Frucht

Frucht ist Gewachsenes im Gegensatz zu Gekünsteltem

Frucht heisst das, was organisch aus einer Wurzel wächst; das Gegenteil davon ist das Gemachte, Gekünstelte, Gesteigerte. Ein guter Baum bringt gute Früchte und nur ein guter Mensch vermag gut zu sein.

Das heisst: Es genügt nicht, dass das bewusste Streben, die Vorsätze, die Ideale des Menschen gut oder richtig sind. Der Mensch selbst, der ganze mit allen unbewussten Trieben und verborgenen Seelenkräften, mit seinem Temperament, mit den letzten Wurzeln seines Wesens muss gut (das heisst göttlich) geartet sein.

Ist das nicht der Fall, so wird ein Menschenleben bei allen Idealen, allen Vorsätzen, allem Streben und Eifern doch nur Ungutes, Unreines, Ungöttliches zeitigen. Ein fauler Baum bringt schlechte Früchte. Was in solch einem Leben gut scheint, ist doch kernfaul.

Es bedarf eines Neuwerdens der Person, ihres Zentrums, der Brunnenstube des Menschenlebens: Steht diese in Verbindung mit der oberen Welt, ist sie göttlich inspiriert, so gestaltet sich von daher das Leben ganz zwanglos gut und rein.

Es gilt zu unterscheiden zwischen einer Frömmigkeit, die Frucht, und einer, die Kunstprodukt ist

Die innerste Art, die tatsächliche Lebensrichtung eines Menschen, ist daran zu erkennen, ob an ihm gute Früchte zu sehen sind, ob seine Güte, seine Wärme, sein Wohltun, seine Frömmigkeit, seine Liebenswürdigkeit ursprünglich, urwüchsig, wurzelecht sind, der selbstverständliche Ausdruck seiner Art - oder ob das alles Mache, Verstellung, Steigerung, von aussen aufgedrückter Stempel, moralischer oder religiöser Drill ist, wobei dann in unbeobachteten Augenblicken oder bei plötzlichen Erschütterungen der ganze schlechte Urgrund, die Bosheit und Eitelkeit des Herzens nackt und riesengross zutage treten.

Jesus mutet seinen Jüngern doch eigentlich nichts Schwieriges zu, wenn er sagt, sie sollen unterscheiden zwischen dem, was echt und unecht, was gewachsen und was gemacht, was Frucht und was Kunstprodukt ist.

Was Paulus Früchte des Geistes nennt: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Keuschheit - das ist da, wenn es aus den Tiefen des Gemüts, aus den Quellen des Personenlebens kommt, kurz, wenn es dort gottgewirkt ist - sonst ist es überhaupt nicht da (Gal. 5,22).

Frucht bedeutet manchmal Menschen, die zu Gott kamen

Unter Frucht sind auch (andere) Menschen zu verstehen, die die Lebensverbindung mit Gott erlangten. Jesus sagt den Seinen: das, was sie durch ihn haben, werde sich ganz organisch anderen Menschen mitteilen; es werde von den Jüngern lebendig überspringen auf andere.

In diesem Sinn ist alles zu verstehen, was im fünfzehnten Kapitel des Johannesevangeliums vom Fruchttragen gesagt ist (vgl. Joh. 15,16). Dasselbe meint Paulus, wenn er sagt: er würde gern sterben, aber im Leib leben diene dazu, mehr Frucht zu schaffen (Phil. 1,22; Röm. 1,13; Joh. 12,24). Hier denken wir auch an den Feigenbaum, an dem Jesus keine Frucht findet. Das bedeutet: Im Israel jener Zeit * sind keine Menschen, deren Leben aus Gott wächst (Matth. 21,19; vgl. Luk. 13,6).

* Die Ergänzung "jener Zeit" erschien mir nötig, da dieser Satz allenfalls eine historische Aussage sein kann. (Livenet.ch)

Datum: 10.12.2009
Autor: Ralf Luther
Quelle: Neutestamentliches Wörterbuch

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