Ist Versöhnung im Nahen Osten möglich?

Jerusalem
Versöhnungsarbeit auf der Basis des Glaubens an Jesus Christus:: Begegnung von arabischen Christen mit messianischen Juden fördern.
Fusswaschung als Zeichen der Versöhnung
Hanspeter Obrist (38) ist weit 2001 Leiter der amzi. Der gelernte Elektromonteur war nach seiner theologischen Ausbildung am TSC St. Chrischona vier Jahre Jugendpastor in Weinfelden und 4 Jahre Pastor in Rüti. Er ist Miglied der FEG Riehen und lebt mit seiner Frau in Riehen.

In letzter Zeit ist allen die Zerbrechlichkeit des Lebens bewusst geworden. Bei Palästinenser wie auch bei den Israelis belasten die Folgen der Gewalt die Beziehungen. Wir befinden uns in einer Situation, die Verständnis, Mitgefühl und weise Seelsorge verlangt, um den Graben zwischen beiden Völkern nicht zu vertiefen.

Zwei Entwicklungen zeigen im diesjährigen 55. israelischen Unabhängigkeitsjahr die zwar komplizierte, aber nicht hoffnungslose Situation auf, in welcher Israel sich derzeit befindet. Auf der einen Seite herrscht der jahrzehntelange Konflikt zwischen Israel und Palästina, der schon Tausende von Todesopfern forderte. Andererseits belasten die inneren Spannungen zwischen den verschiedenen religiösen Bewegungen und Andersgläubigen die Situation in Israel. Trotzdem tut sich was. Der charedische (ultrareligiöse) Meshi-Zahav rief nämlich zur Betonung und Hervorhebung der einigenden Elemente auf.

Von den total 6,7 Millionen Menschen, die derzeit im Staate Israel leben sind rund 1,3 Millionen oder etwas mehr als 19 Prozent Nichtjuden. Alleine seit 1990 sind eine Million Menschen eingewandert, vorwiegend aus den Republiken der ehemaligen Sowjetunion und aus Äthiopien. Israel bildet ein Völkergemisch sondergleichen und ist zum Schmelztopf der Völker geworden.

Musalaha - Dienst der Versöhnung

Jesus Christus machte durch seinen Tod die Versöhnung der Menschen mit Gott möglich, aber auch die Versöhnung der Menschen untereinander. Gott nahm in Jesus Christus weg, was Rassen und Kulturen voneinander getrennt hat. ( vgl. Epheserbrief, Kapitel 2). Der Tod Jesu hat heute noch die gleiche Bedeutung wie vor bald 2000 Jahren, auch in dem Land, in dem Jesus Christus geboren, gestorben und auferstanden ist. Dies ist die einzige tragbare Grundlage für ein friedliches Zusammenleben von Arabern und Juden.

Um diese Botschaft bekannt zumachen, schlossen sich auf Initiative von Salim Munayer, arabische und jüdische Gemeindeleiter in dem Verein "Musalaha" zusammen, um das Versöhnungswerk anzugehen. Das arabische Wort "Musalaha" bedeutet Vergebung und Versöhnung. Die Mithilfe arabisch-christlicher und jüdisch-messianischer Leiter erleichtert die praktische Durchführung, denn sie bringen ihre Erfahrungen in den Dienst von "Musalaha" ein und stellen sich zur Mitarbeit zur Verfügung, schreibt amzi in ihrem Bericht über die Musalaha-Arbeit.

Musalaha will als Verein die Versöhnung zwischen Arabern und Juden in Israel fördern. und ist bemüht, Verständnis zwischen den beiden in Israel vorherrschenden Bevölkerungsgruppen zu wecken. Deshalb werden Veranstaltungen und Konferenzen anberaumt, um arabischen Palästinensern und israelischen Juden das Kennenlernen der jeweils anderen Kultur und der Traditionen zu ermöglichen und Erfahrungen auszutauschen. Die Leiter beider Seiten treffen sich auch immer wieder zu Konferenzen.

Ist Versöhnung überhaupt möglich?

Salim J. Munayer, Lehrer an der Bibelschule Bethlehem, Gründer und 1. Vorsitzender des Vereins Musalaha, berichtet von der Versöhnungsarbeit: "Wir haben gemerkt, dass die Ereignisse in unserem Land fühlbare Auswirkungen auf uns haben. Unsere Herzen sind bitter geworden. Die Versöhnung unter den Gläubigen stand plötzlich in Frage. Wir konnten diese Sünde bekennen. Dieses Erlebnis war das Schlüsselerlebnis an der kürzlich stattgefunden Versöhnungs-Konferenz: Plötzlich waren wir frei, Liebe und Einheit zum Ausdruck zu bringen und ein offenes Ohr für die Not der anderen zu haben", berichtet Hanspeter Obrist, Leiter der amzi, im Impuls vom April 2003.

