Reich Gottes

Die Königsherrschaft Gottes

Das Reich Gottes (so bei Markus und Lukas) oder Reich der Himmel (so bei Matthäus) steht ganz im Mittelpunkt der Verkündigung Jesu. Er nennt das Evangelium das Wort vom Reich. Seine Gleichnisse beziehen sich alle auf das Reich Gottes. Vom Reich Gottes spricht der Auferstandene während der vierzig Tage mit seinen Jüngern. Was ist dieses Reich?

Für Reich steht im Griechischen der Ausdruck: basileía, zu deutsch Königsherrschaft. Das Reich Gottes ist da, wo Gott herrscht und wo alles göttlich zugeht. Darauf hofften schon die jüdischen Frommen zur Zeit Jesu, die sich damit dem alttestamentlichen Zeugnis über die Königsherrschaft Gottes anschlossen.

Das aramäische Wort, mit dem sie diese bezeichneten, malkutha, entspricht ge­nau dem griechischen basileía. Jesus aber sagt, dass sich mit seiner Verkündigung die Menschen nun auf das unmittelbar anbrechende Reich Gottes einzustellen haben.

Gottes Herrschaft aber ist nur da, wo Gott persönlich gegenwärtig ist, wo sein Geist unmittelbar schafft und gestaltet, das verschieden Gerichtete zusammenfasst und ihm seine Art aufprägt.

Gott steht über allem auch da, wo Menschen eigenwillig wirken und planen, wo sie fern von Gott, mit oder ohne Anwendung göttlicher Grundsätze ihre Ziele verfolgen. Aber davon spricht das Neue Testament nie als vom Reich Gottes. Ist der Allmächtige nicht unmittelbar am Werk, so ist es ein grober Unfug, ein kirchliches Tun, und wäre es noch so fromm, als Bau des Reiches Gottes zu bezeichnen.

»Gottes Reich ist nicht da, wo Menschen Gott in ihr Werk zu ziehen suchen, sondern wo Gott Menschen in sein Werk zieht« (Kroeker).

Das Kommen des Reiches Gottes ist zu erkennen an einem unerhörten Einbruch der göttlichen Schöpferkraft

Woran ist es zu erkennen, dass die Gottesherrschaft da ist? Ein grosser Herrscher wirkt schöpferisch; Dinge, die nicht waren und ohne ihn nie wären, ruft er ins Dasein. Dass das Reich Gottes kommt, bedeutet, dass die Lebensfülle des Allmächtigen wieder durchbricht in erstarrte Zustände.

Das geschieht nicht bloss in geistiger, unsichtbarer Weise. Die neue Schöpfung, die die Gottesherrschaft bringt, tritt deutlich zutage auch im »äusseren« leiblichen Leben: »Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf« (Matth. 11,5). An diesen Tatsachen soll der Täufer erkennen, dass Jesus der ist, der die erwartete Gottesherrschaft bringt.

Diese göttlichen Machtwirkungen an den Kranken, ebenso wie das übrige »äusserliche« Wirken Jesu, sind für ihn ein ganz wesentliches Stück seines Tuns. Es gehört unveräusserlich zum Kommen der Gottesherrschaft, dass die göttliche Ordnung von oben her wieder zur Geltung gebracht wird auch auf dem Gebiet des leiblichen Lebens. Die Krankenheilungen sind für Jesus kein Beiwerk; sie sind ein ganz grundlegendes Stück Gottesherrschaft.

Die gottlose Ansicht, als wäre das Reich Gottes eine lediglich »religiöse« Grösse, als brächte es nur dem inneren Menschen eine Gotteshilfe, ist dem ganzen Neuen Testament fremd. Die Gottesherrschaft, wenn sie kommt, greift ein ins ganze Menschenleben, in die gesamte Schöpfung. Sie ist kein blosses Gedankending, sie ist die neue Schöpfung auf der ganzen Linie.

Mit dem Reich Gottes brechen gewaltige göttliche Kräfte ein ins menschliche Geistesleben

Ungeahnte schöpferische Kräfte bringt diese Neuschöpfung auch dem Geist und der Seele des Menschen. Seltsam klingt für uns das Wort Jesu: »Unter allen, die von einer Frau geboren sind, ist keiner aufgetreten, der grösser ist als Johannes der Täufer; der aber der Kleinste ist im Himmelreich, ist grösser als er« (Matth. 11,11).

