Im Spannungsfeld von Arbeit und Wartezeiten

Von Robert J. Tamasy Ich habe zwar noch nie einen Mystiker getroffen, dennoch scheint es mir aber ein guter Job zu sein. Den ganzen Tag lang nur herumsitzen, nachdenken und gelegentlich etwas äussern, was sich weise oder tiefgründig anhört. Die Menschen um einen herum sprechen mit gedämpfter Stimme, darauf bedacht, den tiefen Denkprozess nicht zu stören. «Leise, er ist in Kontemplation versunken.» In der Geschäfts- und Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts ist natürlich wenig Platz für Mystiker. Wir sind handlungsorientiert und entschlossen, schnell viel Resultate zu erzielen. Und das kann man nicht , wenn man nur herumsitzt und über Dinge nachdenkt. «Sitz nicht nur herum, tu etwas!» Keine Zeit für Kontemplation. Ist das richtig? Ist der «Tu etwas, irgendetwas, auch wenn es das Falsche ist» Ansatz, Fristen, Projekte und Ziele anzugehen, immer der beste Ansatz? Für viele sogenannte Typ-A-Führungskräfte wäre die Antwort ja. Voller Ideen, Energie und Entschlusskraft bestehen sie darauf, den Betrieb am Laufen zu halten, je schneller desto besser. Die Erfahrung lehrt uns aber, dass warten oft weiser ist als arbeiten. Ein früherer Kollege teilte uns häufig seine Einsicht mit: «Warum hatten wir nicht genug Zeit, diese Aufgabe das erste Mal richtig zu erledigen, haben dann aber Zeit, sie nochmal zu machen?» Ein anderer Freund hat ein Schild in seinem Büro mit der Aufschrift, «Ihr Planungsfehler ist nicht mein Notfall». Anders gesagt, wenn wir uns die Zeit nehmen würden, die Dinge zu durchdenken, hätten wir wohl mehr Erfolg - und müssten weniger unter Fehlern leiden. Aber diese Frage beinhaltet auch noch einen weiteren Aspekt. Manchmal bleibt uns nichts anderes übrig, als zu warten, auch wenn wir uns noch so bemühen und es uns anders wünschen. Da ich von Natur aus nicht geduldig bin, finde ich das schwierig. Aber im Rückblick stellte sich bei mir oft heraus, dass sich das Warten gelohnt hat. Es gab beispielsweise Zeiten, in denen ich dachte, dass in meiner Karriere eine Veränderung dran war. Ich fühlte mich bereit, sofort loszuziehen. Stattdessen machten es die Umstände erforderlich, zu warten. Die nächste Jobgelegenheit entpuppte sich zu meiner Überraschung als besser, als ich mir je hätte vorstellen können. Hier sind einige der Einsichten, die mich die Bibel über das Warten gelehrt hat: Vertraue auf den Einen, der den Weg kennt.

Wenn man durch unwegsames Gelände reist, ist es da nicht besser, jemanden dabei zu haben, der sich sehr gut auskennt? Wir wissen nicht, welche Fallstricke in unserem Leben und unserer Arbeit auf uns zukommen - aber Gott weiss es. In solchen Fällen ist es hilfreich, zu warten, bis Er bereit ist, uns den rechten Weg zu weisen. «Verlass dich nicht auf deine eigene Urteilskraft, sondern vertraue voll und ganz dem Herrn! Denke bei jedem Schritt an ihn; er zeigt dir den richtigen Weg und krönt dein Handeln mit Erfolg.» (Sprüche 3, 5-6).

Warten bedeutet nicht Passivität. Manchmal machen es Situationen erforderlich, dass wir ausharren müssen, da bleiben, wo wir sind. Manchmal können wir angemessene Schritte gehen, müssen aber dennoch darauf vertrauen, dass Gott für uns sorgt. «Sei geduldig und warte darauf, dass der Herr eingreift! Entrüste dich nicht, wenn Menschen böse Pläne schmieden und ihnen dabei alles gelingt!...Hoffe auf den Herrn und tue, was er dir sagt! Dann wirst du zu Ehren kommen, und er wird dir das verheissene Land schenken. Du wirst sehen, wie er die Gottlosen ausrottet.» (Psalm 37, 7+34).

Wartezeiten machen uns bewusst, wer die Kontrolle hat. Wir wollen gerne glauben, dass wir unser Leben unter Kontrolle haben. Aber die Umstände liegen häufig ausserhalb unserer Kontrolle, uns bleibt nichts anderes übrig, als zu warten. In diesen Zeiten kann uns bewusst werden, dass in Wirklichkeit Gott die Kontrolle hat - und Er weiss genau, was Er tut. «Hört auf!», ruft er, «und erkennt, dass ich Gott bin! Ich stehe über den Völkern; ich habe Macht über die ganze Welt.» (Psalm 46, 11).

Datum: 15.04.2013

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