Gebote, Pflichten und Regeln

So wie jede Gesellschaft kennt auch das Christentum Gebote, Pflichten und Regeln. Zuerst werden Ihnen vielleicht die 10 Gebote in den Sinn kommen, die, ähnlich wie das Zivilgesetzbuch, Grundrechte der Gemeinschaft und der Einzelnen regeln. Allerdings wird nicht nur das Gemeinschaftsrecht, sondern auch die Gottesbeziehung in den Rechtskatalog aufgenommen: Als Christin oder als Christ sind wir an Grundregeln gewiesen, die das Zusammenleben und die Beziehung zu Gott klären.

So wird ein religiöses Multitasking im 1. Gebot ausgeschlossen, die gegenseitige Verantwortung für eine Ehegemeinschaft im 6. Gebot festgeschrieben oder der Schutz des Eigentums in einem weiteren Gebot reguliert. Dass der Feiertag zu heiligen ist, also der Sabbat oder der Sonntag als Gegenüber zum Arbeitstag eine wichtige Funktion haben soll, wird erklärt.

Diese Gebote sind richtungsweisend und verbindlich, nicht einmal ein Häkchen, ein Jota soll gestrichen werden. Wenn Jesus da und dort über die Gebote hinausgeht, fordert er damit zu einer neuen, grundsätzlichen Wahrnehmung auf, zur Re-Vision: Welche Bedeutung hat ein religiöses Gesetz, wer hat sich dem Gesetz zu unterwerfen und gilt diese Einordnung vorbehaltlos zu allen Zeiten und für alle Menschen?

Jesus spricht die Sprache der Freiheit so wie John Steinbeck, der in „Jenseits von Eden“ schreibt: „Das Gesetz ist dazu da, Menschen zu retten, nicht um sie zu vernichten.“ Mit anderen Worten: Wenn Gesetze unsinnig werden, wenn sie der Willkür staatlicher Machthaber entspringen, wenn Gesetze Menschen und menschliche Möglichkeiten zu vernichten drohen, ist Widerspruch gefordert. Tradierte Gesetze können auch nachgebessert, verbessert werden, weil Situationen des Zusammenlebens und Grundierungen menschlichen Alltags sich verändern können. Darauf weist Jesus immer wieder hin: Es gibt einen Unterschied zwischen Gerechtigkeit und Recht-Haben, zwischen Gesetzen, die menschliche Möglichkeiten fördern und denen, die sie behindern nur um des Recht-Habens willen.

Datum: 07.10.2008
Autor: Roman Angst
Quelle: Bahnhofkirche Zürich

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