Und doch sagt es uns eine so einfache Wahrheit. Johannes war ein Mensch von Gott gesandt. Er war der letzte und Grösste unterm Gesetz. Auf der Schwelle vom Alten zum Neuen Testament stehend dient er Gott mit ganzem Willen. Ein durch Jahrhunderte in seiner Geltung befestigtes System, eine von aller Welt bewunderte Frömmigkeit hatte er in ihrer inneren Hohlheit erkannt und mit fester Entschlossenheit den Angriff gegen sie unternommen.

Neben seiner Willenskraft verblassen alle grossen Fürsten und Feldherren, neben seinem durchdringenden Blick alle Staatsmänner und Denker. Doch so gross seine Genialität ist, sie ist doch menschlich-endlich; sie kommt schliesslich auch an ihre Grenzen und erschöpft sich. Er ist der grösste Mensch - aber der »Kleinste im Himmelreich«; der Kleinste in Christus, in der Gemeinde von Pfingsten ist grösser als er.

Wer in den unmittelbaren Wirkungsbereich der Schöpferkraft Gottes (d.h. das Reich Gottes) versetzt ist, der lebt nicht mehr sein geschöpflich-endliches Leben: er lebt aus der unendlichen Fülle des Schöpfers. Immer neu schöpferisch strömt es ihm zu wie der Rebe vom Weinstock. Aus den Tiefen der Gottheit bricht es hervor und sprengt alle Möglichkeiten zeitlich-endlicher Beschränkung: »Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht«, und »Nichts wird euch unmöglich sein.«*

Das Reich Gottes ist nicht abhängig von genialen Menschen oder Heroen

Wo man von grossen Männern das Heil der Kirche erwartet, wo man sich an das religiöse Genie, an sittliche Heroen hängt, hat man keine Ahnung davon, was das Reich Gottes ist.

Die Gottesherrschaft, wenn sie kommt, kann wohl auch einmal geniale Leute in den Dienst stellen. Sie hat sie aber durchaus nicht nötig: Fischer, Zöllner und ähnliche kleine Leute genügen vollständig und tun, wenn sie einmal Träger der Gottesherrschaft sind, Grösseres als alle Grossen der Geschichte. Dass es so zugeht, ist ein Zeichen, dass das Reich Gottes da ist.

Das Kommen des Reiches Gottes ist die rettende Katastrophe, die den grossen Herrschaftswechsel bringt

Das Neue Testament beginnt nicht mit der Verkündigung, dass die Gottesherrschaft schon immer dagewesen sei, sondern mit dem Ruf: »Sie ist jetzt genaht« (Matth. 4,12-17; Mark. 1,14-15). Dass das Reich Gottes kommt, hat zur Voraussetzung, dass vorher eine andere Herrschaft bestanden hat. Dieses andere Reich ist widergöttlich, dämonisch.

Die ganze Welt steht unter der Herrschaft dämonischer Gewalten; darum nennt Christus den obersten Dämon den Fürsten dieser Welt (Joh. 12,31; 14,30; 16,11). Die Gottesherrschaft, wenn sie kommt, räumt mit der Macht der Dämonen auf: »So ich durch Gottes Finger die Dämonen austreibe, so hat ja die Gottesherrschaft euch überrascht« (Luk. 11,20). »Gott hat uns errettet von der Macht der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines lieben Sohnes« (Kol. 1,13).

Die finsteren Mächte sind dem Menschen übermächtig; er kann ihrem Einfluss nicht entrinnen, sich ihren Inspirationen nicht entziehen, so blutig er sich müht. Er ist »dahingegeben« unter ihre Herrschaft; es ist letzten Endes göttliches Verhängnis, dass der Böse über Menschen verfügen kann.

Kommt das Reich Gottes, so ist das nicht das Resultat der Entwicklung hier vorhandener Zustände oder menschlich-religiöser Möglichkeiten, sondern eine rettende Katastrophe, eine göttliche Schicksalswende für die, die sich bis dahin rettungslos in einem anderen Einflussgebiet befanden.

Das Reich Gottes kommt senkrecht von oben

Das Reich Gottes kommt nicht aus einer horizontalen Richtung als Ergebnis kirchlicher Verhältnisse oder Unternehmungen. Es kommt »senkrecht von oben« als ein Durchbruch durch unsere Verhältnisse und Unternehmungen.

