Erbauen

Erbauen heisst nicht: seelisch anregen, sondern: auf den Boden einer anderen Welt stellen

Erbauen bedeutet im Neuen Testament nicht: eine Stimmung hervorrufen, innerlich fördern oder anregen, sondern: auf den göttlichen Lebensgrund stellen.

Erbaut ist der Mensch, der mit den Grundlagen seines Daseins eingesenkt ist in die Welt des Ewigen, dessen Fundament dauernd und fest in den Tiefen der Gottheit ruht. Nur solch ein Menschenleben ist für die Dauer fundamentiert. Weil aber Christus derjenige ist, durch den die Gotteswelt hereinragt ins Menschenleben, ist nur der im Ewigen gegründet, der die Lebensverbindung mit dem hat, der in seinen geistigen Grundlagen sich mit ihm berührt. »Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus« (1. Kor. 3,11).

Erbaut sein heisst: in den Tiefen seines Wesens Berührung haben mit Christus. Sich erbauen oder erbaut werden bedeutet: diesen Lebenskontakt mit Christus finden oder ihn von neuem noch tiefer, noch weitergehender erhalten. Verwandt mit »erbaut sein« ist der Ausdruck »gewurzelt sein« (Kol. 2,7).

Erbauen kann nur der Allmächtige

»Erbaulich reden«, nämlich fromme Stimmungen oder Gedanken hervorrufen, kann jeder halbwegs religiöse Mensch. Aber zu erbauen (ein Menschenleben auf den Boden einer anderen Welt zu stellen) ist nur einer mächtig (Apg. 20,32).

Dass die Gemeinde erbaut ist auf dem Grund der Apostel und Propheten, bedeutet nicht bloss, dass sie festhält an der Lehre dieser Männer. Es ist damit gesagt, dass sie dieselbe unmittelbare Berührung mit der Welt des Göttlichen hat (wenn auch nicht im gleichen Masse), die einst den Aposteln und den Propheten gegeben war (Eph. 2,20; 3,5). Die verschiedenen Ämter (richtiger: »Dienste«) innerhalb der Gemeinde haben die Aufgabe, diese Berührung der Gemeinde mit dem göttlichen Lebensgrund zu fördern und zu vertiefen (Eph. 4,11).

Sich erbauen heisst: hören und tun

Noch in einem Sinn ist im Neuen Testament der Ausdruck »erbauen« anders gemeint als im Sprachgebrauch der modernen Christenheit. Soweit dabei das Verhalten des Menschen in Betracht kommt, bedarf es nicht nur des Hörens (in gottesdienstlichen Versammlungen, Andachten, beim Bibelstudium), sondern auch des Tuns.

Man kann einen Propheten, man kann Christus selbst hören, man kann von dem Gehörten tief ergriffen - und dabei doch unerbaut sein, das heisst mit seinen Lebensgrundlagen im Vergänglichen steckenbleiben und furchtbar zusammenbrechen bei unerwarteten grossen Erschütterungen. Nur wer den Mut und den Gehorsam hat, nach dem Gehörten zu tun, stösst durch den Schutt und Sand der zeitbedingten Zustände und kommt mit der Grundlage seines Lebens auf festen, ewigen Grund. Sich erbauen heisst: hören und tun. Das ist das gewaltige Schlussthema der Bergpredigt (Matth. 7,24-27).

Datum: 10.12.2009
Autor: Ralf Luther
Quelle: Neutestamentliches Wörterbuch

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