Bekehren

Die Grundbedeutung des Wortes

Im Hebräischen und Aramäischen steht für »sich bekehren« derselbe Ausdruck wie für »Busse tun«: schub bzw. thub (siehe »Busse«; das dort Gesagte ist die Voraussetzung zum Verständnis dieses Abschnittes). Die Grundbedeutung ist: wiederkehren, zurückkehren (zur anfänglichen Gottesnähe).

Jesus sagt dem Petrus: »Wenn du dich einst bekehrt haben wirst, so stärke deine Brüder.« Das heisst eigentlich: »... wenn du einst zurückgekehrt sein wirst« (Luk. 22,32). Der griechische Ausdruck für sich bekehren - epistrephein - bedeutet: sich zuwenden.

Bekehren und Busse

Der Unterschied zwischen Busse und Bekehrung, sofern von einem solchen zu sprechen ist, ist der: Busse bedeutet in erster Linie die Tat der Abkehr von den gottfernen Zuständen im eigenen und im öffentlichen Leben. Bekehrung bedeutet ausgesprochen die Tat der Zuwendung zu dem neuen göttlichen Lebensbereich.

Abwendung und Zuwendung zusammen ergeben dann die Rückkehr. Zur Busse wird aufgerufen, wenn das Reich Gottes genaht oder im Anbrechen ist, - zur Bekehrung, wenn es schon hereingebrochen ist. Busse ist mehr Vorbereitung, Arbeit des Umdenkens; Bekehrung ist mehr Vollzug, Akt des Ergreifens. Busse ist das Sichdurchringen zum Glauben; Bekehrung ist der erste Schritt des Glaubens.

Doch sind diese Unterschiede nicht auf die Spitze zu treiben. - Manchmal wird ausdrücklich zu Busse und Bekehrung (Abkehr und Zukehr) gleichzeitig aufgerufen: »So tut nun Busse und bekehrt euch, dass eure Sünden ausgetilgt werden« (Apg. 3,19; vgl. 26,20). Es ist kein Zufall, dass in den Evangelien mehr von Busse, in der Apostelgeschichte mehr von Bekehrung die Rede ist. Zeigen doch die Evangelien mehr die nahende Gottesherrschaft, die Apostelgeschichte mehr die teilweise schon hereingebrochene.

Voraussetzung für die Bekehrung ist die Nähe Gottes

An mehreren Stellen der Apostelgeschichte, wo von der Bekehrung einer grösseren Zahl von Menschen erzählt wird, wird gleichzeitig berichtet von grossen Gottestaten, die unmittelbar vorher geschahen (Apg. 9,35; 11,21). Die Grundvoraussetzung dafür, dass Menschen sich Gott zuwenden, ist, dass Gott nahe ist, dass seine Gegenwart unmittelbar hereinragt in die Zeit. Dann ist mit allem Nachdruck zur Bekehrung aufzurufen.

Bringt der Prediger aber seinen Hörern die Gegenwart Gottes nicht, fehlt seiner Verkündigung der Beweis des Geistes und der Kraft, so begeht er einen grossen Unfug, wenn er Bekehrung fordert. Das heisst dann, eine Last auflegen, die man selbst nicht angerührt hat (Matth. 23,4), und ist das genaue Gegenteil von der neutestamentlichen Bekehrungspredigt. Die eine Aufforderung zur Bekehrung ist apostolisch, die andere ist pharisäisch.

Die Nähe Gottes ist so entscheidend für die Möglichkeit der Busse und Bekehrung, dass das Neue Testament deutlich lehrt, die Busse ist Gottes Tat (Apg. 3,31; 11,18; Hebr. 12,17). Er gibt und versagt den Raum zur Umkehr. Jeremia 31,18: »Bekehre du mich, so will ich mich bekehren.« Aber die Busse ist in unlösbarer Spannung ebenso des Menschen Tat. Darum der Befehl Gottes, Busse zu tun.

Der Indikativ ist die Voraussetzung des Imperativs. Aber dieser Indikativ ist mit dem Evangelium gegeben. Darum ist es Schuld des Menschen, wenn er den Ruf zur Umkehr nicht ernst nimmt.

Datum: 10.12.2009
Autor: Ralf Luther
Quelle: Neutestamentliches Wörterbuch

Werbung
Livenet Service
Werbung