Oft werden wir gefragt, ob die Gläubigen beider Seiten immer noch Kontakte pflegen. Ja, die Kontakte gehen weiter und sie wachsen sogar und tragen Segen.

Brittney Browning, eine dort lebende Ausländerin und Mitarbeiterin in der Musalaha-Arbeit, beobachtete folgendes: In einem Gespräch, das sie mit zwei Freundinnen hatte, wurde deutlich, dass der Versöhnungsprozess voraussetzt, mit den Unterschieden umzugehen. Sie sass mit Tanya, einer messianischen Jüdin, und Suha, einer palästinensischen Christin, in einem Café. Die beiden sind seit einem Wüstentrip mit Musalaha befreundet. Nach einer langen Debatte über den Nahostkonflikt stand die Frage im Raum: "Muss ich für die Versöhnung meine politische Meinung verdrängen?" Eine wahre Sturzflut von Fragen brach los: "Müssen wir den kleinsten gemeinsamen Nenner bei unseren politischen Überzeugungen finden und den Rest über Bord werfen? Verraten wir damit nicht unser jeweiliges Volk?" Das Herzstück der Diskussion war schliesslich die Frage: "Wie sieht Versöhnung eigentlich aus?" (siehe Impuls/April 2003)

Mit den Unterschieden leben lernen

In seinem grundlegenden Buch über Versöhnung zeit Miroslav Volf, dass Gottes schöpferisches Handeln am Anfang ein Trennen war: Er trennte das Wasser vom Land, das Licht von der Dunkelheit, ...Gleichzeitig entstand die Rahmenstruktur für Beziehungen. Beides war wichtig: Trennung und Nähe.

Die Trennung war nötig, um Ordnung in das Chaos zu bringen, um dem Formlosen Gestalt zu geben. Nähe wurde geschaffen, weil wir voneinander und von der Schöpfung abhängig sind. Auch im Leben jedes Menschen muss Trennung stattfinden. Zunächst bei der Entwicklung der Individualität, später bei der Definition von Gruppen, Familien und Gemeinschaften. Die Bildung von Gemeinschaften setzt die Trennung zwischen "ihnen" und "uns" voraus. Wir, die wir an einem bestimmten Ort leben, eine gemeinsame Geschichte haben, eine gemeinsame Sprache sprechen, auf eine bestimmte Weise glauben - wir gehören zusammen.

Begegnungen mit anderen stellen eine Herausforderung für dieses Identitätsverständnis dar. Wenn wir zu einem Menschen, der nicht zu unserer Gruppe gehört, in Beziehung treten wollen, müssen wir mit dem familiären und sozialen Druck, mit ethnischer Loyalität und kulturellen Normen umgehen lernen.

Zerstörerische Unterschiede

Wir können Unterschiede auch missbrauchen und damit den Hass nähren, schreibt Hanspeter Obrist, Leiter der amzi. Auf einem Aufkleber stand: "Entweder sie oder wir". Die Menschen erleben den politischen Konflikt mehr und mehr als existenzbedrohend. Die schiere Tatsache, dass da noch ein Volk ist, wird als Bedrohung wahrgenommen. Diese Wahrnehmung erzeugt und legitimiert brennenden Hass und Grausamkeit.

In diesem Klima leben die Gläubigen beider Seiten. Schnell entstehen Vorurteile, wie: "Bei denen gibt es keine Unschuldigen." Und schon fangen wir an, Feindbilder aufzubauen. Wie schnell lassen wir uns von Emotionen und Parolen beeinflussen und neigen zu pauschalen Aussagen. Die eigene Angst und Verletzlichkeit bringt uns dazu, dem anderen die Menschlichkeit abzusprechen. David Augsburger beschreibt es so: "Unser Feindbild beginnt damit, dass wir Gründe für unsere Position zusammentragen. Was uns angetan wurde, wird zur Grundlage dafür, dass wir Zorn mit Zorn, später Hass mit Hass vergelten". Das trifft nicht nur auf den Nahostkonflikt zu.

