Falsche Vorstellungen

Reden über den Glauben

Wohl die Mehrzahl unserer Mitmenschen wissen wenig oder haben falsche Vorstellungen vom christlichen Glauben.
gespraech
Puzzle
Mauer
Hebammen

Sie sind angewiesen auf Christen, die den Glauben nicht nur leben, sondern auch darüber reden. Der folgende Beitrag zeigt sieben Strategien zu einem unverkrampften Reden über den Glauben.

Der Druck, über den Glauben reden zu müssen, ist eine schlechte Voraussetzung für das Kommunizieren der eigenen Erfahrungen mit Jesus Christus. Die folgenden, sich ergänzenden sieben Prinzipien erlauben es, auf eine sowohl natürliche wie auch geistliche Weise das faszinierende "Geheimnis Gottes" mit anderen zu teilen.

1. Einfach statt dreifach leben

Familienvater Peter Christ wohnt in Stäfa, arbeitet in Rapperswil und besucht jeden Sonntag den Gottesdienst in Zürich. Seine Frau leitet dort den Gemeinde-Chor, arbeitet halbzeitlich in Horgen und kümmert sich zusammen mit dem Vater um die Kinder. Diese wiederum besuchen am Samstagnachmittag die Jungschar in Zürich.

Die hier beschriebene örtliche Trennung des Lebens in die Bereiche Wohnen, Freizeit und Arbeiten ist problematisch. Wenn diese drei Lebensbereiche auseinanderfallen, wird der Glaube oft zum aufwendigen Hobby ohne Zusammenhang mit dem wirklichen Leben. Peter Christ mag im geistlichen Umfeld glaubwürdig Christ sein. Er wird in der Predigt aber kaum auf Fragen des Berufes oder der Freizeit bzw. des Konsumverhaltens angesprochen. Und im "wirklichen Leben" trifft er sowieso ganz andere Menschen als in der Gemeinde. Es ist nur schon aus strukturellen Gründen naheliegend, dass er zuhause ein bürgerliches Leben A, im Beruf ein leistungsorientiertes Leben B und in der Gemeinde ein christliches Leben C führt. Sein Christsein bleibt auf einen kleinen Teil des Lebens beschränkt; das Weitergeben des Glaubens ist für ihn alles andere als naheliegend, es wirkt oft fremd oder aufgesetzt.

Wenn es auch nicht immer möglich ist, Beruf, Wohnen und Freizeit am selben Ort zusammenzubringen, gibt es doch verschiedene Möglichkeiten, um die Synergien zwischen Glauben und Leben zu steigern: Man engagiert sich zum Beispiel mit seinen Begabungen bewusst auch in der (Kirch-)Gemeinde, im Wohnquartier bzw. Dorf, arbeitet mit in der Quartiergruppe, der Schulbehörde oder im Elternrat der Schule; man beteiligt sich in der Firma oder im Schulhaus an einer Gebetsgruppe; man verbringt einen Teil der Freizeit mit Berufskolleginnen und -kollegen oder profitiert von säkularen Freizeitangeboten am Wohnort.

Wenn Peter Christ die drei Lebensbereiche Wohnen, Arbeiten und Freizeit näher zusammenbringt, lernen seine Mitmenschen ihn und seinen Glauben in verschiedenen Lebenszusammenhängen von A wie Auto bis Z wie Zucker kennen. Dabei ergeben sich viele "natürliche" Anknüpfungspunkte zum Gespräch über den Glauben.

2. Puzzle spielen

Wie wir den Glauben weitergeben, hängt eng mit unseren Begabungen zusammen. Der eine kann Mitmenschen direkt mit dem Glauben konfrontieren, ohne sie abzuschrecken; die andere tut es leise über die Gabe der Gastfreundschaft; der eine baut mit seiner "natürlichen" Fröhlichkeit Hindernisse zum Glauben ab, die andere geht mit Fachkenntnis auf Glaubenshindernisse ein. Es gibt Christen, die vorwiegend vor-evangelistische Kontakte pflegen, anderen fällt es leichter, Interessierte über die Schwelle zum persönlichen Ergreifen des Glaubens zu führen oder sie bei den ersten Schritten zu begleiten (siehe 7.). Jeder und jede trägt so einen Teil bei, Gott formt daraus ein ganzes Puzzle.

Wichtig ist, dass nicht nur gemäss der eigenen Begabung gelebt, sondern auch die Ergänzung durch Andersbegabte gesucht wird.


3. Das Herz sprechen lassen

"Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über." Das Herz ist der Ort innerer Beweggründe, hier werden die Weichen für das Verhalten gestellt. Dieser Bereich muss geprägt werden vom dreieinigen Gott, wenn das Verhalten und Reden echt sein soll. Man kann nur bezeugen, was man gesehen oder erlebt hat und worauf man sich wirklich verlässt.

