Was ist «Heil»?

12 Thesen zur missionalen Soteriologie

Das IGW hat eine Reihe von Thesenpapieren erstellt, welche die Grundzüge der «missionalen Theologie» zusammenfassen. Die folgenden Thesen handeln vom Heil Gottes für die Welt.  
Beten vor dem Kreuz

Das Heil Gottes als umfassender Schalom

These 1

Die biblischen Schriften beschreiben den geschichtlichen Weg der Erlösung als Suchbewegung der Liebe Gottes von der Schöpfung bis zur Vollendung aller Dinge. In der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Geschichte Gottes mit der Welt werden Heil und Versöhnung sichtbar und erfahrbar.
Offb 21,1-22,21

These 2

Im Alten Testament zielt Gottes Heilshandeln in erster Linie auf irdischen Schalom im Leben Israels als Volk Gottes. Dieser umfasst politische Freiheit, wirtschaftliches Wohlergehen, soziale Gerechtigkeit und irdische Gottesbeziehung. Schalom entfaltet sich beispielhaft im Auszug Israels aus Ägypten; in diesem Ereignis wird gleichzeitig Gottes Heilsabsicht für alle Menschen sichtbar. Ex 6,6f; 12,37ff; 20,

These 3

Im Neuen Testament erweitert sich Gottes Heilshandeln um den Aspekt des ewigen Schaloms: die Befreiung der ganzen Schöpfung zum Leben in Fülle (spirituell, politisch, wirtschaftlich, sozial und ökologisch mit dem Ziel einer umfassenden Erneuerung der Welt. Dieses Geschehen ist im Kommen Jesu angebrochen und vollendet sich in der kommenden Gottesherrschaft. Jes 61,1f; Lk 4,18f; Röm 8,18-25

Das Wesen des Heils

These 4

Kreuz und Leiden Christi bilden den Höhepunkt des Konflikts zwischen den lebensfeindlichen Mächten dieser Welt und der lebensbejahenden Mission Gottes. Durch den erlösenden Sühnetod Christi am Kreuz versöhnt Gott die Welt mit sich. Indem Christus Opfern und Tätern menschlichen Unrechts einen Neuanfang anbietet, zielt er auf die Aufhebung aller lebensfeindlichen Machtverhältnisse. Lk 23,42; 1Kor 15,3f; Röm 3,21-26; 1Joh 2,2

These 5

Heil ist seinem Wesen nach Wiederherstellung. Es besteht in der umfassenden Überwindung der zerstörerischen Folgen der Emanzipation des Menschen gegenüber Gott und zielt auf die Wiederherstellung und Vollendung alles Geschaffenen. Diese Vollendung beinhaltet auch das kommende Gericht Gottes über individuelles und institutionelles (bzw. kollektives) Unrecht in dieser Welt. Offb 21,1-22,21; Mt 25,31-46; Offb 20,11-15

These 6

Das herausragende Merkmal des biblischen Heilsbegriffs ist seine Ganzheitlichkeit. Er umfasst eine persönliche (Gottesbeziehung), eine soziale (Freiheit, Wohlergehen, Gerechtigkeit) und eine kosmische (die ganze Schöpfung umfassende) Dimension. Dabei schliesst das persönliche Heil die soziale Dimension nicht aus; genauso wenig ersetzen die soziale und die kosmische Dimension das persönliche Heil. Röm 5,1; Lev 25,1-55; Röm 8,18-25

Die Aneignung des Heils

These 7

Heil ist Gottes Antwort auf das Problem der Sünde in ihrer ganzen Breitenwirkung. Sünde hat eine persönliche (Ungehorsam und Auflehnung gegen Gott), eine soziale (Schuld gegenüber Mitmenschen) und strukturelle (Verstrickung in kollektives Unrecht) sowie eine kosmische (Zerstörung von Gottes Schöpfung) Dimension. Umkehr ist die glaubensvolle Hinwendung zu Gott und die Abwendung von der Sünde in allen ihren Erscheinungsformen. Sie ist ein vom Geist Gottes bewirktes Geschehen, das prozesshafte und punktuelle Elemente umfasst. Jes 59,1-8; Mk 1,14f; Mt 3,8; Eph 2,1-10