Als klassischer Beleg für den Entwicklungsgedanken im Neuen Testament gelten uns die Gleichnisse vom Senfkorn und vom Sauerteig. Kenner des Orients haben uns gezeigt, dass wir damit abendländische Gedanken hineingetragen haben in ein Bild, das der Orientale ganz anders sieht. Er lebt in einem anderen Klima als wir und hat ein anderes Temperament.

Sein Eindruck beim Hören dieser Gleichnisse ist folgender: Ein winziges Samenkorn in die Erde gesteckt - und ehe man sich's versieht, ist ein mächtiges Gewächs daraus geworden. Ein wenig Sauerteig unter drei Scheffel Mehl gemengt - und plötzlich, bevor man es denken konnte, steht man vor einer gärenden und brodelnden Masse.

Die beiden Gleichnisse wollen eben das unbegreiflich plötzliche, aus den gegebenen Verhältnissen gar nicht zu erwartende Kommen der Gottesherrschaft schildern.

Das Reich Gottes wandelt von der Wurzel her das Verhältnis von Mensch zu Mensch

Die grosse Umwälzung, die das Reich Gottes bringt, tritt sichtlich zutage auch im Verhältnis von Mensch zu Mensch. Es erfolgt eine Umwälzung im Verhalten der Starken zu den Schwachen. Den Armen wird das Evangelium verkündet (Matth. 11,5; Luk. 4,18; vgl. Jes. 61,1. 2).

Unter den »Armen« versteht das Neue Testament Menschen, die nicht nur an Besitz, sondern auch an Bildung, an Gesittung, an religiöser Erkenntnis im Vergleich zu den führenden Ständen verkürzt sind. Ihnen werden nicht mehr einige Brocken vorgeworfen in Gestalt von Wohltätigkeit, allerlei Anstalten und sozialen Einrichtungen. Ihnen wird die frohe Botschaft gebracht, dass auch sie jetzt in die nächste Nähe des Schöpfers gezogen werden, dass sie ihre volle Menschenwürde wieder haben und durch keinerlei »Macht der Verhältnisse« mehr abgedrängt werden sollen von dem Lichtglanz, der den Söhnen Gottes leuchtet.

Christus bringt auch dem Geringsten die Hoheit und Siegesgewalt über das, was auf ihm lastet, und macht ihn zu einem Herrn über die Verhältnisse. Er schafft ihm ein menschliches Dasein nach Geist, Seele und Leib.

Im Reich Gottes herrscht keine unterschiedslose Gleichheit

Im Reich Gottes herrscht keine unterschiedslose Gleichheit. Das göttliche Original im einzelnen Menschen wird hier nicht unterdrückt, sondern befreit, - nicht verwischt, sondern klar ausgestaltet. Die Knechtung der Persönlichkeit, das Auslöschen der gottgegebenen Eigenart, das Aufdrücken eines Stempels, ist vielmehr ein durchgehender Zug aller dämonisch beeinflussten Zustände.

Die vielen verschieden Geschaffenen und Begabten bilden nicht ein grosses Einerlei. - Sie sind alle eines, das heisst ein organisches Ganzes, in dem gerade die Verschiedenheit der einzelnen Glieder die grosse Lebensfülle bedingt (Joh. 17,21-23; 1. Kor. 12,12-25).

Nicht »hinabherrschen«, sondern »aufwarten«; nicht »knechten«, sondern sich zum Leibeigenen machen

Im Reich Gottes herrscht auch darin keine Gleichheit, dass alle gleich stark oder begabt wären oder die gleiche Stellung hätten. Es gibt auch hier Stärkere und Schwächere, Reichere und Ärmere, Weisere und Unweisere, Führende und Geführte.

Aber durch einen scharfen Trennungsschnitt ist geschieden die Art, wie sich in den Weltzuständen und wie sich im Reich Gottes der Starke zum Schwachen verhält. Dort: »hinabherrschen«, unterdrücken, knechten, hier: »als Diener« aufwarten, sich zum Leibeigenen machen (Matth. 20,25-28).

In den Weltzuständen legt sich jede Übermacht eines Menschen oder einer Schicht den Mitmenschen als ein schwerer Druck auf. Ganz gleich, ob es politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche, geistige, moralische oder religiöse Überlegenheit ist. Am schlimmsten drückt wohl religiöse und moralische Übermacht: sie wird am meisten missbraucht zum eigenen Hochkommen.

