Kein Strohfeuer

Wahre Erweckung

Statt abstrakter Massenveranstaltungen, die Strohfeuer entfachen, braucht es konkrete und persönliche Schritte, die zu anhaltenden Veränderungen führen. Was also tun? Können wir Erweckung überhaupt machen? Zweifellos ja, aber wie können wir zum eigentlichen Kern der Erweckung durchdringen? Und was halten Sie davon: "Machen Sie sich auf, ein Reformator zu sein!" Wie klingt das in Ihren Ohren? Sollte man da nicht zumindest mal nachfragen, was Gott dazu meint! Wir wollen eine Erweckung! Neulich, bei einer der vielen charismatischen Konferenzen, irgendwo im Süddeutschen: In den Gängen des Infomarktes herrscht Gedrängel, ein Stand ist besonders frequentiert, regelrechte Menschenknäuel bilden sich davor. „Pro Erweckung“ heisst es in grossen Lettern über diesem Stand. Eifrig werden Listen herumgereicht, Kugelschreiber wechseln durch feuchte Hände, Unterschriften werden geleistet. „Ich bin dafür!“ ruft ein begeisterter Twen. „Ja, genau, das brauchen wir!“ bestätigt eine eher schüchtern wirkende Mittvierzigerin. Auch ein untersetzter Mann, der kurz vor der Pensionierung stehen dürfte, stimmt in diesen Chor ein: „Endlich: Wir setzen mit unseren Unterschriften ein Zeichen der Einheit.“ Am Ende haben 99,3 % der Teilnehmer unterschrieben. Die Euphorie, die sich bei Bekanntgabe dieser Zahl breit macht, ist fast mit Händen zu greifen. Ist sie schon da, die Erweckung? Welche Erweckung? Und überhaupt, was ist Erweckung denn eigentlich? Dies fragt eine genervte Mutter. „Die Gemeinden sollen erst mal vor ihrer eigenen Türe kehren, bevor sie von Erweckung sprechen!“ befindet ein hagerer Schlaks, Typ Schreibtischtäter. „Haben wir doch alles schon gehabt! Strohfeuer, die verpuffen - spätestens wenn der Alltag am Montag wieder kommt“, resümiert eine reservierte Single-Frau. „Erweckung, Erweckung, so ein Blödsinn! Was wir tatsächlich brauchen, ist eine zweite Reformation!“ doziert der ergraute, aber dynamische Manager, Anfang 50. Neubelebung J. Edwin Orr, ein Kirchenhistoriker, definiert Erweckungen schlicht als „Zeiten der Neubelebung ... durch die Gegenwart des Herrn!“ Charles Finney fasst sich genauso kurz: „Erweckung ist die Erneuerung der ersten Liebe der Christen“. Hätten Sie Erweckung so oder anders oder überhaupt definieren können, wenn Sie im Menschenknäuel des Infomarktes gestanden hätten? Oder hätten Sie einfach auch unterschrieben, wie die 99,3 % der Teilnehmer dieser frei erfundenen Szene? Wenn wir ehrlich sind, hätten wir (fast) alle auch unterschrieben: Denn wir wollen sie doch alle, die Erweckung! Und wir brauchen sie ja auch so dringend. Aber was hat es damit auf sich? Die genervte Mutter wusste es nicht. Hauptdarsteller sind die Gemeindeglieder Aus den oben zitierten Definitionen lassen sich zwei zentrale Merkmale von Erweckung ableiten: Erstens: Erweckung ist immer persönlich. Und zweitens beginnt Erweckung immer bei den Christen. Es geht also nicht darum, dass die Masse der Sünder „begehrt, das Wort des Herrn zu hören“. Wir erkennen sie auch nicht daran, dass die Kneipen schliessen und die Spielautomaten keinen Umsatz mehr machen - das kann im Lauf und als Folge einer