Kein Grund, sich zu schämen

"Wer sich meiner und meiner Worte schämt, dessen wird auch der Menschensohn sich schämen, wenn er kommt in seiner Herrlichkeit und in der Herrlichkeit des Va-ters und der heiligen Engel.“ (Lukas 9,26)

„Mit diesen Musikern musst du dich nicht schämen“, meinte eine Bekannte, als wir ein Fest vorbereiteten. Schämen wofür - vielleicht, dass man einen falschen Musikgeschmack haben könnte? Die Bemerkung irritierte mich. Was ist schämen, begann ich zu überlegen. Was könnte an der falschen Wahl so peinlich sein - vielleicht, weil ich damit etwas von mir preisgebe?

Der Wortstamm schämen leite sich vom germanischen Wort bedecken ab. Wer sich schämt bedeckt also etwas, weil es ihm sonst die Röte in die Wangen treibt. Das wofür man sich schämt, macht verletzlich. Man befürchtet ausgestossen zu werden, wenn andere wissen, dass man in diesem von der Norm abweicht. So versuchen wir den „Mangel“ zu bedecken. Wird er trotzdem offenbar, schämt man sich in Grund und Boden. Wir Menschen versuchen zu vermeiden uns eine Blösse zu geben. Das prägt unser Verhalten.

Als Gott Adam und Eva aus dem Paradies wies, machte er ihnen Röcke aus Fell, damit sie ihre Scham bedecken konnten. (Gen.3,20) Scham hat darum mit der Menschwerdung zu tun. Seit dem Bewusstsein um gut und böse vergleichen wir uns mit Andern. Uns beschäftigt die Frage: „Bin ich oder habe ich weniger oder mehr? Schneiden wir im Vergleich schlechter ab, schämen wir uns.

Vor Gott aber sind wir alle gleich. Er hält für jeden von uns Schutz und Würde bereit, damit wir uns nicht schämen müssen. Allerdings um die Anstrengung, dass wir uns ihm zuwenden, weil die Beziehung zu ihm für uns wichtiger ist, als die zu andern Menschen. Jesus spricht darum auch die Scham an, mit denen die Leute ihren Glauben bedecken. Glauben ja, aber manch einer schämt sich dazu zu stehen; denn ein offenes Bekenntnis könnte als Schwäche gedeutet werden.

So lacht man verlegen mit - selbst über das, was für einem wertvoll ist. Man lässt es zu, dass die Scham sich zwischen uns und Gott schiebt. Darum bleibt uns dann auch seine Herrlichkeit verborgen.

Datum: 31.10.2008
Autor: Roman Angst
Quelle: Bahnhofkirche Zürich

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