EU-Ratsvorsitzender: Missbrauch des Islam ist das Problem

Jan Peter Balkenende im Gespräch mit President Jacques Chirac
Der französische Premier Raffarin begrüsst seinen türkischen Amtskollegen Tayyip Erdogan in Paris.

Der neue EU-Ratsvorsitzende, der Holländer Jan-Peter Balkenende, hat vor Angst vor dem Islam gewarnt. Gegen eine anerkannte Religionsgemeinschaft Hürden zu errichten, passe nicht in die europäische Wertegemeinschaft, sagte der niederländische Ministerpräsident letzte Woche in Strassburg im Europaparlament bei der Vorstellung des Arbeitsprogramms für das Halbjahr.

Widerstand sei aber gegen Menschen und Gruppen nötig, die ihre Religion missbrauchten, um mit Gewalt ihre Ziele durchzusetzen. "Der Islam ist nicht das Problem", so Balkenende wörtlich. Muslime, Christen und Menschen anderer Überzeugung könnten friedlich miteinander leben. Problematisch sei, wenn eine Religion missbraucht werde, "um Hass und Zwietracht zu säen und Frauen zu unterdrücken".

Diskussion über europäische Werte fördern

Balkenende kündigte an, mit einer Reihe von Konferenzen und Initiativen ein europäisches Gespräch über die Werte des Kontinents zu stimulieren. Wer an der Einigung Europas baue, müsse dafür sorgen, dass das Fundament fest bleibe. Sonst gerate das komplette Bauwerk in Gefahr, so der Ministerpräsident.

Dass die europäischen Werte in der künftigen EU-Verfassung verankert worden seien, reiche nicht aus. Sie müssten auch in den Köpfen und Herzen der Menschen lebendig sein. Balkenende nannte als Besonderheit Europas, dass hier Freiheit, Solidarität und Respekt ein Gleichgewicht gefunden hätten.

‚Keine neuen Kriterien für Türkei-Beitritt aufstellen’

Der niederländische Ministerpräsident warnte davor, mit Blick auf einen möglichen EU-Beitritt der Türkei nachträglich Spielregeln zu ändern. Die festgelegten Kriterien zu Menschenrechten und Demokratie müssten strikt eingehalten werden. Neue Forderungen seien aber nicht zulässig.

Balkenende räumte ein, dass die Diskussion über einen EU-Beitritt der Türkei viele Menschen stark beschäftige und berühre. Die niederländische EU-Präsidentschaft werde versuchen, einen gut fundierten Beschluss möglich zu machen, der für alle akzeptabel sei.

Die EU-Kommission wird voraussichtlich im Oktober einen Bericht über Fortschritte der Türkei bei der Einhaltung der Kriterien vorlegen. Danach wollen die EU-Staats- und Regierungschefs im Dezember darüber entscheiden, ob mit der Türkei Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden sollen.

Datum: 26.07.2004
Quelle: Kipa

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