Erweckung passieren. Aber Erweckung beginnt, wenn Christen wieder zur ersten Liebe zurückfinden und für Jesus brennen. Insofern hatte unser hagerer Schlaks, Typ Schreibtischtäter, der seine Unterschrift verweigerte, nicht unrecht: Die Gemeinden müssen zuerst vor ihrer eigenen Haustüre kehren. Und jeder Christ ist gefragt, den Besen zu schwingen! Also: Erweckung ist zuallererst persönlich, dann gemeindlich, weil sie beim Volk Gottes beginnt, und - das auch noch - prophetisch. Und zwar im Sinne des hebräischen „dabar“ (findet sich z. B. in Jer 1,9 - Berufung des Jeremia). Das heisst wörtlich übersetzt: etwas in Gang setzen, entzünden, voranbringen. Vielfach kann man in der Erweckungsgeschichte beobachten, dass Erweckungen von einzelnen Menschen (z. B. Wesley), von einem Ort (z. B. Azusa Street) oder von einem Ereignis (z. B. Pfingsten) ausgegangen sind. Eine Erfahrung oder ein Erlebnis wirkte wie eine Initialzündung, ähnlich einem Zündfunken, der mit Hilfe eines Überbrückungskabels von einem laufenden auf einen liegengebliebenen Motor übertragen wird. Ist der Funke übergesprungen, läuft der Motor wieder, braucht keine Hilfe von aussen mehr und bleibt danach nicht alle fünf Meter liegen. Oder doch nur ein Strohfeuer Apropos alle fünf Meter liegen bleiben: Wieso verlaufen so viele Bewegungen, die so erwecklich begonnen haben, so schnell im Sande? Oder verlöschen als kurzlebiges Strohfeuer, wie unsere ebenfalls unterschriftsverweigernde Single-Lady resümierte? Ich vermute folgendes: Die erweckliche Bewegung stirbt wieder ab, wenn sie sich nicht nach aussen auswirkt, denn damit erfüllt sie ihren Zweck nicht. Statt dessen beginnt sie recht schnell, sich um sich selbst zu drehen, und wird dadurch zum Selbstzweck, ihre Batterie entlehrt sich wieder weil sie keine neuen Energieen generiert. Bevor wir diese - zugegeben - etwas abstrakte Erklärung anhand konkreter Beispiele näher beleuchten, noch eine Randbemerkung: Gerade unter Christen gibt es aber einen weiteren heiklen und oftmals tabuisierten Grund: Unsere Neigung, Neues abzulehnen oder zu verteufeln! Wir Christen wissen, wie die Dinge funktionieren, vor allem im Reich Gottes! Und wenn da etwas Neues kommt, dann werden wir das erst mal genau prüfen, ob Gott das auf diese Weise machen kann. Denn es kann nicht sein, was nicht sein darf! Und wenn es denn unbedingt so sein sollte, hätte uns Gott doch sicherlich vorher Bescheid gesagt, damit wir uns entsprechend darauf vorbereiten können... Diese unsere arrogante Überheblichkeit hat uns sicherlich schon das eine oder andere Mal die Früchte einer Erweckung weggefressen, bevor wir sie ernten konnten. Also heisst es, hier besonders wachsam zu sein und genau zu prüfen, ohne vorschnell zu urteilen, damit das Neue eine Chance hat. Das Gefühl der Nähe Gottes als Selbstbestätigung Nun zu den konkreten Beispielen, an denen deutlich wird, dass alles eigentlich ganz einfach ist. Dabei brauchen wir gar nicht so weit in die guten alten Zeiten der Erweckungsgeschichte zurückgehen, in denen manche schwelgen. Wir können in der allerjüngsten Kirchengeschichte - oder besser gesagt im Gemeindealltag - bleiben, Stichwort: Der