These 8

Beschreibt «Umkehr» die menschliche Seite der Aneignung des Heils, so beschreibt die «Wiedergeburt» Gottes Handeln in diesem Geschehen. Durch die Wiedergeburt wird der Menschen zum Kind Gottes. Dies ermöglicht ein Leben in der neuen Schöpfung Gottes in all ihren Dimensionen und lässt in einem Menschen ein existenzielles Vertrauen und Gehorsam gegenüber Gott reifen, was sich in gelebter Liebe, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit manifestiert. All dies weist einen Menschen als Nachfolger Christi aus. Joh 3,3-8; Eph 2,1-10

Die Vermittlung des Heils

These 9

Gott beruft versöhnte Menschen, als Gemeinschaft an der Versöhnung und umfassenden Erneuerung der Welt mitzuwirken. Dabei sind sie Nachahmer Jesu auf dem Weg der Liebe, ja der Feindesliebe. Wo sie an dieser Aufgabe scheitern, eröffnet ihnen die vergebende Liebe Gottes einen Neuanfang. Wo sie also durch menschliche Schwäche und Versagen Unheil stiften, versuchen sie Reue, Umkehr, Vergebung und Wiedergutmachung zu praktizieren. Auf diesem Weg breitet sich Gottes Heil in der Kirche und durch die Kirche kraftvoll aus. Mt 5,13-16; Joh 13,34f; 17,21; Lk 19,1-10

These 10

Zentrale Aufgabe der Kirche ist dabei die Verkündigung des Evangeliums vom Reich Gottes und seinem gekreuzigten und auferstandenen Christus. Verkündigung meint dabei nicht nur verbale Kommunikation, sondern einen Lebensstil, der durch die Gemeinschaft der Christen in der Welt verkörpert wird. Diese Verkündigung soll dem Kontext der Adressaten Rechnung tragen, nachvollziehbar und verständlich sein, ohne dabei provozierende Elemente auszuklammern. Apg 4,12; 1Kor 1,18-24; Röm 10,17

These 11

Wie das göttliche Heil zeichnet sich auch der Auftrag der Kirche durch seine Ganzheitlichkeit aus. Nachfolger Jesu bringen daher Gottes Heil und Heilung umfassend in alle Nöte dieser Welt. Sie begegnen der Not von Schuld und Sünde mit dem Angebot der Vergebung und Versöhnung Gottes. Sie begegnen der Not seelischer und körperlicher Gebrechen mit Angeboten seelischer und körperlicher Heilung. Sie begegnen den zahlreichen sozialen, ökonomischen und ökologischen Nöten, indem sie ihr eigenes Leben kritisch betrachten und gerechter gestalten, indem sie anderen in entsprechenden Nöten helfen und sich am Aufbau gerechterer Strukturen beteiligen. Mt 25,31-46; Gal 6,10; Tit 3,8

These 12

Der Begriff «Mission» bezeichnet die umfassende Sendung der Kirche in die Welt. Die Umsetzung der Mission geschieht in der Kraft des Heiligen Geistes und schliesst alles ein, wozu Nachfolger von Jesus in der Welt berufen sind. Evangelisation und soziale Aktion sind Teile der umfassenden Mission der Kirche. Evangelisation meint die Verkündigung des Heilsgeschehens in Christus und den Ruf zum Glauben an ihn, soziale Aktion die gelebte Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Mt 28,18-20; Mk 16,15-18; Lk 24,44-49; Apg 1,8

Zur Webseite:
Das vollständige Thesenpapier als PDF
Weitere Thesenpapiere zur Missionalen Theologie

Datum: 17.02.2015
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet / IGW

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