich bin. Da wurde kein Druck ausgeübt; ich konnte einfach teilnehmen.»

Die ETG am Puls

Die ETG bringe sich aber auch in der Gesellschaft ein. «Manche Gemeinden führen zum Beispiel Stände am Markt, vom Ausland zurückgekehrte Missionare helfen Ausländern, und in Biel läuft die Jugendarbeit „Passepartout“. Dort hilft man Kindern und Jugendlichen bei den Aufgaben und bietet ein Mittagessen an.»

Zufrieden ist Marti mit dem Zusammenleben der Generationen. «Wir lernten, auch jungen Leuten Kompetenz zu geben. Die Jugendgruppen funktionieren meist selbständig. Das ist ihr eigenes Ding.» Die Verkündigung geschehe seit jeher durch ein Team von Laienpredigern, junge und ältere.

Weiter verbessern möchte Marti die Seelsorge. «Das Vertrauen zueinander soll gross genug sein, so dass, wenn nötig, einer dem andern beistehen kann.» Früher hätten das die Männer aus dem Leitungskreis, die Ältestenbrüder, getan. Aber Seelsorgedienst sollen auch begabte Mitglieder leisten können.

Die ETG in Zahlen

Gegründet: 1832.
Anzahl Gemeinden: 20 in der Schweiz, 9 in Deutschland
Anzahl Besucher / Mitglieder: 2300 Mitglieder in diesen 29 Gemeinden, jedoch Besucher als Mitglieder.
Tendenz bei den Mitgliedern: Gleichbleibend oder leicht abnehmend.
Anzahl der Mitarbeiter: 22 teil- und vollzeitliche Mitarbeiter.
Missionare: 71.
Missionsländer: Der Evangelische Missionsdienst EMD (die Fachstelle für Mission im Bund ETG) ist auf fast allen Kontinenten tätig, zum Beispiel in Tansania, Senegal, Ägypten, Simbabwe, Belgien, Spanien, Albanien, Griechenland, Argentinien, Brasilien oder Peru.

Dazu kommt seit 1993 Rumänien. Dort wird auch materielle Hilfe geleistet: Bau von Sozialwohnungen für die Ärmsten, Notunterkünfte für Überschwemmungsopfer und anderes. Die Baufirma Talmabau unter Schweizer Leitung baut auch Gemeindehäuser, wenn diese aus der Schweiz mitfinanziert werden können.

Weiterhin gibt es jedes Jahr drei Hilfstransporte. Einheimische Mitarbeiter sorgen dafür, daß alles gerecht verteilt wird. Mitglieder der Evangelischen Täufergemeinden unterstützen auch rund 20 Familien von rumänischen Evangelisten.

Zeitschrift: «ETG unterwegs», erscheint 6mal pro Jahr und enthält Nachrichten aus den Gemeinden und der Mission.

Aktivitäten: Von Kidstreff (Sonntagsschule) bis Seniorenarbeit. Besonderheit: «Generation drei», Jungsenioren (ab 58 Jahren), seit ein paar Jahren beschäftigt man sich konkret mit Altersfragen, bespricht die neuen Perspektiven im Alter, sinnvolle Tätigkeiten. Ärzte geben medizinische Tipps. Auch Wohnungsfragen bis hin zum Wechsel ins Altersheim sowie Fragen zur letzten Lebensstrecke, zu Sterben und Tod, werden behandelt. Marti: «Damit darf man sich nicht erst mit 80 Jahren beschäftigen.»

Letzte gegründete Gemeinde: Erlenbach vor rund acht Jahren.
Nächste Gemeindegründung: Verschiedene Projekte, keines spruchreif.
Befreundete Gemeinden: Die Gemeinden der Schweizerischen Evangelischen Allianz, örtlich verschiedene Mini-Allianzen zum Beispiel in Bern mit den Nachbarn Baptisten und EGW oder in Zürich mit Nachbar Chrischona. Der Bund ETG ist Mitglied im Verband evangelischer Freikirchen und Gemeinden der Schweiz VFG.

Spezielle Allianzen: Für Aus- und Weiterbildung ist die ETG mit dem Theologischen Seminar Bienenberg verbunden, wo auch das Programm „Horizont +“ für die Generation 3 durchgeführt wird. Zusammen mit den Mennoniten Aktivitäten zum Täuferjahr 2007 und Ausstellungen auch mit der Landeskirche.

Struktur: Die Gemeinden sind autonom und werden meistens von Ältesten und Ressortleitern geführt. Sie gehören zum Bund ETG, dem seinerseits eine Bundesleitung vorsteht. Marti: «Wir wollen keine Briefkastenonkel sein, sondern innovativ zum Bau des Reiches Gottes beitragen.»

Liegenschaften: Fünf Altersheime, eins davon in Deutschland, sind auch für Nicht-ETGler offen. Zwei Freizeithäuser, die als selbständige Vereine geführt werden; das «Credo» in Wilderswil bei Interlaken und die «Lindenwiese» im deutschen Überlingen.

Die Gemeinden sind eingetragene Vereine. Die Ortsgemeinden sind selbst für ihre Gebäude verantwortlich.

Datum: 07.05.2007
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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