Wegbereiter und Vordenker der „Kultur des Todes“

Donald DeMarco
Benjamin Wiker
Arthur Schopenhauer.
Karl Marx.
Friedrich Nietzsche.
Jean-Paul Sartre.
Sigmund Freud.
Simone de Beauvoir.

"Architects of the Culture of Death” (Die Erbauer der Kultur des Todes) heisst das neueste Werk des Philosophen Donald DeMarco. Zusammen mit Benjamin Wiker analysiert er darin namhafte Gestalten, die das Denken unserer heutigen Kultur wesentlich mitprägen – nicht zum Guten, wie sich zeigen sollte. Das Buch erschien im Ignatius Verlag.

Arthur Schopenhauer, Friedrich Nietzsche; Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir; Karl Marx; Sigmund Freud, Wilhelm Reich und so weiter – all diese zum Teil sehr bekannten Persönlichkeiten scheinen einen gemeinsamen Nenner zu haben. Für den Philosophen Donald DeMarco sind sie nämlich alle Mitbegründer einer modernen, weit verbreiteten und facettenreichen neuzeitlichen Krankheit, die er als „Kultur des Todes“ bezeichnet. Letztendlich sind damit tief greifende „Strukturen der Sünde“’ gemeint, die dem Einzelnen das christliche Leben in der Gesellschaft verkomplizieren.

Mögen die oben genannten Denker auch noch so wahrhafte Ziele verfolgt haben, und mögen einige sogar davon geträumt haben, die Welt von ihren Übeln zu heilen – die Analyse von Donald DeMarco stellt ihnen ein vernichtendes Zeugnis aus: Anstatt die Welt zu verbessern, leisteten sie im Gegenteil einen ganz enormen Beitrag zu ihrer Verwüstung, zur „Kultur des Todes“.

Im folgenden Interview erklärt der Philosoph, wie das Denken einiger weniger Persönlichkeiten zum Heranwachsen einer Kultur des Todes beitragen konnte.

ZENIT: Weshalb haben Sie sich für ein derartiges Buch entschieden, das die Lebensgeschichten von „Erbauern der Kultur des Todes” zum Inhalt hat?
DeMarco: Ich habe die tiefe Überzeugung, dass in der modernen Welt etwas vollkommen falsch gelaufen ist. Und natürlich, dass die Menschen wissen müssen, wie das geschehen ist und dass es für unser gegenwärtiges Dilemma einen Ausweg gibt.

Es war wohl unvermeidlich, dass sich meine Gedanken vom Positiven abwandten, hin zu dessen Gegensatz. Schliesslich verteidigt man Wahrheit nur halb, wenn man nicht auch die Lügen aufdeckt, die sie überfallen und begraben möchten.

Was ist so aufschlussreich in den Lebensgeschichten dieser Personen?
Da ich von Beruf Philosoph bin, schrieb ich über meine Architekten natürlich in einer Weise, die wesentlich herausstreicht, dass ihr Denken nachweislich unhaltbar ist. Ihre Auffassungen von Leben und Welt halten einer vernünftigen Form der Analyse einfach nicht stand. In keinem Augenblick deutet nicht einmal ein einziger dieser Personen auch nur an, er hätte vielleicht eine ausgewogene Auffassung vom Wesen der menschlichen Person.

Arthur Schopenhauer und Friedrich Nietzsche räumen dem Willen einen so grossen Vorrang ein, dass für die Vernunft nur mehr sehr wenig Platz ist.

Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir verabsolutieren die Freiheit dermassen, dass kein Platz mehr für Verantwortung, vor allem nicht für soziale Verantwortung vorhanden ist.

Der Utopismus eines Karl Marx ist eine Flucht in die Welt der Phantasie.

Sigmund Freud und Wilhelm Reich machen nicht die Liebe, sondern die Lust zum Mittelpunkt des menschlichen Lebens.

Wodurch fallen diese Personen sonst noch auf?
Ein weiteres, besonders aufschlussreiches Merkmal dieser Personen liegt darin, dass sie alle so verworrene, ungeordnete Leben geführt haben. Zumindest drei von ihnen - Auguste Comte, Wilhelm Reich und Friedrich Nietzsche -, waren nach Ansicht verschiedener Philosophiehistoriker geisteskrank. Bei mehreren anderen traten klare Anzeichen von Neurose auf. In vielen Fällen, und das trifft auch auf die „Architekten“ meines Kollegen zu, gingen sie Beschäftigungen nach, die wirklich schockierend sind.

