Sowohl Christentum wie Islam seien "missionarische" Religionen und beide wollten neue Anhänger gewinnen, was unweigerlich zu Spannungen führe, erläuterte Carey. Der Islam sei indessen derzeit mit allen Religionen und nicht nur mit dem Christentum in Konflikt: mit dem Judentum in Israel, mit dem Buddhismus in Afghanistan und auch mit dem Hinduismus in Indien. Es sei eine dringende Aufgabe der muslimischen Führer, "den friedlichen Prinzipien, die im Kern ihrer Religion stecken, zum Durchbruch zu verhelfen", betont Carey. Bekämpften sich nämlich Religionen gegenseitig, so zerstörten sie sich selbst: "Religionen sind dazu da, die Welt friedlicher zu machen. Eine Religion, die Gewalt hervorbringt, ist eine schlechte Religion". Der Islam habe bisher den Übergang in die Modernität noch nicht angepackt. Er müsse zulassen, dass man ihn und seine Schriften in Frage stelle. Carey: "Eine reife Religion lässt Kritik zu, sie passt sich immer wieder den gesellschaftlichen Veränderungen an." Diesbezüglich sei das Christentum viel weiter. George Carey war bis vor kurzem Erzbischof von Canterbury und gleichzeitig weltweites geistliches Oberhaupt der anglikanischen Kirchen. Heute ist er Mitglied des britischen Oberhauses. Carey gehört auch dem Stiftungsrat des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos an. Er will den WEF-Teilnehmern vorschlagen, wieder vermehrt über Werte zu reden und damit gesellschaftliche Vorbildfunktion zu übernehmen. So sei eine gesellschaftliche Veränderung möglich. Insbesondere müsse "der Grundwert der Ehrlichkeit" wieder zentral in der Gesellschaft verankert werden.
Friedlichen Prinzipien zum Durchbruch verhelfen
Ohne Ehrlichkeit geht es nicht
Datum: 26.01.2004
Quelle: Kipa