Das hängt damit zusammen, dass man hier in den Weltzuständen den Mitmenschen zuerst immer als ein fragwürdiges Wesen ansieht: Wer bist du überhaupt? - Im Reich Gottes setzt man keine Fragezeichen hinter den Mitmenschen. Man weiss von Anfang an, was man von ihm zu halten hat. Man ehrt in ihm das gottentstammte und gottbegnadete Wesen. Darum sieht man ihn als den Höherstehenden an (Luk. 22,27), stellt sich mit seinen Gaben und Vorzügen ihm zur Verfügung und steht vor ihm da als der Aufwartende, seiner Wünsche und Winke gewärtig.

Man drückt nicht auf den andern, sondern stemmt seine Schultern unter seine Last. Man macht die andern nicht zu einem dunklen Hintergrund, auf dem man um so heller glänzen kann, sondern man tritt gern zurück, damit sie ins Licht treten.

Das alles ringt man sich nicht mühsam ab, man tut es mit hinreissender Freude. Das Reich Gottes ist Freude. Christus sendet die Jünger aus in sein Werk, damit ihre Freude vollkommen werde (Röm. 14,17; Joh. 15,9-11).

Im Reich Gottes gelten nicht Grundsätze, sondern Befehle

Es ist im Reich Gottes nicht so, dass da Menschen auf Grund bestimmter göttlicher Grundsätze auf eigenes Risiko und nach eigener Bestimmung handelten. Gottes Herrschaft bedeutet: Gott handelt als Herr, er sendet Menschen und erteilt Befehle.

Die Herrschaft der Himmel ist gleich einem König, der seine Knechte aussandte (Matth. 22,2. 3). Apostel bedeutet Gesandter; zu ergänzen ist: des Reiches Gottes. Die Jünger werden ausgesandt als bevollmächtigte Botschafter des Reiches. Sie sind beauftragt, die Völker Christus gehorsam zu machen (Röm. 1,5). Diesen Dienst aber können sie nur tun, sofern sie in lebendiger Verbindung mit Christus sind.

Man kann nicht Diener eines Herrn sein, wenn man nicht klare Weisungen und Befehle von ihm erhält. Je grösser der Herr, um so weniger kann man es sich selbst ausdenken, was er in der einen oder anderen Lage zu befehlen hat. Paulus weiss genau, was er im Auftrag sagt und was er von sich aus rät (1. Kor. 7,10.25).

Die Gottesherrschaft macht Leute, die vor ihrem göttlichen Gebieter stehen, um von Mal zu Mal Befehle zu erhalten, und die, falls einmal eine klare Weisung auf sich warten lässt, nicht aufhören mit Fragen und inständigem Bitten, bis sie sie erhalten haben.

Über die einzelnen Menschen kommt das Reich Gottes in ganz verschiedener Weise: dem einen kommt es als Antwort auf langes, mühevolles Suchen (die kostbare Perle); die anderen stehen plötzlich davor, ohne dass sie viel danach gefragt hätten (der Schatz im Acker). Die einen wie die andern sind aber, wenn es kommt, so hingerissen vor Überraschung und Freude, dass sie, ohne einen Moment zu zaudern, alles darangeben.

Das Kommen des Reiches Gottes bewirkt grossen Aufbruch

Bereitschaft, Hingabe, völliges Mobilsein ist freilich ein Grunderfordernis für die, die zum Reich Gottes gehören wollen. Kommt ein Reich über ein anderes, so setzt das eine grosse Mobilmachung in Gang.

Jeder weiss, was das mit sich bringt. Bis dahin war das Verhältnis des Bürgers zum Staat durch einzelne Vorschriften und Leistungen geregelt. Die hatte er zu erfüllen und war im übrigen sein eigener Herr. Ja, er war in gewöhnlichen Zeiten gesetzlich gesichert gegen weitere Ansprüche des Staates.

Im Augenblick der Mobilmachung ändert sich das völlig. Jetzt hören alle Sicherungen für den Bürger auf. Jetzt ist es mit einzelnen Leistungen und Steuern nicht mehr getan. Jetzt muss er sich ganz zur Verfügung stellen, sich freimachen von allen Bindungen in Beruf, Familie, Gesellschaft, und wo es sei. Seine Person, sein Leben gehört jetzt dem Reich. Jetzt tritt der Staat nicht mehr mittelbar an ihn heran durch allerlei Gesetze oder Behörden; jetzt ruft ihn unmittelbar das Vaterland.