Augustinus hat einmal gesagt, die einzig wahre Rechtfertigung für Philosophie bestehe darin, dass sie einen Menschen, der ihr folgt, glücklich macht. Es sollte also eine Harmonie zwischen der Lebensphilosophie einer Person und den Lebensfreuden geben, die aus ihrer Umsetzung entspringen. Vorstellungen haben Folgen. Reale Vorstellungen sollten der Entwurf für ein frohes Leben sein. Wirklichkeitsfremde Vorstellungen können nicht zum Glück führen. Philosophie soll die Liebe zur Weisheit sein, nicht ein Gemeinlatz für Misere.

Was wird den Leser an den Denkern, die sie präsentieren, am meisten überraschen?
Das ist eine sehr schwierige Frage. Es kann aber durchaus sein, dass viele Leser von der unglaublichen Unstimmigkeit überrascht sein werden, die zwischen den therapeutischen Zielen der Architekten und der Tatsache besteht, dass sie in besonderer Weise zu einer Kultur des Todes beigetragen haben.

Wilhelm Reich sah sich als weltlicher Messias, der die Welt sowohl von ihren sozialen als auch personalen Neurosen heilen würde. Dennoch starb er in einer staatlichen Strafanstalt. Er hatte dort seine Zeit absitzen müssen, weil er die amerikanische Öffentlichkeit betrogen hatte. Er hatte den Leuten leere Schachteln verkauft, die angeblich dazu fabriziert waren, eine besonders wertvolle Energieform namens „Orgone“ aufnehmen zu können. Einer von Reichs Kritikern hat einmal gesagt, es sei schwierig, einen Menschen für voll zu nehmen, der sagt: „Ich begriff, dass ich nicht länger ohne Bordell leben konnte“.

Friedrich Nietzsche fand man einige Jahre vor seinem Tod mit 56 Jahren vor seinem Klavier. Mit seinen Ellbogen schlug er wild darauf ein – bevor man ihn in die Irrenanstalt einlieferte. Von Zarathustra, seinem Meisterwerk, hatte er gesagt: „Dieses Werk ist unerreichbar. Hätte man auch den gesamten Geist und die gesamte Güte jeder grossen Seele gesammelt – all zusammen das könnte nicht einmal eine einzige von Zarathustras Reden erschaffen“.

Diese Architekten besassen enorme Egos. Und man kann kaum sagen, dass sie praktische Strategien entwickelt hätten, um die Gesellschaft von ihren Übeln zu heilen. All diese Architekten bezeichneten sich als Humanisten und Befreier – in der einen oder anderen Weise. Dennoch war das, was sie verkündeten, ein falscher Humanismus, da er den Menschen ausschliesslich in einer extrem einseitigen Weise betrachtete.

Welche der 23 beschriebenen „Erbauer der Kultur des Todes” haben der Gesellschaft ihrer Meinung nach den grössten Schaden zugefügt?
Bedienen wir uns der Statistiken über die Anzahl von Toten oder der Ziffern über das Leid, das den Menschen zugefügt wurde, so steht Karl Marx weit vor allen anderen.

Wieso war Karl Marx ein solcher Gegner der Religion?
Wenn sich Marx mit seinen berühmten Sprüchen wie „Opium für das Volk” von der Religion verabschiedete, kritisiert er damit nicht die authentisch praktizierte Religion sondern ihren Mantel. Marx hat damit auf „die christliche Welt“ reagiert, nicht aber auf „das Christentum“.

Das heisst, er verwechselte die Karikatur mit ihrem Ursprung, das Lächerliche mit dem Modell. Es wäre Marx gegenüber grosszügig, würde man Folgendes sagen: „Es ist ein Jammer, dass die Menschen Religion manchmal missbrauchen und sie als Droge verwenden, um ihre moralischen und intellektuellen Fähigkeiten einzuschläfern.“

Marx hat einmal gemeint, „es ist einfach, ein Heiliger zu sein, wenn man kein Mensch sein will“. Er hat Religion immer nur in einem negativen Licht betrachtet. Seinen eigenen Eltern hat Religion sehr wenig bedeutet. Sein Vater wechselte vom Judentum zur lutherischen Kirche, um sich damit eine erfolgreiche Anwaltskarriere zu sichern.

Marx war ein erklärter Gegner alles Göttlichen. „Ich hasse alle Götter”, lautet ein Ausspruch von ihm. Kein Opfer wäre für ihn zu gross gewesen, hätte er Gott nur absetzen und den Menschen befreien können.

Es mag für viele eine Überraschung sein, dass mächtige und einflussreiche Denker trotzdem das Wesen der menschlichen Person kaum erfassen konnten. Noch heute bemühen sich, und oft auch mit katastrophalen Ergebnissen, eine Antwort auf die ewige Frage zu finden: „Was ist der Mensch“?


Datum: 29.11.2004
Quelle: Zenit

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