Wenn die Motive stimmen, kann auch mal etwas ungeschickt gesagt oder unvollkommen gelebt werden. Nicht Perfektion zeichnet Christen aus, sondern der andere Umgang mit Fehlverhalten.

4. Das Verständnis suchen

Das Weitergeben des Glaubens zielt - wie jedes andere Kommunizieren - auf das Verständnis ab. Missionarisch gesinnte Christen sind oft in Gefahr, ihre Botschaft möglichst "ungeschmälert" an den Mann oder die Frau zu bringen, ohne sich um die Befindlichkeit des Gegenübers zu kümmern.

Kommunikation besteht aber zu 90 Prozent aus Bestätigung und nur zu 10 Prozent aus Dazulernen. In der Regel lernen wir nur von Menschen, denen wir vertrauen. Antworten stossen nur dann auf Verständnis, wenn sie auf wirkliche Fragen eingehen.

Beim Weitergeben des Glaubens gilt deshalb: Die Botschaft muss vom Gegenüber her gedacht und formuliert werden. Das kann heissen, bei den bisherigen religiösen Erfahrungen anzuknüpfen, ungewohnte christliche Formen zu erklären und missverständliche religiöse Vokabeln wie Sünde, Toleranz oder Bekehrung entweder anders zu formulieren oder zumindest sorgfältig zu definieren. Manchmal muss auf liebgewordene Formen wie das Beten vor dem Essen zugunsten des Nächsten zumindest vorübergehend verzichtet werden. Ein solches Vorgehen fördert nicht nur das Verständnis, es entspricht schlicht dem Gebot der Nächstenliebe. Dabei ist es nicht verboten, Fragen nach dem Glauben durch einen glaubwürdigen Lebensstil oder eine inspirierte Provokation hervorzurufen.

5. Mauern überwinden

Mit der zunehmenden Entchristlichung unserer Gesellschaft werden Christen in ihren Umgangsformen und ihrem Weltbild immer mehr zu Angehörigen einer Gegenkultur. Wer vom christlichen Glauben redet, dringt deshalb mit seiner Botschaft in eine andere Kultur ein. Es gilt dabei, die christliche Sprache und Lebensform zu übersetzen und zu begründen und sich in die Kultur des Gegenübers einzufühlen (siehe 4.).

Die Rede von Jesus führt nicht nur zu kulturellen Missverständnissen, sie stösst auch auf geistliche Hindernisse. Diese "geistliche" Mauer kann nur geistlich - im Gebet für das Gegenüber - angegangen werden.

Eine dritte Mauer steht für den "freien" Willen. Sie darf nicht niedergerissen werden, denn sie wird nicht einmal von Gott umgestossen. Auch beim engagierten Gespräch über Glaubensinhalte muss gezielte Manipulation als Mittel der Überzeugung unterbleiben.

6. Das Tempel-Bewusstsein entwickeln

Christen sind mit ihrem Sein lebendige Bausteine am Tempel Gottes, ihr Leib ist Wohnort des Heiligen Geistes. Wo sie sich aufhalten, befindet sich die verdichtete Gegenwart Gottes, noch bevor sie irgendetwas gesagt oder getan haben. Als Priesterinnen und Priester haben sie die Aufgabe, Brücken zu bauen zwischen Mitmensch und Schöpfer.

Was Christen reden, tun und sind, ist für ihre Mitwelt entscheidend. Gleichzeitig sind sie aber "nur" Dienerinnen und Diener, nicht Gott selber. Er bewirkt durch den Heiligen Geist die Umkehr zu Gott. Das entspannt und bewahrt vor eigenen Bekehrungsversuchen.

7. Als Hebamme Hand anlegen

Nach der Zeugung entsteht wie von selbst eine Schwangerschaft. Dies gilt bildhaft auch für den Prozess, der in einem Menschen zur äusserlich sichtbaren Umkehr - der "Geburt" - führt.

Obwohl der Heilige Geist am Werk ist, kann eine Hebamme beim Gebären Hilfe leisten. Hier sind Christen gefragt, die Interessierte im reifen Moment in eine Entscheidungssituation führen: in einen Gottesdienst, eine Evangelisation oder ein persönliches Gespräch. Es gilt zu klären, worum es bei der Umkehr zu Gott geht, was Sünde im persönlichen und gesellschaftlichen Leben bedeutet und wie Erlösung durch Jesus bzw. Geisterfüllung geschehen kann.

Damit das neue Leben gedeihen kann, ist es weiter wichtig, dass junge Christen von andern auf dem Weg des Glaubens begleitet und in die christliche Gemeinde eingeführt werden. Beten, Bibellesen, Glauben, aus der neuen Hoffnung heraus die Welt gestalten - all das muss und darf gelernt werden.

Datum: 04.12.2003
Autor: Hanspeter Schmutz

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