Buch von Thorsten Dietz

«Weiterglauben – Warum man einen grossen Gott nicht klein denken kann»

Wie kann lebendiger Glaube in Freiheit gelebt werden, ohne sich in Beliebigkeit zu verlieren? Trotzig und bescheiden, sprachgewandt und intelligent wirbt der evangelische Theologe Thorsten Dietz in seinem neuen Buch dafür, die Gottesfrage und alle weiteren Fragen darum herum neu zu denken, um das zu erreichen, was Christen schon immer wollten: im Glauben wachsen.
Thorsten Dietz, evangelischer Theologe und Autor
Buchcover «Weiterglauben – Warum man einen grossen Gott nicht klein denken kann»

«Weiterglauben». Das Wortspiel des Titels ist symptomatisch für das gesamte Buch. Es geht Thorsten Dietz um die nächsten Schritte im eigenen Denken und Glauben genauso wie um eine grössere Weite darin.

Auf den Punkt gebracht

Was ist eigentlich Wahrheit? Ist die Bibel Gottes Wort? Wie treffen wir ethische Entscheidungen? Welches Gottesbild haben wir, und worin liegt es begründet? Wie sieht eine christliche Gemeinschaft aus, die zukunfts- und tragfähig ist? All diese und noch wesentlich mehr Fragen spricht Thorsten Dietz in seinem Buch an. Dabei hat er eine klare Meinung, die er pointiert darstellt.

Aber er wirft auch einen Blick in die Geschichte und zeigt, wie sich unsere heutigen Wahrnehmungen entwickelt haben. Immer wieder setzt er sich dabei quasi zu Pietisten und Liberalen an den Tisch und zeigt beiden, was sie vom jeweils anderen lernen können. Dieser respektvolle Umgang mit anderen Denkansätzen und Frömmigkeitsstilen prägt das ganze Buch. Dietz praktiziert ihn selbst und wirbt immer wieder dafür: «Wenn wir damit rechnen, dass alle unsere Gedanken nicht mit der Wirklichkeit zu verwechseln sind, sondern höchstens annäherungsweise stimmen, könnten wir anders denkende Christen anders betrachten. Diese Gruppe … mag in die falsche Richtung gehen. Aber kann es sein, dass sie etwas vor Augen haben, was ich übersehe?» (S. 50)

Star-Wars-Theologie

Unterhaltsam und tief schlägt Dietz bereits am Anfang des Buches einen grossen Bogen zwischen alltäglichen Glaubensunsicherheiten, Fragen an die Zukunft, wie sie Karl Marx und Friedrich Nietzsche formulierten, und einer theologischen Grundhaltung à la «Star Wars». Dort wurde im achten Teil behauptet: «Nur so können wir siegen: nicht bekämpfen, was wir hassen, sondern retten, was wir lieben.» Dietz überträgt dies auf den christlichen Alltag, indem er fordert: «Besser streiten lernen, darum muss es heute in vielen christlichen Kreisen gehen. Zwischen radikaler Totalkritik der jeweils anderen und grosser Gleichgültigkeit bzw. Kontaktvermeidung gibt es einen weiten Raum, in dem Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Voraussetzungen Fragen stellen und diskutieren können.» (S. 32)

Dritte Wege

Bei aller Orientierung an historischen und theologischen Fakten verliert Thorsten Dietz seine Leser nicht aus den Augen. Er formuliert verständlich, argumentiert nachvollziehbar und hat immer wieder Menschen im Blick, die sich sehr bewusst als Christen verstehen, aber darunter leiden, dass sie einerseits im Glauben vorankommen wollen und andererseits vor vielen offenen Fragen stehen, die sich nicht einfach lösen lassen. Wie lässt sich befreiter Glaube leben und Gott erfahren?

Bei praktisch jedem seiner Themen bricht Dietz eine Lanze für Pluralität. Und er verpackt dies in die unterschiedlichsten Bilder. Im Gegenüber von «liberalem» und «fundamentalistischem» Glauben macht er deutlich, dass beide Wege nicht zum Ziel führen. Und er widersteht der Versuchung, jetzt den einen, wirklich richtigen und dritten Weg aufzuzeigen. Vielmehr macht er deutlich: «Kein dritter Weg ist die Lösung, sondern die Freiheit zu dritten Wegen: Wege, auf denen Gläubige miteinander ringen und diskutieren, aufeinander hören und voneinander lernen…» (S. 31).

Zukunftsfähigkeit

Technologie muss immer wieder zeigen, dass sie nicht nur zukunftsfähig zu sein scheint, sondern es tatsächlich ist – denken wir nur an die aktuelle Diesel-Diskussion. Im Glauben ist es nicht anders, denn unser Glaube von gestern trägt uns heute und morgen nicht mehr. Wir müssen «weiterglauben». Der grosse Theologe Karl Rahner erwartete schon in den 1970er-Jahren: «Es wird in der Zukunft viele Stile christlicher Frömmigkeit geben» und: «Der Fromme der Zukunft wird ein Mystiker sein, einer, der etwas erfahren hat, oder er wird nicht sein» (S. 164 und 162).

Hier knüpft Thorsten Dietz mit seinem Buch an. Er sagt: Mach es dir nicht so leicht. Denke einmal gründlich darüber nach, warum du so glaubst, wie du es tust. Gleichzeitig hält er auch fest: Mach es dir nicht so schwer. Glaube ist kein Problem, sondern der Weg zu Freiheit und Versöhnung – der Weg in die Weite. «Weiterglauben» ist die Einladung zu einem Leben als Christ, das Fragen ernst nimmt, intellektuell ehrlich ist und gleichzeitig voller Sehnsucht nach und Hoffnung auf Gott.

Thorsten Dietz: Weiterglauben. Warum man einen grossen Gott nicht klein denken kann. 200 Seiten, gebunden. Brendow, ISBN 978-3-96140-018-8. CHF 23,10.

Zum Thema:
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Datum: 06.06.2018
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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