Muttersein wieder "in"

Emanzipation in der Krise?

Mutter und Kind

Wer hätte gedacht, dass das altmodische Konstrukt "Muttersein", das jahrzehntelang belächelt und verachtet wurde, nun wieder Kultstatus erlangt? Bestimmt nicht die kühle Berufswelt, die gerne Geschäftstüchtigkeit und Stress simuliert, um die hohen AHV - Beiträge zu bezahlen, die dann doch in unsicheren Gefilden verschwinden. Flott ist, wer einen Job hat. Egal, welchen Inhaltes, oder ob man wichtige Ziele verfolgt. Hauptsache, die Lohntüte stimmt. Ein Anstellungsvertrag bestimmt über Leben und Tod des bürgerlichen Selbstbewusstseins. Und nun das.

Das Mutterdasein verzichtet auf das tägliche Zitat: Ich gehe zur Arbeit. Und das mit recht. Denn man ist bereits bei der Arbeit. Tag und Nacht wohlverstanden. Hat doch dieser simple Ausdruck "Tschüss Schatz, ich gehe zur Arbeit" den Menschen schon oft Flügel verliehen, was die Mütter entsprechend verunsicherte. Die Arbeit zu Hause galt nicht als Arbeit. Der Monatslohn ist auf keinem Konto zu finden und die Möblierung der Stube versinkt nach der täglichen Aufräumarbeit schnell wieder unter Bauklötzen und Klebstoff.

Der Spiess wird umgedreht

Trotzdem wird der Spiess umgedreht. Der trockene Ruf der Geschäftswelt fasst nicht mehr Fuss in Frauenohren. Vielmehr folgt darauf ein Echo, das sich gewaschen hat: Wir wollen zu Hause bleiben! Frauen wollen wieder Mütter sein. Die Emanzipation steckt in der Krise. Was als unfrei und eng galt, wird nun als Privileg gefeiert.

Das Bild des Superweibes, das locker Familie und Karriere unter einen Hut bringt, wird in die Ecke manövriert. Frauen verzichten auf die stressige und eisige, von Männern dominierte Geschäftswelt. Es scheint ein Comeback des Mutterstatus zu sein, der längst verschwunden schien.

Begeisterte Mütter

Der Spiegel schreibt: "Veronica Ferres- Erfolgsschauspielerin, Tagesschaustar Gabi Baur und Boulevardknalltüte Jenny Elvers mutieren zu begeisterten Müttern oder schliessen zumindest die Wandlung für sich nicht mehr aus. Kind statt Karriere, Mutterglück statt Quotenhit- die deutsche Frauenprominenz jubelt derzeit über die neue Sinnesfülle, die der Nachwuchs ihrem Leben verleiht."

Es ist schick geworden, schwanger zu sein. Ungeniert tragen Schwangere kurze Tops und enge Röcke, um die Schönheit der Schwangerschaft herauszukehren. Riesenkutten und Schlabberhosen verschwinden in der Mottenkiste: Die Renaissance des neuen Körperbewusstseins beginnt. Doch damit ist es noch nicht getan.

Schwere Ketten?

Das familienfreundliche Mutterbild birgt noch ganz andere Vorzüge. Die französische Philosophin Elisabeth Badiner meint dazu: Die Mystifizierung der Frau, die Simone de Beauvoir so entschieden zurückwies, sei schleichend auf dem Vormarsch. Es sei gross in Mode, die Mutterschaft und die weiblichen Eigenschaften wie Sanftmut, Altruismus und Friedfertigkeit wieder hervorzukehren.

In den siebziger Jahren galten Kinder vieler Feministinnen als "schwerste Ketten" der Frau.
Und Alice Schwarzer meinte dazu kühn in ihrer Zeitschrift "Emma": Kinder fesseln Mütter an Küche und Babybett. Doch Alice Schwarzers damalige Modetrend - Meinung wird ebenso kühn auf Eis gelegt, wie sie zitiert wurde, denn das Image wandelt sich radikal. Heute, so gibt es das neue Leitbild vor, ist eine Frau erst mit Kind vollständig.

Wir brauchen dringend Nachwuchs!

Stehen egozentrische Selbstverwirklicher und narzisstische Konsumsüchtige bald alleine da?
Gut für die Wirtschaft wäre es allemal. Tatsächlich braucht Europa nichts so dringend wie Nachwuchs.1999 brachte eine Frau durchschnittlich 1,4 Kinder zur Welt. Das sind viel zu wenig, denn Stellen müssen besetzt und Renten- und Gesundheitskosten bezahlt werden.
Streicht man aber den wirtschaftlichen Nutzen von Kindern, bleibt noch eine Menge übrig.

Kinder sind eine Bereicherung in jeder Hinsicht. Sie sind spontan, echt, lebensfreudig und anhänglich. Der neue Trend sollte lauten: "Mütter befreit euch aus den Fesseln der ausgeleierten Modetrends!" Denn Modetrends machen noch keine Familien, aber treue Mütter (und auch Väter) allemal. Es wird allmählich Zeit, dass auch in der Schweiz die Mutterschaft mit einer zeitgemässen Mutterschaftsversicherung goutiert wird. Bundeskanzler Schröder hat die prekäre Sachlage schon längst erkannt: "Selbstverwirklichung beginnt in der Familie", meinte er zu diesem Thema. Aber auch die Werbung hat die Augen offen und das Bedürfnis der Gesellschaft erkannt; sie wirbt neuerdings für ein Familienauto mit dem Zitat: Lust auf Familie!

Datum: 05.02.2003
Autor: Iris Muhl
Quelle: Jesus.ch

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