Katholiken am Persischen Golf – Welche Religionsfreiheit in islamischen Ländern?

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Laut dem ehemaligen vatikanischen Aussenminister Jean-Louis Tauran behandeln islamische Länder die Christen als Bürger zweiter Klasse. Als Beispiel führt Tauran Saudi-Arabien an, das absolut keine Religionsfreiheit zulasse.

In einem Beitrag für die katholische Nachrichtagentur Kipa bezeichnet der der Oltener Kapuziner und Buchautor Walbert Bühlmann solche verallgemeinernde Aussagen als verheerend. Tauran leiste dem Klischeedenken vieler westlicher Christen Vorschub, „die sich ärgern, weil die Muslime bei uns volle Religionsfreiheit geniessen, aber die islamischen Länder gegenüber den Christen kein Gegenrecht halten - was die Stimmung gegenüber dem Islam aufheizt“.

Laut Bühlmann bildet Saudi-Arabien „eine Ausnahme von der Regel. Hier begründet man dieses Verhalten mit der Tatsache, dass Saudi-Arabien das Heiligtum des Welt-Islam sei. Und wie im Vatikan sich keine andere Religion einnisten könne, so auch nicht in Saudi-Arabien“. Der katholische Missionsexperte verschweigt dabei, dass in Saudi-Arabien nicht der Islam, sondern seine intolerante wahhabitische Ausprägung die Staatsreligion ist und auch islamische Minderheiten, zum Beispiel die Schiiten, diskriminiert werden. Abgesehen davon, dass ein Land mit einer 22-Millionen-Bevölkerung nicht zu vergleichen ist mit dem römischen Mini-Klerikerstaat…

Ausserhalb Saudi-Arabiens, schreibt Bühlmann im Blick auf die Katholiken, „herrscht praktisch weitgehende Toleranz und Religionsfreiheit. Die 1,3 Millionen Katholiken im Apostolischen Vikariat Arabien sind alles Ausländer, USA-Experten mit ihren Familien, vor allem Gastarbeiter aus Indien, den Philippinen usw. Ihnen kommt diese Freiheit zugute. Es gibt hier katholische Kirchen und katholische Schulen. In Bahrain etwa wurde kürzlich eine grosse katholische Kirche mit 1’200 Sitzplätzen gebaut.“

Die Verkündigung des Evangeliums unter einheimischen Arabern ist zwar verboten, und Ausländern wie Einheimischen, die dabei erwischt werden, drohen Repressalien – aber der Kapuzinerpater stellt andere, bemerkenswerte Aspekte der Lage am Golf heraus: „In Oman hat das Sultanat Grundstücke zum Bau von Kirchen zur Verfügung gestellt. In der Hauptstadt Maskat stiftete der Sultan die Orgel. In Dubai steht die grösste katholische Kirche des Nahen Ostens. In Abu Dhabi, dem Sitz des neu ernannten Weihbischofs Paul Hinder, Schweizer Kapuziner, füllt sich die Kathedrale mit 1’000 Sitzplätzen jeden Sonntagmorgen fünf Mal…“

Dass manche Herrscher am Golf der stark gewachsenen Zahl der ausländischen Arbeitnehmer, Katholiken und Protestanten, Gemeinschafts- und Gottesdiensträume zugestehen, ist als hoffnungsvolles Zeichen zu registrieren. Von Religionsfreiheit kann indes erst gesprochen werden, wenn arabische Muslime sich mit der Bibel befassen und offen mit Christen Kontakt haben können, ohne soziale Ächtung und schwere Strafen (wenn nicht gar den Tod) gewärtigen zu müssen.

Bericht über Weihnachtsfeiern in Abu Dhabi 2002 (englisch):
www.gulf-news.com/Articles/news.asp?ArticleID=72013

Datum: 28.01.2004
Autor: Peter Schmid

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