Gelernter Bäcker - heute Pfarrer

Gedanken von Paul Bachmann zur Bitte ums tägliche Brot

Wir verlangen nach Leben und haben es nicht in der Hand. Jesus lehrt uns, mit dem Hunger bittend zum Vater zu kommen. Gedanken dazu von Paul Bachmann, Pfarrer des Evangelischen Gemeinschaftswerks EGW Spiez und gelernter Bäcker-Konditor.
Brotkorb (Bigstock: 67474735)
Paul Bachmann

Ich rieche es von weitem, wenn in einer Backstube Brot gebacken wird. Es riecht gut, sehr gut. Der Duft des frischen Brotes erinnert mich an meine Kinder- und Jugendzeit. Ich bin in einer Bäckerei-Konditorei aufgewachsen und habe das Handwerk des Bäcker-Konditors erlernt. Das Brot hatte ich täglich zwischen meinen Händen. Bis heute habe ich eine spezielle Beziehung zu ihm. Ich kann nicht verstehen, dass jemand es leichtfertig wegwirft, nur weil es nicht mehr ganz frisch ist.

Die Bitte ums tägliche Brot

Und doch ist Brot «nur» ein Endprodukt von vielen empfangenen und eingesetzten Gaben. Gott schenkt uns die Erde, den Samen, die Sonne und den Regen. Er begabt Menschen wie den Bauern, den Müller und Bäcker. «Wer ums tägliche Brot bittet, der weiss, dass alles, was er hat, Geschenk und Gabe ist und nur als Geschenk und Gabe ihm gehört» (Walter Lüthi).

Das «tägliche Brot» umfasst neben der Nahrung auch Kleidung, den Mietzins, die Krankenkasse und andere notwendige Auslagen. Das Leben ist teuer geworden. Nicht wenige Menschen leben von Caritas-Läden und «Tischlein deck dich»-Organisationen. Viele – gerade auch ältere Menschen – leiden unter Schulden. «Selber schuld», könnte eine erste Reaktion sein. «Ihr habt euch zu wenig ins Zeug gelegt, um euer tägliches Brot zu verdienen, und Schulden macht man schon gar nicht.» Wer genauer hinschaut, differenziert. Nicht alle haben die Chance, einer Arbeit nachzugehen und gesund zu sein. Einige wurden übers Ohr gehauen und so finanziell ruiniert.

Bitten und teilen

«Gib uns heute unser tägliches Brot.» Ich bete nie nur für mich allein, wenn ich die Bitte formuliere. Ich schliesse den Nächsten ein, den, der neben mir steht oder neben mir wohnt. Nicht nur mir, sondern uns, nicht nur uns in der Schweiz, sondern den Hungernden in der weiten Welt soll das tägliche Brot geschenkt werden. Wenn mein Korb voll ist und seiner leer, dann ruft mich diese Bitte auf zum Teilen, damit der, der nichts hat, mindestens überleben kann. Fragen Sie sich, mit wem Sie heute das tägliche Brot teilen könnten. Teilen macht Freude. Ihr Herz wird berührt und das des Nächsten auch. Kinder machen Freudensprünge, Erwachsene haben Freudentränen in ihren Augen, danken Gott und beten für Sie (siehe 2. Korintherbrief, Kapitel 9, Vers 12).

Mehr als genug

Wir leben nicht vom Brot allein, sondern von dem, der von sich sagt: «Ich bin das lebendige Brot, wer von diesem Brot essen wird, der wird leben in Ewigkeit» (Johannes-Evangelium, Kapitel 6, Vers 51). Seien und werden wir immer wieder Gäste an seinem Tisch, am Küchentisch zu Hause oder im Restaurant so wie am Abendmahls-Tisch in der Gemeinde. Der Gastgeber bleibt der Gleiche. Er sorgt für unser leibliches und geistliches Wohl.

Ich bin im Herzen Bäcker geblieben. Ob ich nun Brötchen backe oder vom lebendigen Brot spreche, es geht um den Herrn, der für uns gestorben und auferstanden ist und der uns mit natürlichen und geistlichen Gaben beschenkt. Bei Ihm ist Brot in Hülle und Fülle. Danken wir Ihm und teilen wir die empfangenen Gaben mit denen, die in materieller oder geistlicher Hinsicht Mangel leiden.

Datum: 17.07.2014
Autor: Paul Bachmann
Quelle: Wort + Wärch

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