sogenannte Torontosegen. Keine Frage, eine erweckliche Bewegung von Gott, durch die im Leben vieler Christen die erste Liebe und die persönliche Hingabe erneuert wurden. Dennoch: Was haben wir daraus gemacht? Viel zu oft - leider - nur ein Happening. Anstatt diese vielfach erlebten Initialzündungen zu nutzen, um das Gemeindeleben zu erneuern, die Kirchendistanzierten zu erreichen oder die Menschen des 10/40-Fensters mit Vollmacht zu missionieren, sind viele nur auf die Erfahrung abgefahren. Auf das Gefühl, „es“ auch erlebt zu haben. Die Manifestationen sind zum Götzen geworden, die Erfahrung zum Selbstzweck. Was nun? Gibt es keine Beispiele, wie das Volk Gottes mit einer erwecklichen Initialzündung Gottes richtig umgegangen ist? Sollen wir die Hoffnung auf Erweckung gleich fahren lassen, weil wir es wieder vermasseln? Nein! Ein Blick ins zweite Kapitel der Apostelgeschichte zeigt, wie es geht und worauf es ankommt. Auch hier haben wir die erweckliche Initialzündung: Sie waren beisammen und warteten - wie Jesus es ihnen befohlen hatte (vgl. Apg 1,4) - bis sie den Heiligen Geist empfingen. Und er kam, „in zerteilten Zungen wie Feuer“ (vgl. Apg 2,3). Was haben sie darauf hin gemacht? Haben sie sich jeden Tag getroffen, gebetet und darauf gewartet, dass sie diese Erfahrung wieder machen würden und der Heilige Geist erneut in zerteilten Zungen wie Feuer vom Himmel käme? Nein! Petrus stand auf und hielt seine phänomenale Pfingstpredigt. In kurzen Worten setzt er dieses erweckliche Geschehen in einen heilsgeschichtlichen Zusammenhang und erläutert das Evangelium. Auf die überwältigende Reaktion der Zuhörer hat er die passende Antwort parat: „Tut Busse, lasst euch taufen, und ihr werdet auch den Heiligen Geist empfangen.“ Wir wissen es alle: 3000 Menschen bekehrten sich, wurden an diesem Tag hinzugetan. Und dann kommt der entscheidende Schlüssel: "Sie verharrten!" Nicht in ihrer Erfahrung, sondern „in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in Gebeten“ (vgl. Apg 2,42). Die Erfahrung wurde nicht zum Selbstzweck, sondern sie war nur Mittel zum Zweck: Sie sollte nämlich der Urgemeinde den entscheidenden Kick geben und damit die grösste Bewegung in Gang setzen, die diese Welt je gesehen hat: die Christenheit - ausgehend von Jerusalem, über Judäa und Samaria, bis an die Enden der Erde! Reform könnte zur Erweckung führen Was also tun? Wie können wir Erweckung machen? Gar nicht! Denn jeder, der sich dieses Label auf die Fahne schreibt, ist schon aufgrund der Assoziationen, die dabei hier in Europa entstehen, zum Scheitern verurteilt. Also Hände in den Schoss legen oder doch Unterschriften sammeln? Nein! Denken Sie an den ergrauten, aber dynamischen Manager Anfang 50 vom Infomarkt: Machen Sie sich auf, ein Reformator zu sein! Jawohl, das klingt in christlichen Ohren - Martin Luther sei es gedankt - nicht nur besser, es hilft auch zum eigentlichen Kern der Erweckung durchzudringen: Statt abstrakter Massenveranstaltungen, die Strohfeuer entfachen, braucht es konkrete und persönliche Schritte, die zu anhaltenden Veränderungen führen, nämlich diese etwa: 1. Suchen Sie die persönliche Gottesbegegnung!
Menschen

