Gebot, Gebote

Der griechische Ausdruck bedeutet: Befehl, Auftrag

Für Gebot steht im griechischen Text: entolé (Befehl, Auftrag, »Mandat«). Ist im Neuen Testament die Rede vom alttestamentlichen Gesetz, so kann Gebot manchmal ein einzelnes von den Zehn Geboten bedeuten (Mark. 10,19).

Jesus versteht unter dem höchsten Gebot das Gebot der Liebe (Matth. 22,36-40). Seine Zeitgenossen sahen wegen der Überfülle von Einzelvorschriften das höchste Gebot nicht mehr. Jesus hilft ihnen, indem er in zwei allgemein bekannten Worten aus dem Alten Testament den Sinn des ganzen Gesetzes zusammenfasst.

Das Gebot Jesu ist: Festhalten an ihm und lieben wie er

Jesus hat auch seinen Jüngern eine Menge einzelner Richtlinien gegeben. Um ihnen den Durchblick durch das alles zu erleichtern, gibt er ihnen beim Abschied zwei Grundlinien, die ihre Haltung bestimmen sollen: Sie sollen in ihm bleiben, den persönlichen Anschluss an ihn festhalten (Joh. 15,1-7 und immer wieder in den Abschiedsreden), und sie sollen sich untereinander lieben, so wie er sie geliebt hat (Joh. 13,34; 15,12).

Dass Jesus seinen Jüngern ausdrücklich diese Zusammenfassung seiner Lehre gegeben hat, sagt Johannes in seinem ersten Brief: »Das ist sein Gebot, dass wir glauben an ihn (festhalten an der Gemeinschaft mit ihm) und lieben uns untereinander« (1. Joh. 3,23).

Das Jesusgebot der Liebe ist neu, weil es eine ganz neue Orientierung gibt dafür, was Liebe ist. Die Jünger sollen so lieben, wie er sie geliebt hat. »Liebe« war zu einem abstrakten Begriff geworden, den man viel im Munde führte, der aber gar nichts mehr sagte. Nach dieser Sinnentleerung des Gebots der Liebe kommt die neue Sinngebung durch Jesus: so lieben wie er.

Das hat Farbe und Anschauung und hinreissende Kraft; das durchpulst das alte Gebot immer neu mit Blut und Leben. Das Gebot Jesu sind die zwei Grundlinien: Bleibt in mir! Liebt euch untereinander!

Die Gebote Jesu sind Weisungen, die er, der erhöhte Herr, seinen Jüngern erteilt

Aber Jesus spricht auch wiederholt in der Mehrzahl von seinen Geboten. »Liebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten« (Joh. 14,15). »Wer meine Gebote hat und hält sie, der' ist's, der mich liebt« (Joh. 14,21). »Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe, wie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in seiner Liebe« (Joh. 15,10).

Was versteht Jesus darunter, dass er seines Vaters Gebote hält? Er sagt im Hinblick auf seinen Tod: »Niemand nimmt mein Leben von mir, sondern ich selber lasse es ... Dies Gebot habe ich empfangen von meinem Vater« (Joh. 10,18). Das bedeutet: Diese Weisung, diesen bestimmten Fingerzeig hat der Vater ihm gegeben.

Dass Jesus die Gebote seines Vaters hält, bedeutet nicht bloss, dass er die Richtlinien des Gesetzes einhält, sondern dass er sich an die ihm fortwährend kommenden Weisungen des Vaters hält.

Die Gebote halten, bedeutet sorgsam achtgeben auf die Aufträge Jesu

Wichtig ist es auch, den Sinn des Wortes »halten« richtig zu ermitteln. Der griechische Ausdruck terein steht in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments oft für »achtgeben, aufmerken, wachsam verfolgen.«

In bezug auf die Jünger hat der Ausdruck terein auch den Sinn eines geschärften Achtgebens und Aufhorchens, das ja die erste Voraussetzung des Tuns und Erfüllens seiner Aufträge ist. Die vorhin angeführten Worte sind daher so zu übersetzen: Liebt ihr mich, so achtet mit gespannter Aufmerksamkeit auf meine Weisungen (Joh. 14,15). Wer meine Aufträge hat und stets auf sie achtgibt, der ist's, der mich liebt (Joh. 14,21). Wenn ihr horcht auf meine Befehle, so bleibt ihr in meiner Liebe, gleichwie ich horche auf meines Vaters Befehle und bleibe in seiner Liebe (Joh. 15,10).

Liebe ist Berührung, Kontakt. Wenn ich sorgsam darauf achte, was die Wünsche eines Menschen sind, dann bleibe ich in Kontakt mit ihm. Und es ist so verständlich, dass Jesus sagt: Wer treu darauf aus ist, mit mir in Berührung zu bleiben, mit dem will auch ich meinerseits in Berührung (Liebe) bleiben. Oder ein anderes Mal: Wer ganz Ohr ist für meine Weisungen (»Wer meine Gebote hat und hält sie«), dem werde ich mich offenbaren (Joh. 14,21).

Offenbarung ist Vollmacht, und Vollmacht wird nur dem Gehorsamen (Hörenden, Aufhorchenden) gegeben. Das Hören auf die Weisungen Jesu ist Glaube an ihn, ist das Einhalten der ersten Grundlinie für den Jünger.

Datum: 10.12.2009
Autor: Ralf Luther
Quelle: Neutestamentliches Wörterbuch

Werbung
Livenet Service
Werbung