Liebet eure Feinde - praktisch

An der Jugendleiterkonferenz von Musalaha nahm ein junger Palästinenser, Samer, die Füsse seines jüdischen Bruders Yoni und wusch sie. Samer erzählte, dass er jahrelang unter der Ausgrenzung durch seine gläubigen jüdischen Freunde gelitten habe. Er vermute, dass es den jüdischen Gläubigen in einer arabischen Versammlung genauso er-gangen sei. In Samers Leben waren die Trennmauern greifbar und hatten spürbare Bitterkeit hinterlassen. Im vergangenen Jahr überwand er dieses Gefühl und wollte dies nun durch die Fusswaschung zum Ausdruck bringen. Yoni weinte, als seine schwieligen und müden Füsse Gegenstand zärtlicher Aufmerksamkeit wurden. Und plötzlich war da Liebe. Eine Liebe, die alle Wunden heilt, die auch Völker miteinander versöhnen kann.

Abu Issas Haus ist ganz in der Nähe der Geburtskirche in Bethlehem gelegen. Das israelische Militär dran in seine Wohnung ein und zerstörte die halbe Einrichtung. Als ein Soldat Abu Issa in einer Ecke mit der Bibel in der Hand sitzen sah, fragte er ihn: "Was liest du da?". "Das ist Gottes Wort!", antwortete ihm Abu Issa. "Die Hälfte davon steht auch in eurer Thora. Aber unsere Bibel spricht auch über Jesus, der für unsere Sünden gestorben ist und uns gelehrt hat, unsere Feinde zu lieben!". nach einem kurzen Augenblick des Zögerns sagte ihm dann schliesslich der Soldat: "Es tut mir Leid, was hier geschieht. Es tut mir auch Leid, dass deine Wohnung so zerstört wurde ...". (siehe Impuls/ April 2003)

Auch "dein" Feind ist ein von Gott geliebter Mensch

Solange wir leben, gibt es Differenzen und Ungerechtigkeiten: Sie endgültig beizulegen, ist Gottes Absicht. Jesus hilft uns dabei über den eigenen Schatten zu springen. Nur in Jesus können wir uns für immer versöhnen. Versöhnung ist nicht ein Schritt, sondern ein lebenslanger Prozess. Unsere Begegnungen können Steine im Mosaik der Versöhnung Gottes mit und unter den Menschen sein. In Gottes Licht ist mein "Feind" ein von Gott geliebter Mensch. Ihn zu lieben heisst, ihn für die Gemeinschaft mit Gott gewinnen. Denn es steht geschrieben: "Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt." (Johannes Kapitel 13, Vers 35).

Azmi


Amzi, steht für Arbeitsgemeinschaft für das messianische Zeugnis in Israel. Amzi wurde 1968 gegründet und ist ein Teil des Gesamtwerks der Pilgermission St. Chrischona in Bettingen bei Basel. Seit 1985 besteht ein selbständiger Verein in Deutschland. Im Komitee der amzi sind Vertreter verschiedener Landes- und Freikirchen. Als Mitglied der LCJE (Lausanne Consultation on Jewish Evangelism) steht amzi in Verbindung mit anderen Werken, die dem jüdischen Volk weltweit die Nachricht von Jesus, dem Messias, weitergeben. Amzi ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Missionen in der Schweiz (AEM). Das Ziel von amzi ist es, das messianische Zeugnis der Bibel an Israel zu fördern und für diese Aufgabe Verständnis unter Christen zu wecken.

In Israel ist amzi u.a. in den folgenden Bereichen tätig:
- Konferenz- und Schulungsarbeit
- Gemeindeaufbauarbeit
- Zusammenarbeit mit einer israelischen Schulungsarbeit und der Drogenrehabilitation
"Beth Nitzachon"
- Versöhnungsarbeit: "Musalaha": Amzi vertritt die jüdisch-arabische Versöhnungsarbeit
Musalaha im deutschsprachigen Raum
- Unterstützung eines Bibelladens in Tel Aviv
- Partnerschaft mit dem Israel College of the Bibel in Jerusalem
- Unterstützung weiterer Projekte der messianischen Gemeinden
- Kontakte mit jüdisch-messianischen und arabisch-christlichen Gemeinden

Zusammengestellt, ergänzt und überarbeitet: Livenet, Antoinette Lüchinger

Webseiten:
www.amzi.org
www.evangeliumsdienst.de

Quelle: Impuls / Amzi / Evangeliumsdienst

Datum: 01.06.2003

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