In der alten monarchischen Ordnung galt der Mobilisationsbefehl als unmittelbarer Befehl des Königs. So bringt das Reich Gottes, wenn es kommt, den grossen Aufbruch. Alles Mittelbare, alle bis dahin geltenden Einzelvorschriften und Teilforderungen fallen jetzt belanglos fort. Alle Sicherungen, die die gesetzliche, bürgerliche oder kirchliche Ordnung dem Menschen für seine persönliche Freiheit bot, sind zerschlagen. Denn jetzt steht jeder unmittelbar vor der Majestät, die ihn ruft.

Beansprucht wird jetzt die ganze Person zu völligem Mobilsein. Wenn der Befehl so lautet, gilt die völlige Loslösung von allen Bindungen, von Vater, Mutter, Frau, Kindern, von Besitz und Beruf. Wer dazu nicht fähig ist oder dabei zaudert, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes (Luk. 9,59-62).

Das Reich Gottes ist der beginnende neue Weltlauf mitten in diesem Zeitlauf

Wenn das Reich Gottes kommt, handelt es sich niemals bloss darum, dass einzelne Menschen fromm oder gläubig werden und dann nachträglich durch Addition zusammenkommen. Wie jede menschliche Herrschaft, so ist auch das Reich Gottes von vornherein ein Ganzes. Von Anfang an wird hier ein Gesamtleben neu geformt. Gerade auch das gemeinsame Leben der Menschen hat im Reich Gottes ein ganz anderes Gesicht als in den Weltzuständen.

Das Kommen des Reiches Gottes bedeutet im Neuen Testament letzten Endes den Beginn eines neuen Zeitlaufs, den Anfang eines neuen göttlichen Weltzustandes, in dessen Wirkungsbereich alle Völker gezogen werden. Die ganze Menschheit mit ihrem gesamten öffentlichen Leben wird Gott untertan.

Diese göttliche Schlussepoche der Weltgeschichte mit der auf sie folgenden Weltvollendung ist letzten Endes im Neuen Testament mit dem Reich Gottes gemeint. In diesem Sinn steht für Jesus und die Apostel die Gottesherrschaft noch aus. Sie stehen da als die Wartenden: »Dein Reich komme.«

Es ist aber nicht zu übersehen, dass die Gottesherrschaft von den Jüngern wie von ihrem Meister doch auch schon als angebrochen verkündet worden ist:

  • »Das Reich Gottes ist mitten unter euch« (Luk. 17,21). Geh du hin und rufe die Gottesherrschaft aus.
  • »Wenn ich aber durch Gottes Finger die bösen Geister austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch gekommen.«
  • »Mit Freuden sagt Dank dem Vater, der uns errettet hat von der Macht der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines lieben Sohnes.«
  • »Er hat uns berufen zu seinem Reich.« (Luk. 9,60; 11,20; Kol. 1,12 f.; 1. Thess. 2,12).

Es ist also in den Evangelien wie in den Briefen die Rede sowohl von dem einst kommenden als von dem damals bereits gekommenen Reich Gottes.

Der Sinn der Zweiten Bitte

Worum bitten wir, wenn wir sprechen: »Dein Reich komme«?

  • Wir bitten darum, dass der Allmächtige persönlich eingreife in unsere Zeit und unser Leben göttlich gestalte.
  • Wir bitten um Hereinbrechen seiner Schöpferkraft in unser leibliches, seelisches und geistiges Dasein zur Heilung aller Schäden.
  • Wir bitten um die Überstrahlung unseres lichtlosen Wesens durch den Lichtglanz von oben; um die Durchbrechung jedes dämonischen Banns.
  • Wir bitten um die Befreiung aller in diesen Weltzuständen Entrechteten oder in ihrer Eigenart Unterdrückten von allem Druck, der auf ihnen lastet, und um die Wiederherstellung ihrer anerschaffenen göttlichen Würde.
  • Wir bitten um den Geist des Dienens für alle Mächtigen, Begabten und Bevorzugten.
  • Wir bitten um die Gewissheit der Sendung, um Vollmacht, um das unmittelbare Stehen vor der Majestät, um klare Befehle für alle, die Gott dienen.
  • Wir bitten um völliges Mobilsein für alle, die zum Dienst berufen sind.
  • Wir bitten endlich um den zweiten Advent Christi, der den neuen Zeitlauf und die Weltvollendung bringt.

* Philipperbrief 4,13 und Matthäus 17,21

Datum: 09.12.2009
Autor: Ralf Luther
Quelle: Neutestamentliches Wörterbuch

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