Die hatten und brauchen alle, egal ob erweckt oder reformiert. Mose, Petrus, Luther. Alle Menschen, mit denen Gott etwas in Gang gesetzt hat, sind ihrem Gott persönlich begegnet!

2. Verlassen Sie „Haran“!
Abraham musste Haran verlassen (vgl. 1 Mose 12,1ff.), bevor Gott ihm die Vision eines neuen Gottesvolkes geben konnte. Sein Vater Terach war auf halber Strecke stecken geblieben. Haran ist das Symbol für Halbherzigkeit, Lauheit, Faulheit, Stillstand der eigentlichen Beauftragung; aber bei Abraham eben auch für die Bevollmächtigung Gottes. Also: Raus aus Haran!

3. Weichen Sie dem Schmerz nicht aus!
Wenn Gott Entscheidendes verändern möchte, wird er zuerst Sie verändern müssen. Deshalb wundern Sie sich nicht, wenn Sie um Veränderung beten und Gott Ihnen die Veränderung zuerst selbst zumutet. Meist ist Veränderung mit Schmerz verbunden. Wer diesem Schmerz ausweicht, weicht allzu oft Gott aus.


4. Öffnen Sie sich für das Prophetische!

Das Prophetische bewirkt zwei Dinge, die für Reformation unerlässlich sind. Erstens hebt es eine Person, eine Gemeinde, eine Bewegung - wie ein Sessellift - auf eine andere Ebene des Sehens und Verstehens. Zweitens bricht es hartes Land auf und bringt Unheiliges zu Tage, damit es gereinigt werden kann. Dadurch wird eine „Neupflanzung“ auf „gepflegtem Feld“ möglich.


5. Bitten Sie Gott um die Gnade der Tränen!

Unser Herz ist hart geworden. Gleichgültigkeit, Abschieben von Verantwortung und Rechtfertigung sind oftmals Reaktionen auf Berichte über den Zustand in unseren Gemeinden oder in unserem Land. Nehemia lehrt uns, dass die Kraft für Veränderung oft aus den einsam geweinten Tränen kommt (vgl. Neh 1,4).

6. Tun Sie mit Entschlossenheit „das Eine“!
Zu viele Christen kennen ihren Auftrag, ihre persönliche Berufung nicht, verzetteln sich oder wollen es allen recht machen. Bitten Sie Gott, Ihnen „Ihr Ding“ zu zeigen.


7. Besinnen Sie sich auf Ihre Gaben und auf Ihre Vollmacht!

Viele Christen - und ganz besonders viele Leiter - fühlen sich überfordert, mutlos oder gar ausgebrannt und haben ihre geistliche Position innerlich längst verlassen. Lassen Sie sich wie Timotheus von Paulus an das erinnern, was Gott Ihnen gegeben und verheissen hat. Trauen Sie sich, Schritte zu gehen und Dinge zu verändern. An die Leiterinnen und Leiter: Trauen Sie sich zu leiten!

8. Halten Sie den Sabbat ein!
Es geht nicht um Aktionismus und Machermentalität. Entdecken Sie den Segen des Sabbats wieder. Diese Zeiten der inneren und äusseren Erneuerung und Erfrischung sind Voraussetzung für alle reformatorischen Prozesse. Ohne Sabbat geht Ihnen die Puste aus. Wichtig ist auch: Sabbatzeiten bewusst planen, sonst werden es Zeiten des Herum- und Durchhängens.

9. Bleiben Sie dran!
Schwelgen Sie nicht in Ihren Erfahrungen oder in dem, was Gott schon mal in Ihrem Leben oder in der Geschichte Ihrer Gemeinde getan hat. Fragen Sie vielmehr nach dem nächsten Schritt - auch und gerade dann, wenn Sie eine erweckliche Gottesbegegnung haben. Denn das ist erst der Anfang!

10. Fürchten Sie Gott mehr als Menschen!
Menschenfurcht ist der Reformations- und Erweckungskiller Nummer eins. Dort, wo wir Angst haben, etwas zu verlieren, ist die Grenze unserer Reformfähigkeit und unserer Brauchbarkeit für Gott erreicht. Bitten Sie Gott, Ihnen die Freiheit eines Christen neu und frisch zu offenbaren.

Lernen Sie diesen Artikel auswändig

Wenn Sie Ihre persönliche Bereitschaft zur erwecklichen Initialzündung jetzt noch prophetisch zum Ausdruck bringen wollen, dann drucken Sie diesn Artikel aus, pinnen Sie ihn an Ihre Klotür - da kommen Sie mehrmals täglich vorbei. Und wenn es Sie motiviert: Setzen Sie am besten gleich Ihre Unterschrift darunter!

von Michael Winkler und Oliver Mack

Die Autoren:
Michael Winkler, Jahrgang 1960, verheiratet mit Christine, 4 Kinder. Kam 1984 nach der Bibelschule in England nach Ditzingen, wo er eine Gemeinde mit 30 Leuten als Pastor übernahm. Die Gemeinde Treffpunkt Leben hat heute 300 Mitglieder. Michael ist von seiner Gemeinde für den apostolischen Dienst ausgesandt und arbeitet als Leiter des Netzwerkes Forum Leben Networking.

Oliver J. Mack, Jahrgang 1971, verheiratet mit Simone, 1 Kind. Nach dem Betriebswirtschaftsstudium hat er für 2 Jahre mit JMEM die Welt bereist. Er arbeitet in der Versicherungsbranche und engagiert sich ehrenamtlich in der Gemeinde Treffpunkt Leben und bei Forum Leben Networking.

Datum: 04.11.2004
Quelle: come

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